Newsletter Januar 2009 Nr. 29
INHALT
Öffentliche Vorstandssitzung
Am 22. Januar fand im Institut für Sinologie die erste öffentliche Vorstandssitzung von SHAN im neuen Jahr statt. Im Vordergrund standen dabei die Vorbereitungen für die 2. Ehemaligenfeier am 16. Mai 2009. Diese bietet Alumni des Instituts eine Möglichkeit, an ihren Studienort zurückzukehren, alte Freunde wiederzusehen, neue Bekanntschaften zu machen und zu erfahren, was sich in den letzten Jahren an der Heidelberger Sinologie so alles verändert hat.
Neben der Planung der Ehemaligenfeier standen die Berichte der einzelnen Teams auf dem Programm: Das Schulteam plant für Juli eine weitere öffentliche Fortbildung, und das Team PR arbeitet an einer Umgestaltung der Homepage. Wichtigste Neuerung soll die Schaffung eines geschlossenen Bereichs für Vereinsmitglieder sein.
Insgesamt gibt es viel Arbeit und große Pläne, zu deren Verwirklichung es vor allen Dingen weiterer engagierter Mitglieder bedarf. An dieser Stelle sei eine herzliche Einladung an alle interessierten Studierenden und Ehemaligen ausgesprochen, sich bei SHAN einzubringen!
Einjähriges Praktikum als Fremdsprachenassistentin an einer chinesischen Mittelschule in Shanghai
Wie der Erfolg des SHAN-Schulteams zeigt, ist das Interesse an Lehrkräften mit sinologischen Kenntnissen groß. Wer gerne unterrichtet und gleichzeitig noch spannende Erfahrungen außerhalb des Schulalltags machen möchte, der kann sich an einem Programm der Kultusministerkonferenz in Zusammenarbeit mit dem chinesischen Erziehungsministerium beteiligen, das deutschen Studierenden der Sinologie die Möglichkeit bietet, an chinesischen Mittelschulen Deutsch zu unterrichten. Kathrin Achenbach hat die Chance genutzt und berichtet von ihren Erfahrungen.
Praktikum bei der Stiftung Wissenschaft und Politik
Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) ist Deutschlands größter und wohl auch einflussreichster Außenpolitik-Think Tank. Man legt hier Wert darauf, wissenschaftliche Politikberatung zu betreiben. Johannes Lejeune hatte während seines Praktikums die Gelegenheit zu erleben, wie dieses Einfallstor der Wissenschaft in die Politik funktioniert.
Veranstaltungskalender
Kino: Sparrow (Man Jeuk)
26 - 28.01.09, jeweils 19:30 Uhr, Cinema Quadrat, Mannheim: HK/China 2007, R: Johnnie To, OmU. Spatz ist in Hongkong ein Slang-Wort für Taschendiebe. Kei ist einer dieser "Spatzen". Wenn er nicht gerade seinem Broterwerb nachgeht, fährt er mit seinem Fahrrad durch die Stadt und fotografiert. Eines Tages taucht die schöne Chun Lei vor seiner Linse auf. Kei ist fasziniert. Doch hinter Chun Leis makellosem Äußeren liegt eine geheimnisvolle Vergangenheit…
Kino: Die Reise des chinesischen Trommlers (Zhan Gu)
24. - 28.01.09, jeweils 21:15 Uhr, Schlosskino, Heidelberg (ab 29.01. vorraussichtlich im Atlantis, Mannheim): HK/Taiwan/Deutschland 2007, R: Kenneth Bi. Sid, der wilde Sprössling eines Triadenchefs, erregt den Zorn eines Gangsterbosses, als er eine Affäre mit dessen junger Geliebten beginnt. Vom Vater ins ländliche Taiwan in Sicherheit geschickt, wird Sid von traditionellen Zen-Trommlern magisch angezogen, und er lernt im Shaolin-Kloster Geduld, Respekt und Spiritualität.
Zirkus: Chinesischer Cirkus Hebei
26.01.09, 20 Uhr, Friedrich-Ebert-Halle, Ludwigshafen: Weltklasse-Akrobatik verspricht das neue Programm mit dem Titel "Himmel und Erde". Karten ab 30,30 €.
Einjähriges Praktikum als Fremdsprachenassistentin an einer chinesischen Mittelschule in Shanghai
Das Programm des Pädagogischen Austauschdienstes (PAD) der Kultusministerkonferenz in Zusammenarbeit mit dem chinesischen Erziehungsministerium bietet deutschen Studierenden der Sinologie, die später an Schulen unterrichten möchten, derzeit die Möglichkeit, an einer chinesischen Mittelschule Deutsch zu unterrichten. Was dazu gehört, an einer chinesischen Mittelschule Deutsch zu unterrichten, kann ich nun aus persönlichen unvergesslichen Erfahrungen berichten.
Das Stipendium gab mir die Möglichkeit, als Fremdsprachenassistentin für ein Jahr nach Shanghai zu gehen. Nach einem Bewerbungsgespräch in Freiburg fanden sich insgesamt neun Studenten mit dem Studienfach Sinologie aus verschiedenen Städten für das Pilotprojekt zusammen, welches bereits in sein zweites Jahr ging. In Bonn fand ein vom PAD organisierter zweitägiger Workshop statt, in welchem alle ausgewählten Fremdsprachenassistenten auf den einjährigen Aufenthalt in China vorbereitet wurden. Eingeladene Chinaexperten, darunter Lena Henningsen, und ein Programmteilnehmer aus dem ersten Jahr gaben den Teilnehmern die wichtigsten Informationen über China und den Unterricht an chinesischen Mittelschulen mit auf den Weg. Verteilt wurden die Stipendiaten in die Städte Beijing, Changchun, Jinan, Tianjin, Shanghai, Taiyuan, Jiujiang, Nanchang und Xiamen.
Ende August ging es dann los nach China, erster Halt: Beijing. Dort angekommen wurden wir von einer Deutsch sprechenden Lehrkraft der Beijing Foreign Language School (BFSU) abgeholt und im Lehrerwohnheim der Schule untergebracht. Wir durchliefen erneut einen zweitägigen Workshop, diesmal organisiert von Hanban (汉办), eine dem chinesischen Bildungsministerium unterstellte Institution. Von Beijing aus ging es für mich dann weiter nach Shanghai. Neben mir als einziger Deutsch-Muttersprachlerin gibt es noch vier japanische Lehrer und einen Amerikaner an der Schule.
Am 1. September 2008 dann begann mein erster Schultag an der Ganquan-Fremdsprachen Mittelschule Shanghai (上海甘泉外国语学校). Scharen von nach Uniform geordneten Schulklassen kamen mir auf dem Weg zum Sportplatz entgegen. Dort wurde am Morgen traditionell die chinesische Fahne gehisst und mit disziplinierter Körperhaltung, dem Militärgruß ähnelnd, der Melodie der chinesischen Nationalhymne gelauscht. Meine beiden Deutschklassen bestehen aus 42 und 34 Schülern zwischen 12 und 13 Jahren. Pro Woche erhielt ich zunächst nur vier Stunden, doch bald erhöhte sich diese Zahl und schwankte zwischen sieben und acht Stunden, so dass auch Zeit für Eigenstudien bestand. Da der Deutschunterricht an dieser Schule erst vor knapp zwei Jahren eingeführt wurde, gibt es momentan nur zwei Klassen, die Deutsch als zweite Fremdsprache lernen. Ausgebildete Deutschlehrer vor Ort werden von der Zentralstelle für Auslandsschulwesen (ZfA) gestellt und bieten einige Hilfestellungen, was die Gestaltung des Unterrichts angeht.
Die ZfA in Shanghai ist zuständig für die Organisation des Deutschunterrichts in vier Provinzen Chinas. Die Schüler jeder von Deutschland geförderten Schule in China legen am Ende ihrer Schulzeit eine Sprachprüfung in Deutsch ab, die dem Niveau des deutschen Abiturs entspricht und sie ohne Weiteres berechtigt, nach dem Schulabschluss an deutschen Universitäten zu studieren.
Auch das Generalkonsulat Deutschlands (Goethe-Institut) in Shanghai trägt mit wöchentlichen Workshops seinen Teil dazu bei, chinesischen Lehrkräften deutsche Kultur zu vermitteln und sie mit Ideen für die Gestaltung des Deutschunterrichts auszustatten.
Der Unterricht wird nach Absprache mit der chinesischen Deutschlehrkraft gestaltet. Dabei gehören zu den Aufgaben der Fremdsprachenassistenz besonders die Übungen zur Sprache und Landeskunde, das Einüben von Rollenspielen sowie Konversation in Kleingruppen. Auch das Korrigieren von Diktaten, Aufsätzen und Hilfestellungen für die chinesischen Lehrkräfte und Schüler stellen einen großen Teil meines Aufgabenbereichs dar. Dies hat sich als sehr interessant herausgestellt, denn berechtigte Fragen von Schülerseiten, wie "Wie heißen Komparativ und Superlativ von 'doof'?" oder "Warum heißt die Giraffe 'Giraffe', sie ist doch kein Affe?" stellen nämlich nicht nur chinesische Deutschlehrer zunächst vor Fragen.
Im Lehrerzimmer tummeln sich jeden Tag ungewohnt viele Schüler zum Aufsagen auswendig gelernter Texte oder Plaudern mit den Lehrern. Demzufolge ist es im Lehrerzimmer oft laut und voll. Die Beziehung zwischen Lehrern und Schülern scheint enger zu sein als in Deutschland. Dass es allerdings wirklich streng zugeht, kann man an den sporadischen Kontrollen während der Augenmassage in den Klassenzimmern erkennen. Die jeweils zwei mal am Tag vor dem Unterricht stattfindende Augenmassage, während der die Kinder ihre Augen mit den Händen im Takt zu einer Ansage aus dem Lautsprecher massieren, bietet sich gut für Fingernagel- oder Haarlängenkontrollen an. So kam es vor, dass während der fünfminütigen Massage eine Lehrerin mit einer Liste und einem prüfenden Blick hereinspazierte und sich einige Jungs heraussuchte, die sich in die Liste eintragen mussten. Der Grund: Ihre Haare waren zu lang. Auch die Mädchen haben bestimmt Regeln: keine offenen Haare, keinen Schmuck, keine Ohrringe. Vor einer Woche fand ich zwei im Lehrerzimmer "tanzende" Schüler auf. Als ich mich erkundigte, warum die Schüler ausgerechnet im Lehrerzimmer herumtanzen müssen (abgesehen davon, dass sie den Weg versperrten), kam die Antwort, sie hätten am Morgen nicht anständig bei der Morgengymnastik mitgemacht und müssten es jetzt nachholen…
Die Anzahl der Schulstunden werden, anders als in Deutschland, auch sehr ernst genommen. Wenn ein Schultag auf einen Feiertag fällt, wird der Unterricht dieses Tages am folgenden Wochenende (meistens Sonntag) nachgeholt.
Neben diesen Momenten gibt es auch die erfolgreiche erste Weihnachtsfeier ganz im deutschen Stil mit Weihnachtsbaum und Adventskranz. Die zwei einstudierten deutschsprachigen Theaterstücke, die beliebten Wichtelgeschenke und einige internationale Weihnachtslieder bereiteten den chinesischen Schülern neben dem strengen Lernprogramm sehr viel Spaß.
Im interkulturellen Umgang mit den Anfängerklassen erschien mir der Gebrauch der chinesischen Sprache manchmal als unumgänglich. Nichtsdestotrotz soll der Unterricht möglichst einsprachig geführt werden.
Die Zeit als Fremdsprachenassistentin an einer chinesischen Mittelschule war eine gute Gelegenheit, Praxiserfahrungen im Schulbereich zu sammeln, und hat mir darüber hinaus viele wertvolle Erfahrungen gebracht. Besonders für diejenigen, die in Zukunft die neuen Lehramtstudiengänge in Sinologie studieren wollen, stellt dieses Stipendium eine empfehlenswerte Möglichkeit für ein Praktikum dar.
Kathrin Achenbach
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Praktikum bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin
"Die SWP ist eine unabhängige wissenschaftliche Einrichtung, die auf der Grundlage eigener, praxisbezogener Forschung den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung in allen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik berät. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter der SWP tragen durch Analysen und Veröffentlichungen sowie ihre Mitwirkung an nationalen wie internationalen Fachdialogen zur Meinungsbildung in ihrem Arbeitsgebiet bei."
So stellt sich Deutschlands größter und wohl auch einflussreichster Außenpolitik-Think Tank vor. Ursprünglich eine rein private Stiftung, wird die SWP seit 1965 durch Bundesmittel gefördert – im Jahr 2006 immerhin 9,37 Millionen Euro. Zwar gibt es auch Drittmittel von deutschen und internationalen Forschungsförderungseinrichtungen, doch fallen diese im Vergleich deutlich geringer aus. Während meines knapp dreimonatigen Praktikums hatte ich im Sommer dieses Jahres die Gelegenheit nachzuvollziehen, wie genau in der SWP Steuergelder in Politikberatung umgewandelt werden.
Eingeteilt in Forschungsgruppen mit regionalen oder thematischen Schwerpunkten arbeiten rund 50 Wissenschaftler für die Stiftung. Als Sinologe war ich naturgemäß in der Forschungsgruppe Asien beschäftigt. Praktikanten werden in der SWP jeweils einem Betreuer zugeteilt, den sie bei seiner Arbeit unterstützen. Ich hatte mich für das Praktikum direkt bei meinem zukünftigen Betreuer beworben, da ich ihn im Rahmen eines SHAN-Vortrages bereits persönlich kennen gelernt hatte. Das vorherige Gespräch mit dem Betreuer ist generell ratsam, um sich über den Inhalt des Praktikums abzusprechen. Wenn der Betreuer vornehmlich zu den Beziehungen zwischen der EU und Ostasien forscht kann man davon ausgehen, auch als Praktikant in diesem Bereich zu arbeiten. Sollte man diese Arbeit gleichzeitig für ein Universitätsprojekt verwenden können – umso besser, und zumindest meinem Betreuer war es wichtig, dass mir das Praktikum auch im Studium nützt.
Die SWP betreibt "wissenschaftliche Politikberatung". In der Tat besteht ein Großteil der alltäglichen Praktikantenaufgaben aus wissenschaftlichen Hilfsdiensten: Quellenrecherche, exzerpieren von Sekundärliteratur, erstellen von Statistiken. Eine gewisse Begeisterung für wissenschaftliches Arbeiten ist also unerlässlich. Spannend wird die Arbeit durch verschiedene Faktoren.
Eine besondere Motivation ist es natürlich, wenn die Ergebnisse veröffentlicht werden. Das ist zwar eher die Ausnahme, kommt aber vor, und wird dann sogar bezahlt. Interessant sind auch die Quellen, mit denen man arbeiten kann. Die Institutsbibliothek ist insbesondere im Bereich der Grauen Literatur, also bei nicht über den Buchhandel vertriebenen Publikationen, gut ausgestattet. Darüber hinaus besteht Zugang zu vielen exklusiven internationalen Datenbanken, und nicht vorhandene Literatur wird umgehend aus einer der Berliner Bibliotheken besorgt.
Letztlich ist auch die Frage der Relevanz der Arbeit eine andere als an der Universität. Das ist durchaus ein zweischneidiges Schwert. An der SWP wird keine Grundlagenforschung betrieben. Was für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik nicht wichtig ist, ist kein Thema für die SWP. Aber auf der anderen Seite läuft man auch nicht Gefahr, im Elfenbeinturm zu sitzen. Die Zahl der Diplomatendelegationen, Politiker und hochrangigen Beamten, die in der SWP ein und aus gehen, ist bemerkenswert. Wie viel von der Beratung dann auch tatsächlich in konkrete Politik umgesetzt wird, ist natürlich kaum messbar. Die wissenschaftliche Perspektivenverschiebung im Vergleich zur Universität war auf jeden Fall erhellend.
Ist man in der Wahl des Praktikumszeitraumes flexibel empfiehlt es sich übrigens, die Sommermonate zu meiden. Zwar kann man die Hauptstadt dann besonders genießen, aber das politische Berlin ist in dieser Zeit nahezu ausgestorben, und entsprechend geht auch die Arbeit in der SWP zurück. Nicht nur, dass viele Mitarbeiter dann Urlaub nehmen, es finden auch deutlich weniger Konferenzen, Informationsrunden und sonstige Veranstaltungen statt. Dieses "Rahmenprogramm" aber stellt einen großen Pluspunkt des Praktikums dar. So konnte ich an einer dreitägigen Konferenz zu sicherheitspolitischen Themen in Asien teilnehmen. Schwerpunkt war der Aufstieg Chinas und dessen Auswirkungen auf die Region. Die Teilnehmerliste bestand aus zahlreichen international renommierten Experten, und es ist spannend diejenigen kennenzulernen, über deren Büchern man im Studium schon oft gestolpert ist.
Und wie steht es bei der staatlichen Finanzierung um die von der SWP oft betonte Unabhängigkeit des Instituts? Ein SWP-Wissenschaftler meinte hierzu, dass diese in der Tat gewährleistet sei. Sicherlich bestehe immer die Gefahr einer Beeinflussung; doch sei diese verschwindend gering im Vergleich zu anderen Think Tanks, die sich über Drittmittel und Spenden finanzieren müssen. Gerade das sei ein Einfallstor für Lobbyismus.
Zuletzt muss noch erwähnt werden, dass Praktika bei der SWP unbezahlt sind. Das ist zwar schade, aber insgesamt hat mir das Praktikum viele Einblicke in das auch für Sinologen interessante Berufsfeld der Politikberatung gegeben. Das ist ja auch etwas wert.
Mehr Informationen zur Stiftung Wissenschaft und Politik finden Sie hier.
Johannes Lejeune
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