Newsletter November 2008 Nr. 27
INHALT
Love and Duty: Ein englisches Buch und ein chinesischer Film
Anfang der dreißiger Jahre wurde in Shanghai der in den frühen zwanziger Jahren erschienene Roman Love and Duty (lian'ai yu yiwu) verfilmt. Roman und Film waren sehr erfolgreich und beim chinesischen Publikum äußerst beliebt. Dennoch gerieten beide bald in Vergessenheit: das Buch wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr nachgedruckt, der Film war ein halbes Jahrhundert lang verschollen. Erst als der ungewöhnliche Film in den neunziger Jahren wiederentdeckt und auf verschiedenen Filmfestivals gezeigt wurde, begann die Suche nach dem vergessenen Roman und der unbekannten Autorin.
Offizielle Eröffnung des Exzellenzclusters
Am 20. Oktober wurde im Rahmen eines Festaktes in der Alten Aula das Cluster "Asia and Europe in a Global Context: Shifting Asymmetries in Clutural Flows" feierlich eröffnet. Nach den Worten von Universitätsrektor Prof. Dr. Bernhard Eitel spiegelt das Cluster die besondere Stellung der Geisteswissenschaften in Heidelberg wieder, und der Baden-Württembergische Wissenschaftsminister Prof. Dr. Peter Frankenberg betonte in seinem Grußwort, dass kein anderes Projekt von den Juroren der Exzellenzinitiative so einhellig positiv bewertet wurde. Hauptredner Prof. Dr. Arjun Appadurai umriss in seinem Vortrag die immense Spannbreite der Themen, mit denen sich das neue Forschungsformat beschäftigen wird. Den passenden Abschluss des Abends bildete die Europapremiere der Three Dada Songs von Lam Bun-ching, die ein faszinierendes Beispiel für Cultural Flows darstellen.
China, Gummibären und Kung Fu
"Alle Sprach- und Kulturforscher" lud die Akademie für Information und Management Heilbronn-Franken (aim) zum Kennenlernen der chinesischen Sprache und Kultur ein. Vom 27. bis 30. Oktober war das Schulteam auf Einladung der aim bei den Experimentiertagen 2008 in Heilbronn vertreten.
Rezension: "China mittendrin. Geschichte, Kultur, Alltag" von Marcus Hernig
Sich in China zurechtzufinden ist eine spannende Angelegenheit für jeden, den es in den bevölkerungsreichsten Staat der Welt zieht. Dieses Buch kann dabei helfen - und ist darüber hinaus unterhaltsam zu lesen.
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Veranstaltungskalender
Vortrag: Porzellan - Chinas erste Exportlawine
23.11.08, 17 Uhr, DAI, Heidelberg: Prof. Lothar Ledderose beschäftigt sich in seinem Vortrag mit dem offenbar speziell chinesischen Produktionsvorteil, qualitativ hochwertige Keramikprodukte in großen Stückzahlen herzustellen, der sich seit dem 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart fortzusetzen scheint. Eintritt: 8,- € normal / 5,- € ermäßigt / 4,- € DAI-Mitglieder.
Vortrag: Erobern Sinologen die Politik?
24.11.08, 19:30 Uhr, Institut für Sinologie, Raum 136, Heidelberg: Dr. Christian Schwarz-Schilling, von 1982 bis 1992 Bundeminister für Post und Telekommunikation, 2006 bis 2007 Hoher Repräsentant für Bosnien Herzegowina, hat 1956 mit einer Arbeit über den Frieden von Shan-Yüan 1005 n. Chr. und seine Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen dem Chinesischen Reich und dem Liao-Reich der Kitan promoviert. In seinem von SHAN organisierten Vortrag erzählt er, wie man vom Sinologen zum Politiker und Unternehmer wird.
Vortrag: Das Mao-Porträt auf dem Platz des Himmlischen Friedens - Geschichte, Funktion und Wandel
26.11.08, 14-16 Uhr, Institut für Sinologie, Raum 201, Heidelberg: Prof. Dr. Gerhard Paul von der Universität Flensburg skizziert die Geschichte und die Veränderungen eines der bedeutendsten Porträts der Zeitgeschichte: das von Mao Zedong auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking.
Vortrag: Modes of Production of the Advanced Late Qing Encyclopedias
26.11.08, Karl Jaspers Centre, Raum 021, Heidelberg: Vortrag von Prof. Milena Dolezelova-Velingerova. Die Uhrzeit stand bei Redaktionsschluss leider noch nicht fest.
Vortrag: Internationalism, Nationalism and Pragmatism
27.11.08, 16-18 Uhr, Karl Jaspers Centre, Raum 212, Heidelberg: Prof. Stanley Rosens Vortrag mit dem programmatischen Untertitel "Changing Values of Chinese Youth and the Rise of Materialism and the Middle Class in China".
Veranstaltungsreihe: Guangzhou am Main
14.09. - 12.12.08, Frankfurt a.M.: Die Städtepartnerschaft zwischen Frankfurt am Main und Guangzhou stellt sich mit einer Veranstaltungsreihe vor.
Love and Duty: Ein englisches Buch und ein chinesischer Film
Anfang der dreißiger Jahre wurde in Shanghai der in den frühen zwanziger Jahren erschienene Roman Love and Duty (chin.: Lian’ai yu yiwu) verfilmt. Roman und Film waren sehr erfolgreich und beim chinesischen Publikum äußerst beliebt. Dennoch gerieten beide bald in Vergessenheit: das Buch wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr nachgedruckt, der Film war ein halbes Jahrhundert lang verschollen. Erst als der ungewöhnliche Film in den neunziger Jahren wiederentdeckt und auf verschiedenen Filmfestivals gezeigt wurde, begann die Suche nach dem vergessenen Roman und der unbekannten Autorin.
Eine Europäerin in China
Love and Duty war vermutlich der erste Roman einer Europäerin in dem das Leben in China im frühen 20. Jahrhundert dargestellt wurde. Im Gegensatz zu anderen westlichen Chinabüchern handelt die Geschichte nur von Chinesinnen und Chinesen, Ausländer spielen keine Rolle. Die in dem Buch beschriebenen Probleme sind sehr einfach und aus europäischen Romanen des 19. Jahrhunderts bekannt. Schon in den Kapitelüberschriften tauchen die Worte Mother-Lady-Family-Neighbors auf und deuten die Richtung an: Ein junger Mann verliebt sich in ein junges Mädchen, das er nicht heiraten kann, da sie – von ihrem Vater – einem anderen Mann versprochen worden war. Später treffen sie sich wieder und der Mann überredet die Frau dazu, ihren Gatten und ihre beiden Kinder zu verlassen. Nach wenigen Monaten des Glücks und der Geburt einer Tochter entstehen viele Probleme und schließlich stirbt der Geliebte...
Bei dieser Geschichte wird die europäische Herkunft der Autorin sehr deutlich, sie hat sich jedoch erfolgreich um eine „Sinisierung“ der Darstellung bemüht. Dies ist wohl der Hauptgrund für den Erfolg von Roman und Film. Obwohl sie das „unmoralische“ Verhalten des Liebespaars gelegentlich kritisiert, so zeigt sie dennoch viel Verständnis für die beiden, was die jungen chinesischen Leser(innen) damals offenbar sehr beeindruckte. Als der Text Anfang der zwanziger Jahre entstand, gab es noch keine chinesischen Romane mit dieser Thematik. Da das Buch in China geschrieben und zunächst auf Chinesisch veröffentlicht wurde, ist es auch als Teil der modernen chinesischen Literaturgeschichte bemerkenswert.
Ein Buch in drei Sprachen
Der Roman wurde in den zwanziger und dreißiger Jahren in drei Sprachen veröffentlicht: chinesisch, englisch und französisch. Allerdings ist nicht ganz eindeutig, welche Version das „Original“ ist. In den zwanziger Jahren erschien erst ein chinesischer Text in Fortsetzungen in einer Shanghaier Zeitschrift, kurz darauf erschien es als Buch in dem damals wichtigsten Verlag Chinas: Commercial Press (Shangwu yinshuguan). Wenig später wurde – im gleichen Verlag – die englische Fassung veröffentlicht, erst Anfang der dreissiger Jahre erschien in Paris die französische Version. Die wenigen biographischen Informationen über die Autorin legen allerdings nahe, daß sie gut französisch, einigermaßen englisch und wenig chinesisch konnte. Keine dieser Sprachen war ihre Muttersprache, sie stammte ja aus einer polnischen Familie. Ihr chinesischer Mann, der einige ihrer Texte übersetzte, sprach englisch und französisch. In der englischen und französischen Ausgabe wird nur ihr Name als Autorin genannt, sodaß davon auszugehen ist, daß beide Versionen von ihr selbst verfaßt wurden. Bei der chinesischen Fassung wird ein Übersetzer genannt, der aber nicht identifizierbar ist. Der Druck des Buches in Paris erfolgte erst im Zusammenhang mit einer Frankreichreise der Autorin nach dem Erscheinen der anderen Fassungen und des Films. Der chinesische Buchtitel entspricht dem englischen, auf dem Filmplakat wurden beide abgedruckt; der französische Titel ist dagegen vollkommen anders: La Symphonie des Ombres chinoises.
Auffällig ist beim Vergleich der Fassungen, daß sie immer länger wurden. Die Zeitschriftenversion war sehr kurz, die englische hatte 169 Seiten, die französische 267 Seiten. Dies zeigt, daß die Autorin immer weiter geschrieben und immer mehr Details hinzugefügt hat. Eine genauere Analyse zeigt auch, daß sie Teile umgestellt und die Struktur verändert hat. Die englische Ausgabe hatte – wie ein Sachbuch – ein Inhaltsverzeichnis, die anderen Ausgaben nicht. Nach der französischen Version erschien auch noch eine neue „erweiterte“ chinesische Ausgabe.
Ein besonders interessanter Aspekt ist hierbei, daß die französische Fassung erst nach der Abfassung des Filmdrehbuchs, der Fertigstellung und der Premiere des Films erschien. Das bedeutet, daß die Autorin bei der Erstellung der französischen Buchfassung den Film schon kannte und eventuell von diesem beeinflußt wurde.
Die Identität der Autorin war lange Zeit ein Rätsel. Bei der englischen Version des Romans wurde als Autor „Ho Ro-se“ genannt, weitere Informationen gab es nicht, es gab weder ein Vorwort noch ein Nachwort. Auf dem französischen Buch steht „S. Horose“, auf späteren Büchern einfach „Horose“. Auf dem Filmplakat befindet sich der chinesische Name „Hua Luochen“, bei anderen chinesischen Veröffentlichungen steht nur „Luo Chen“. Diese Varianten sind nur verständlich, wenn man weiss, daß ihr chinesischer Ehemann den Familiennamen „Hua“ trug, der damals „Hoa“ geschrieben wurde. Da in China nicht nur „Hua“ ein verbreiterter Familienname ist, sondern auch „Luo“, entsteht bei Weglassen des „Hua“ am Anfang fälschlicherweise der Eindruck, daß ihr Familenename „Luo“ wäre. Vermutlich waren aber die Zeichen „Luo Chen“ nur eine chinesische Version von „Rosen“. Nach ihrer Hochzeit (in Frankreich) nannte sie sich „Rosen-Hoa“, später „Hoa-Rosen“, was sich dann zu „Ho Ro-se“, bzw. „Horose“ entwickelte. Ihr ursprünglicher Familienname soll nicht „Rosen“ sondern „Rosent(h)al“ gewesen sein. Die Autorin hat also anfangs weder ihren ursprünglichen Namen noch ein frei erfundenes Pseudonym benutzt. In späteren Veröffentlichungen gibt es dann Hinweise darauf, daß sie in Polen geboren wurde, in Frankreich studiert hatte und daß sie sich dann mit ihrem chinesischen Ehemann in Beijing (Peking) niederliess. In dieser Zeit lernte sie viele chinesische Akademiker und Schriftsteller kennen, darunter Cai Yuanpei. Anfang der zwanziger Jahre wurde ein Sohn geboren, später auch eine Tochter. Das englische Buch enthält die Widmung To my dear son, Leon.
Ruan Lingyu und Jin Yan
Nach der Veröffentlichung der chinesischen und englischen Fassung des Romans wurde der Drehbuchautor Zhu Shilin mit der Anfertigung eines Drehbuchs beauftragt, dieses war die Grundlage für die Verfilmung des Buchs. Bemerkenswert ist hierbei, daß damals die meisten chinesischen Filme ohne ein detailliertes Drehbuch produziert wurden und daß auch keine modernen chinesischen Romane verfilmt wurden – zu dieser Zeit gab es kaum welche. Ebenfalls ungewöhnlich war die Länge des Films: 150 Minuten. Bis zu dieser Zeit waren chinesische Filme deutlich kürzer gewesen, erst in den vierziger Jahren kam diese Länge häufiger vor. Aus den wenigen Informationen, die über die Verfilmung vorliegen, kann man schließen, daß die Autorin selbst an der Produktion beteiligt war. Allerdings ist nicht bekannt, ob sie konkreten Einfluss hatte.
Ihr Bemühen um die Veröffentlichung von drei Sprachversionen und einer Filmfassung zeigt den Ehrgeiz der Autorin, gleichzeitig wird deutlich, daß sie den Geschmack des Publikums traf. Der Film wurde dann Vorbild für viele chinesische Filme.
Die Verfilmung des Romans Love and Duty war ein ungewöhnlich internationales Projekt. Die Autorin stammte aus Polen, der Hauptdarsteller Jin (Kim) Yan (1910-1983) war Koreaner, die Hauptdarstellerin Ruan Lingyu (1910-1935), die eine Doppelrolle spielte, war Chinesin, die Zwischentitel des Stummfilms waren chinesisch und englisch und daher auch für die meisten Ausländer in China verständlich. Bemerkenswert ist außerdem, daß die anderen Schauspieler, sowie Regisseur Bu Wancang (1903-1974), Produzent Li Minwei (1893-1953) und Drehbuchautor Zhu Shilin (1899-1967) aus verschiedenen Provinzen im Norden, Osten und Südens des Landes stammten und unterschiedliche Dialekte sprachen. Dies war bei einem Stummfilm kein großes Problem, die Realisierung eines Tonfilms wäre viel schwieriger gewesen.
Der „Stummfilm“ hat ungewöhnliche Kooperationen ernöglicht, die nach der Einführung des Tonfilms nicht mehr möglich waren. Nicht nur fiel der koreanische Hauptdarsteller Jin Yan nicht als Ausländer auf, auch die kantonesisch sprechende Hauptdarstellerin Ruan Lingyu konnte hier noch das ganze chinesische Publikum beeindrucken, das gar nicht merkte, daß sie kein Hochchinesisch sprach. Dies galt auch für Auslandschinesen und Ausländer. Bemerkenswert ist hierbei, daß damals das Zentrum der chinesischen Filmindustrie in Shanghai war, die meisten Beteiligten kamen jedoch aus anderen Provinzen, teilweise sprachen sie weder Hochchinesisch noch den Shanghai-Dialekt. Als wenige Jahre später der Tonfilm eingeführt wurde, wählte man generell Hochchinesich als Standard. Schauspieler, die dies nicht konnten, waren benachteiligt, die berühmte Ruan Lingyu beging – nicht nur aus diesem Grund – 1935 Selbstmord.
In den dreißiger Jahren wurden die verschiedenen Fassungen des Buchs wiederholt nachgedruckt; nach dem Zweiten Weltkrieg ist es jedoch nicht mehr erschienen. Die in den zwanziger Jahren innovative Geschichte galt – angesichts der Kriegswirren und sozialen Umwälzungen – bald als veraltet und zu emotional. Chinesische Autoren beschrieben die neue Lage nun authentischer und aktueller. Ausländische Leser bevorzugten ebenfalls realistischere, eher journalistische Werke wie Egon Erwin Kischs China geheim oder Edgar Snows Roter Stern über China. Während beim ersten Erscheinen des Buches die Konzentration auf gesellschaftliche und familiäre Fragen gut ankam, galt es später als zu unpolitisch. Für die internationale Verbreitung des Buches war es auch ein Nachteil, daß die englische Fassung nur in Shanghai gedruckt wurde und nicht in einem europäischen oder amerikanischen Verlag erschien. Der Erfolg anderer Autoren wie Pearl S. Buck, Agnes Smedley und Edgar Snow zeigt, daß in den dreißiger Jahren im Westen das Interesse an Chinathemen relativ groß war. (http://www.sino.uni-heidelberg.de/alumni/newsletter/08-05/kisch.html)
Horose und ihr Mann waren schon vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Beijing eingetroffen und lebten dort mit ihren Kindern bis zu den japanischen Angriffen 1937. In ihrer Studienzeit hatte sie Sympathie für den Anarchismus und großes Interesse an Esperanto. Daher hatte sie in China auch enge Kontakte mit Esperantoaktivisten, französisch-sprechenden Chinesen und zahlreichen Ausländern. Zu den besten Freunden der Familie gehörten offenbar die Eltern der (späteren) belgisch-französischen Schriftstellerin Han Suyin, die Horose und ihre Kinder in verschiedenen Büchern erwähnte. Horose hatte ein besonderes Interesse an chinesisch-westlichen Ehen und schrieb hierüber das Buch Nos Sangs Meles. Der drohende Krieg beendete dann zunächst ihren Chinaaufenthalt und sie kehrte nach Frankreich zurück.
In den dreißiger Jahren wurden die Lianhua-Filmstudios, die den Film produziert hatten mehrfach von japanischen Bomben getroffen, das Archiv wurde zerstört. 1937 mussten die meisten Filmstudios Shanghai verlassen und flohen in die südlichen Provinzen. Der Film Love and Duty galt mehr als fünfzig Jahre als verschollen. Erst in den neunziger Jahren wurde eine Kopie in Südamerika entdeckt, die dann ins Filmarchiv von Taibei gelangte und wiederholt gezeigt wurde. Ein Problem bei der Wiederaufführung war jedoch, daß nur wenige Informationen über die Hintergründe der Entstehung und die Autorin des Buches bekannt waren.
Es gab viele Gründe für das Vergessen von Buch und Film. Zunächst liess mit dem Aufkommen des Tonfilms das Interesse am Stummfilm schnell nach. Dann verdrängten die Probleme von Krieg und Bürgerkrieg „seichte“ Liebesgeschichten. Nach der Gründung der Volksrepublik China waren alte unpolitische Liebesgeschichten unbeliebt, man war dagegen stolz auf linke revolutionäre Filme. Daß der Regisseur von Love and Duty Bu Wancang 1949 nach Taiwan gegangen war, war ebenfalls ein Nachteil. Hinzu kam, daß offenbar keine Kopie des Films in der Volksrepublik existierte.
In den neunziger Jahre wurde eine Kopie des Films in Uruguay gefunden, die offenbar schon in den dreißiger Jahren von China in die Schweiz gelangt war. Die Kopie befindet sich jetzt im Filmarchiv von Taibei. In den letzten zehn Jahren wurde der Film bei verschiedenen Anlässen in Hongkong, Korea, Deutschland und in den USA gezeigt. (http://www.sino.uni-heidelberg.de/eacs2004/content/programme/film_love_and_duty/index.php) Das Buch wurde zwar nicht nachgedruckt, ist aber in einigen Bibliotheken zugänglich. Neuere Recherchen ergaben, daß die im späten 19. Jahrhundert geborene und in den sechziger Jahren verstorbene Autorin, mehrere Enkelinnen hat, die heute in Frankreich und China leben. Eine von ihnen, Hua Xinmin, hat einige chinesische Aufsätze veröffentlicht, die auch ihre Familiengeschichte behandeln. Ihr Großvater, der Mann von Horose, ist in China kein Unbekannter, er war Ingenieur und Stadtplaner und ist in China bekannter als seine Frau.
Seit der Gründung der VR China 1949 wurde der Film dort nicht öffentlich gezeigt, daher gibt es nur noch wenige lebende Chinesen, die den Film tatsächlich gesehen haben. Soweit bekannt, ist auch keines ihrer Bücher nachgedruckt worden.
Der Roman Love and Duty war ein ungewöhnliches Werk einer in Polen geborenen, in Frankreich ausgebildeten und in China lebenden Schriftstellerin, das einerseits chinesische Verhältnisse darstellte und andererseits großen Einfluß auf chinesische Leserinnen und Leser hatte. Wegen des großen Erfolgs erschien der Roman in drei Sprachen und wurde außerdem verfilmt. An der Produktion waren in Japan, Korea, Hongkong und China geborene Künstler beteiligt. Da der Film in der Spätphase der Stummfilmära gedreht wurde, konnten viele Probleme, die bei Tonfilmen entstanden wären, vermieden werden. Aufgrund der zweisprachig englisch-chinesischen Zwischentitel konnte ein großes Publikum erreicht werden. Mit dem Aufkommen des Tonfilms gerieten derartige Stummfilme jedoch schnell in Vergessenheit. Aufgrund der schweren sozialen Folgen der Weltwirtschaftskrise und der wachsenden Kriegsgefahr liess das Interesse an der in Love and Duty behandelten Thematik bald nach.
Literatur:
LUO CHEN: Lian’ai yu yiwu, Shanghai 1925.
HO RO-SE: Love and Duty. Shanghai 1926.
S. HOROSE: La Symphonie des Ombres chinoises. Paris 1932.
HOROSE: Nos Sangs Meles, Paris 1957.
Dr. Thomas Kampen
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China, Gummibären und Kung Fu
"Alle Sprach- und Kulturforscher" lud die Akademie für Information und Management Heilbronn-Franken (aim) zum Kennenlernen der chinesischen Sprache und Kultur ein. Vom 27. bis 30. Oktober war das Schulteam auf Einladung der aim bei den Experimentiertagen 2008 in Heilbronn vertreten.
Die Jüngsten machten den Anfang: Montag Morgen um neun sahen sich gut 20 GrundschülerInnen mit den ersten chinesischen Sätzen ihres Lebens konfrontiert, die sie mit großer Souveränität auch gleich selbst verwendeten. Interessiert hörten sie, was Fabian Lübke über die regionalen Besonderheiten Chinas zu erzählen wusste und mit großer Ernsthaftigkeit wurde Wan Lis Augenmassage nachgeahmt. Besondere Begeisterung bei den Schülern und bei Schulteam-Neuling Marlene Hönle löste das Gummibärchenessen mit Stäbchen aus.
Was ihnen am Ende am besten gefallen hat? "Alles!", so die einstimmige Antwort der Kinder. Ähnlich enthusiastisch begannen die Klassen 5 und 6 ihr Programm am Mittwoch. Mit Marina Rudyak und Wan Li lernten sie die Geographie und Geschichte Chinas kennen, schrieben Schriftzeichen, lernten sogar ein wenig Kungfu und hatten tausend Fragen, die verrieten, dass vielleicht der eine oder andere künftige Sinologe unter ihnen war...
Weitere Informationen über das Schulteam finden Sie hier.
Marlene Hönle, Fabian Lübke
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"China mittendrin. Geschichte, Kultur, Alltag" von Marcus Hernig
Sich in China zurechtzufinden ist eine spannende Angelegenheit für jeden, den es zum bevölkerungsreichsten Staat der Welt hinzieht. Immer mehr Deutsche wagen dieses Abenteuer für einige Wochen, manchmal sogar für mehrere Jahre. So auch der Sinologe Dr. Markus Hernig, der bereits seit über zehn Jahren in China lebt, dort eine Familie gegründet hat und lange Zeit in der chinesisch-deutschen Bildungs- und Kulturarbeit tätig war. Seit 2007 arbeitet er als freischaffender Trainer, Berater und Autor, gibt chinesisch-deutsche Seminare für Unternehmen und Bildungseinrichtungen, und ist außerplanmäßiger Professor an der Zhejiang-Universität Hangzhou.
In acht Kapiteln (der Glückszahl der Chinesen) gibt Markus Hernig in seinem neusten Buch „China Mittendrin“, wie der Untertitel bereits verrät, einen Einblick in die Grundzüge der Geschichte, Politik, und den Alltag Chinas. Es handelt sich um eine Mischung aus zahlreichen Informationen, die gespickt mit persönlichen Erlebnissen, alltägliche chinesische Kuriositäten, aus der Sicht eines Laowais (Ausländer) auf eine lockere und humorvolle Art beschreiben. Der Leser erfährt nicht nur wie Chinesen und Ausländer in China leben, sondern auch wie ihr Verhältnis zueinander ist und das richtige Freundschaften zwischen Ausländern und Inländern eher eine Seltenheit sind.
Hernig erklärt desweiteren die wichtige Bedeutung von Guanxi, einem Netzwerk persönlicher Beziehungen, dem Streben zur „städtisch geprägten High-Tech-Gesellschaft“, den Lauf des Lebens, von der Kindheit bis zur Ehe und sogar zur Scheidung, die in China tendenziell zunimmt. Sollte man in China heiraten, kann man sich schon mal auf eine gewaltige Summe von 10 000 Euro gefasst machen, eine Scheidung hingegen, ist mit 70 Eurocent ein richtiges Schnäppchen und ohne bürokratischen Aufwand möglich.
Neben einem Blick in die Jahrtausende alte Geschichte Chinas und wichtigen Themen wie der Ein-Kind-Politik und der Bedeutung des Wettbewerbs, kommt in Hernigs Buch auch die Kulinarische Seite nicht zu kurz. Regionale Köstlichkeiten von Norden bis Süden werden beschrieben, schließlich ist Essen in China ein „Totalphänomen“, das mit allen Sinnen erfahren wird. Geschäfte werde nicht selten bei Tisch besprochen. Markus Hernig baut Vorurteile ab, und macht den Leser mit chinesischen Tischsitten vertraut, die einen bei einem formalen Essen erwarten. Bemerkenswert sind seine Tipps den reichlichen Alkoholkonsum bei Tisch zu umgehen. Und wenn diese nicht helfen und man doch betrunken werden sollte, so weiß sich der Chinese mit einer Schale Essig zu helfen, die die übermäßige Säurebildung im Körper regulieren kann.
Dies ist nur ein Auszug von wissenswerten Informationen die den Leser erwarten. „China Mittendrin“ ist empfehlenswert für jeden, den es nach China verschlägt und das Land besser verstehen möchte. Es ist sehr informativ und durch den unterhaltsamen Schreibstil schnell verschlungen. Auch für diejenigen, die bereits in China waren und ähnliches erlebt haben ist es ein lesenswertes Buch, das einen an vielen Stellen an wundervolle Erlebnisse erinnert, wie etwa dem netten Taxifahrer, der während der Fahrt „Love Radio“ hört und sich neugierig mit seinem ausländischen Fahrgast unterhält.
Christel Kemnitz
Marcus Hernig
China mittendrin. Geschichte, Kultur, Alltag
Ch. Links Verlag, 2008
ISBN-13: 978-3861534723
EUR 16,90
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