Newsletter November 2009 Nr. 37
INHALT
Frankfurter Buchmesse 2009: Tage kulturellen Austausches
Die Frankfurter Buchmesse hält jedes Jahr zahlreiche Eindrücke bereit, die auf ihre Besucher einprasseln. Jan-Martin Willems hat für SHAN seine persönlichen Erfahrungen auf der Messe zusammengefasst und kommt zu dem kritischen Fazit, dass der Besuch einer durchschnittlichen Wohnheimsküche vermutlich authentischere Einblicke in eine fremde Mentalität bietet, als die auf der Buchmesse gebotene Selbstinszenierung.
Zweite SHAN-Lesung chinesischer Autoren
Am 14. Oktober fand im Institut für Sinologie die zweite Lesung anlässlich der diesjährigen Buchmesse statt. Zwölf Autoren aus Guangdong und Zhejiang waren der Einladung der SHAN-Vorsitzenden Wan Li gefolgt, ihre Werke vorzustellen und so zu einem persönlicheren kulturellen Austausch beizutragen.
Interview mit Qi Dexiang
"Wir bemühen uns, dass Stil und Inhalte der Bücher zu den Ausländern passen."
Herr Qi Dexiang ist Präsident und Chefredakteur der Universitätspresse an der Universität für Sprache und Kultur Peking (BLCU). Xu Tao hat ihn im Rahmen der Frankfurter Buchmesse getroffen und mit ihm über das Erlernen von Fremdsprachen, seine persönlichen Lieblingsbücher und die Ähnlickeit von Frankfurt und Peking gesprochen.
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Erzählen Sie mal, Herr Kaeding!
Mit dieser Ausgabe beginnt eine Vorstellungsreihe von MitarbeiterInnen des Zentrums für Ostasienwissenschaften. Oft begegnen wir einander in den Fluren, in der Bibliothek und in den Unterrichtsräumen, und wissen doch nicht, wer uns gegenübersteht. SHAN hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit der Reihe "Erzählen Sie mal,..." den offenen Fragen eine Antwort zu geben, und wir begrüßen Vorschläge für die nächsten Kandidaten.
Den Anfang macht Malte Kaeding, den viele Studierende aus seinen Seminaren, Übungen und Vorträgen zur Politik Greater Chinas kennen.
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SHAN-Workshop: Chinesisch als Fremdsprache für Kinder und Jugendliche
Großen Anklang und viel positives Feedback erhielt die vom SHAN-Schulteam organisierte Fortbildung "Chinesisch als Fremdsprache für Kinder und Jugendliche" mit Dr. Christina Neder, Chinesischdozentin der Geschwister-Scholl-Gesamtschule (GSG) in Dortmund.
Im Mittelpunkt des Workshops standen Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung und didaktische Tipps für den Fremdsprachenunterricht mit Kindern und Jugendlichen unter Beachtung lernpsychologischer Voraussetzungen dieser Altersklasse.
Rezension: Mark Leonard - Was denkt China?
Was denkt China? In Zeiten, in denen China überall als neue Welt- oder sogar Supermacht gehandelt wird, scheint dies von höchstem Interesse. Der Politikwissenschaftler und Direktor für internationale Politik am Center for European Reform in London, Mark Leonard, ist dieser Frage in seinem neuen Buch nachgegangen.
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Frankfurter Buchmesse 2009: Tage kulturellen Austauschs
Vom 14. bis 18. Oktober fand in Frankfurt wieder die alljährliche Buchmesse statt und konnte knapp 300.000 Besucher verzeichnen. Für die Verlage war die Messe ein geschäftlicher Erfolg, doch inwieweit konnte man etwas über fremde Kulturen lernen?
Es gab durchaus Momente, in denen man sich so fühlte, als würde einem die fremde Kultur näher gebracht werden. Etwa bei City Talk von Arte, wo sich der Autor Liu Zhenyun aus Peking und Martin Mosebach, ebenfalls Autor aus Frankfurt am Main, unter der Moderation des bekannten Sinologen Tilmann Spengler über die Wahrnehmung der Heimat des anderen unterhielten. In einem humoristischen und zum Nachdenken anregenden Dialog lernte man mehr über die Denkweise und das Leben der Chinesen.
Auch die Aufführung einer Pekingoper, die von der Chinesischen Delegation voller Stolz als “einmalig in der Geschichte der Frankfurter Buchmesse” angepriesen wurde, war solch ein Augenblick. Im Anschluss konnten sich auch weniger talentierte Künstler damit rühmen, einmal einen Auftritt im Ausland gehabt zu haben. Es reichte aus, um dem gänzlich Unwissenden einen Eindruck von der Pekingoper zu vermitteln. Als spektakulär konnte man an ihr allenthalben die Dreistigkeit bezeichnen, dass zum Ende der Vorstellung im Stück dazu eingeladen wurde, im China Pavillon doch ein bisschen shoppen zu gehen. Kultur wurde hier zur Ware, die man sich einpacken konnte um sie mit nach Hause zu nehmen – praktisch! Im Programmheft wurde dies folgendermaßen angekündigt: “Pekingoper: An der Kreuzung von drei Straßen.” Wo sich dort irgendwelche Straßen gekreuzt haben sollen, blieb zumindest mir absolut schleierhaft. Um das chinesische Kulturprogramm noch ein bisschen zu erweitern, wurde die gleiche Vorstellung noch unter zwei anderen Namen in die Terminliste aufgenommen. Und (nochmal) wiederholt. Und wieder unter komplett anderem Namen mehrfach angekündigt. Bei solch vielfältigem kulturellem Angebot kann man einfach nur staunen!
Die gut versteckte Ausstellung Ost trifft West von Yang Liu über Unterschiede in der Kultur Chinas und des Westens war für mich persönlich eines der Highlights der Messe. Auf gerade mal 10m² wurden hier Unterschiede und trotz ihrer Gegensätzlichkeit verblüffende Parallelentwicklungen mit simpelsten Zeichnungen dargestellt. Etwa die Verleugnung der eigenen Kultur. In Deutschland ist es Trend asiatische Kost mit Stäbchen zu essen, die Chinesen halten sich dagegen jetzt für kultiviert, wenn sie im westlichen Steakhouse mit Messer und Gabel essen. Witzig, geistreich und leider viel zu wenige Exponate. In knapp 10 Minuten hatte man sich alles angeschaut. Natürlich wurde nicht vergessen für das Buch, in dem diese und noch viele weitere Kunstwerke abgedruckt sind Werbung zu machen. Wer aber ähnlich geizig ist wie ich, kann sich im Internet unter www.yangliudesign.com einen Eindruck verschaffen.
Erfreulich, dass sich Taiwan nicht nur mit einem eigenen Stand an der Buchmesse präsentieren durfte, sondern auch Vorträge über den geschichtlichen Werdegang der modernen taiwanischen Literatur hielt. Unerklärlich, wie die chinesische Delegation es zulassen konnte, dass der Messebesucher einen solchen Einblick in die Kultur seiner abtrünnigen Provinz erhalten konnte und aktiv ein Bewusstsein dafür geschaffen wurde, dass es nicht die eine chinesische Kultur gibt, sondern – man höre und staune - viele verschiedene Strömungen und Identitäten “innerhalb” dieser bestehen. Der Großteil der Zuhörer war jedoch asiatisch und der Anzahl, der wie mit dem Rasiermesser gezogenen, tiefschwarzen Seitenscheitel über absolut ausdruckslosen Gesichtern, nach zu urteilen, wurden diese Vorträge von der pekinger Zentralregierung nicht ignoriert. Dennoch eine sehr positive Überraschung für jeden Interessenten. Vergessen Sie aber nicht den Hinweis, der in Form eines nachträglich hinzugefügtem Aufklebers in den taiwanischen Büchern zu finden war:
Andere sehr wichtige Programmpunkte um die chinesische Kultur besser zu verstehen waren zwar im Terminkalender angekündigt, aber nirgendwo zu finden. So hätte das Erlebnis persönlich an einer Teezeremonie teilzunehmen bestimmt dazu beigetragen, eine Brücke zwischen den Kulturen zu schlagen. Als essentieller Bestandteil des chinesischen Lebens wäre es hier jedem möglich gewesen chinesische Kultur direkt zu erfahren. Leider war dieses Event nicht aufzufinden, zumindest nicht an dem Ort für den es angekündigt war.
Dem Kenner der asiatischen Länder fielen dennoch überall Details auf, die von der Kultur des anderen zeugten, beispielsweise überall verstreut stehende Thermoskannen bei den chinesischsprachigen Verlagen, Taiwaner, die lustig schwatzend in einer Gruppe zusammen standen und zurückhaltenderen Personen jedes Gespräch unmöglich machten, Chinesen, die aussahen als wären sie mit dem “So baue ich mir einen Kader” Bausatz zusammengebaut worden. Diese jagten, wenn auch gesprächsbereit, zumindest mir einen so großen Schrecken ein, als sie mit finsterer Miene auf mich zu traten, dass ich schnell reiß aus nahm. Japaner saßen im Rudel beieinander und vermittelten den Eindruck, man solle ihnen bloß vom Leibe bleiben, man verstehe ihre Kultur sowieso nicht. Wenn das nicht japanisch ist, dann weiß ich auch nicht mehr. Übermüdete Koreaner ließen sich erschöpft auf Stühle sinken. Gespräche konnten und fanden statt, doch aufgrund eines gefühlten begrenzten Zeitrahmens, man wollte dem anderen ja nicht zu viel Zeit rauben, blieb wahres Verständnis aus und kultureller Austausch reduzierte sich auf essentielle Informationen, wie beispilsweise diese: “Ein McDonalds Menü in Malaysia kostet umgerechnet nur einen Euro. Du solltest unbedingt Urlaub in Malaysia machen.”
Da lobe ich mir die deutsche Kultur. Extravagant gestaltete Stände überzeugten sofort. Prominente priesen Bücher an. Nette Damen überreichten Leseproben.Visuelle Anreize bis zur Besinnungslosigkeit. Das ein oder andere Foto eines ästhetisch geformten, nackten Körpers wusste, geschickt platziert, Blicke einzufangen. Elegant gekleidete Repräsentanten/innen der Verlage sprachen mit ebenso elegant gekleideten potentiellen Kunden/innen. Als normaler Mensch war man hier unsichtbar, es war nicht mal ein Sitzplatz vorhanden für denjenigen, der sich für ein Buch interessierte und es einfach mal in Ruhe durchblättern wollte. Fragte man, ob man sich setzen dürfe, so wurde nur sehr bestimmt erwidert, dieser Platz sei für wichtige Gespräche reserviert. Kurzum, die deutschen Verlage zeigten sich von ihrer besten Seite.
Die Frankfurter Buchmesse hat sich zumindest mir als anstrengender, aber auch ausgefüllter Tag mit tausenden kleinen Eindrücken ins Gedächtnis geprägt. Doch warum geht man auf die Frankfurter Buchmesse? Die Problematik China als Ehrengast zu haben, war wesentlich besser in der Presse zu verfolgen und für den Messebesucher kaum greifbar. Wollte man mal wieder ein paar Bücher durchblättern, ist der Weg zur nächsten Bibliothek wesentlich kürzer und die Atmosphäre entspannter. Kultur war auf der Messe, zumindest meinem Gefühl nach, bestenfalls Nebensache. Wer sich mit der Mentalität eines fremden Volkes auseinandersetzen möchte, ist besser beraten, wenn er sich mal in die Küche eines Studentenwohnheims setzt. Vermutlich geht man auf die Frankfurter Buchmesse, um einfach mal auf der Frankfurter Buchmesse gewesen zu sein.
Jan-Martin Willems
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Zweite SHAN-Lesung chinesischer Autoren
Am 14. Oktober 2009 veranstalteten SHAN und der Ehrengast der Frankfurter Buchmesse China im Sinologischen Seminar der Universität Heidelberg die zweite Lesung anlässlich der diesjährigen Buchmesse. Nachdem die erste Lesung im September so großen Anklang gefunden hatte, waren dieses Mal insgesamt zwölf Autoren aus Guangdong und Zhejiang der Einladung der SHAN-Vorsitzenden Wan Li gefolgt.
Neben Yang Ke 杨克und Ji Yigong 嵇亦工trugen auch Yang Dongbiao 杨东标 und Qiu Chaoxiang 邱超样 aus ihren Werken vor. In der an die Lesung angeschlossenen Diskussion standen alle Autoren dem Publikum für Fragen zur Verfügung.
Die Delegationen aus Guangdong und Zhejiang wurden geleitet von Yang Chengzhi 杨承志, Vorstandsmitglied und Sekretärin des chinesischen Schriftstellerverbandes. Außerdem begleiteten Akbar Majit 艾克拜尔 米吉提 als Moderator und Zhuang Wei 庄玮 als Übersetzer die Autorengruppe. Vom Schriftstellerverband Guangdong waren der Vorsitzende des Schriftstellerverbandes Guangdong Yang Ke, Li Aiyun 李爱云, Qiu Chaoxiang, Fan Yingyan 范英妍 sowie Wen Yuanhui 温远辉anwesend.
Der Schriftstellerverband Zhejiang wurde durch Ji Yigong, Yang Dongbiao, Wu Qijie吴琪捷(alias Wangshou 王手) und Zheng Xiaolin 郑晓林 vertreten.
Nach der deutsch-chinesischen Begrüßung durch Wan Li und Kristina Bodrozic-Brnic überreichte Delegationsleiterin Yang Chengzhi den beiden Shan-Vertreterinnen zahlreiche Gastgeschenke, darunter das Symbol des chinesischen Schriftstellerverbandes, Bücher und Zeitschriften für die Bibliothek sowie Seide aus Zhejiang.
Den Auftakt der Lesung machte Ji Yigong, der in beeindruckender Weise aus seinem Gedicht „Dem Mond zu hören“ (听月) vortrug. Er sagte es sei sein Ziel, den Zuhörern ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie ein chinesisches Gedicht wirke, wenn es nicht nur gelesen sondern vorgetragen würde. Außerdem wolle er die Gelegenheit nutzen, das Publikum für den Dialekt seiner Heimat zu begeistern. Dem Applaus und den Gesichtern des Publikums nach zu urteilen, ist ihm dies mit seinem passionierten Vortrag gelungen. Auch die folgende Übersetzung ins Deutsche, vorgetragen von von Kaja Müller, stand dem chinesischen Vortrag im Ausdruck in nichts nach.
Yang Ke erzählt in seinen „Begegnungen mit einem Reisfeld in Dongguang“ (在东莞遇见一小块稻田) von seinen Empfindungen beim Anblick des Wandels in China. Er beschreibt den Gegensatz zwischen einer kleinen Reispflanze und den großen Fabriken, zwischen dem rückständigen China und seiner schnellen wirtschaftlichen Entwicklung in den letzten Jahren, verdeutlicht anhand des eher landwirtschaftlich geprägten Ortes Dongguang. Sein Beitrag soll die Rückbesinnung auf das Wesentliche darstellen, und ist eine Aufforderung für die ganzheitliche Betrachtung der Dinge.
Die Ausbildung des Autors in Dramatik war beim Vortrag Yang Dongbiaos unschwer zu erkennen. Er las aus seinem Stück Wang Yangming (王阳明) und ließ dieses durch sein schauspielerisches Talent wieder lebendig werden. Auf die Frage, warum er aus den zahlreichen Philosophen Chinas gerade Wang Yangming als Hauptperson für sein Stück gewählt habe, antwortete Yang Dongbiao, Wang Yangming sei natürlich ein sehr wichtiger chinesischer Philosoph, den Ausschlag über ihn zu schreiben habe aber die gemeinsame Herkunft aus Ningbo gegeben.
Die meisten Lacher erntete zweifelsfrei Qiu Chaoxiang mit seinem Stück „Die Mühle in der Heimat“ (故乡水碓间) aus dem Novellenband „Die verwirrenden Melodien“. Seine tiefgründige und dennoch humorvolle Beschreibung eines Reismüllers mit Spitznamen „Gemeine Garnele“ aus der Perspektive eines Kindes, bildete einen gelungen Abschluss der Vorträge.
Die anschließende Diskussion mit dem Publikum wurde von Wan Li geleitet. Nach eher allgemeinen Fragen zu Beginn wurden im weiteren Verlauf auch zunehmend kritische Fragen gestellt. Das Publikum griff Fragen aus der aktuellen öffentlichen Debatte um die Einladung Chinas als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse auf, zum Beispiel die Frage nach der Rolle von chinesischen Schriftstellern außerhalb des Schriftstellerverbandes, ihre Veröffentlichungsmöglichkeiten in China und Reisemöglichkeiten zur Buchmesse. Diese Fragen wurden von Moderator Akbar Majit elegant und diplomatisch beantwortet. Er sagte, es sei auch für Nichtmitglieder des Schriftstellerverbandes möglich in China zu veröffentlichen.
Für noch mehr Diskussionsbedarf, vor allem unter den Autoren selbst, sorgte die Frage, wie die anwesende ältere Autorengeneration zu ihren Nachfolgern stehe. Es gäbe einige sehr talentierte junge chinesische Autoren, wie zum Beispiel Annie Baobei, sagte Yang Ke. Sie würden nach Möglichkeit unterstützt und die Zusammenarbeit sei gut. Allerdings fehle vielen jungen Autoren noch die Reife, sie müssten sich erst entwickeln. Ihre Stärke liege derzeit wohl eher im Schreiben von Essays, als im Verfassen langer Romane.
Delegationsleiterin Yang Chengzhi, SHAN Vize Kristina Bodrozic-Brnic, Dolmetscherin Kaja Müller und SHAN Vorsitzende Wan Li.
Als kleines Dankeschön und Erinnerung an ihren Aufenthalt erhielten die Autoren nach Abschluss der Diskussion Heidelberger Studentenküsse.
In ausgelassener Stimmung wurden Diskussionen weiter vertieft, Erinnerungsbilder geschossen, und es bestand die Möglichkeit mit den Autoren einige Worte zu wechseln und einige Glückliche bekamen sogar Bücher als persönliches Geschenk überreicht.
Sylvia Schneider
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Interview mit Qi Dexiang: "Wir bemühen uns, dass Stil und Inhalte der Bücher zu den Ausländern passen."
Herr Qi Dexiang ist Präsident und Chefredakteur der Universitätspresse der Beijing Language and Culture University (BLCU) und war selbstverständlich auch bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse als Repräsentant dabei. Interessierte konnten von ihm mehr über die Verlagsarbeit im sich wandelnden China erfahren. Xu Tao nutzte die Gelegenheit und führte ein Interview für SHAN vor Ort.
Xu Tao für SHAN: Guten Tag, Herr Qi! Ich freue mich sehr, dass ich heute ein Interview mit Ihnen führen kann. China präsentiert sich 2009 als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. Wie finden Sie diese Buchmesse?
Qi Dexiang: In diesem Jahr präsentiert China sich als Ehrengast auf der Buchmesse. Wir alle haben uns gut darauf vorbereitet, nicht nur die 108 chinesischen Verlage, sondern auch das chinesische Hauptamt für Presse und Publikationen. Wir meinen, dass die Frankfurter Buchmesse eine wichtige Plattform ist. China soll diese mehr und besser nutzen, damit sich die Ausländer auf direktem Wege über China informieren können.
Die Universitätspresse der BLCU ist ein wichtiger Verlag für chinesische Lehrbücher. Beim Austausch von Sprache und Kultur zwischen Chinesen und Ausländern spielt diese Universität auch eine wichtige Rolle. Welche Vorbereitungen haben Sie getroffen, um sich an dieser Frankfurter Buchmesse zu beteiligen?
Zuerst haben wir viele Bücher von China nach Deutschland mitgenommen, die den Ausländern gefallen. Diese Bücher wecken das Interesse der Ausländer, die chinesisch lernen wollen. Wir bemühen uns, dass Stil und Inhalt der Bücher zu den Ausländern passen. Zweitens haben wir das Fremdsprachenforum für sie organisiert. Ich habe zum Beispiel gerade ein Forum für deutsche Kinder abgehalten. Das Thema war, wie Kinder leicht chinesisch lernen können. Ich glaube, man sollte mit dem Erlernen von Fremdsprachen in jungen Jahren beginnen. Wir benutzen eine leichte und fröhliche Unterrichtsform, welche auf die Besonderheiten von Kindern gerichtet ist. Die Kinder lernen so spielerisch chinesisch. Ich habe gemerkt, dass es ganz gut funktioniert.
Chinesisch lernen ist jetzt in Europa und der ganzen Welt so populär, wie es früher das Englischlernen war. Was halten Sie von diesem Phänomen?
Ich persönlich denke, dass das im Zusammenhang mit der chinesischen Wirtschaftsentwicklung steht. China entwickelt sich im Vergleich zum Rest der Welt rasant. Seine internationale Stellung ist enorm gestiegen. Je besser und schneller ein Land sich entwickelt, desto mehr Leute interessieren sich für seine Wirtschaft und auch für seine Kultur und Sprache. Meiner Meinung nach ist das ein positives Phänomen, weil Fremdsprachen eine Kommunikationsmethode sind. Wenn man sie beherrscht, kann man eine fremde Kultur schneller und besser kennen lernen.
Herr Qi, haben Sie früher schon an anderen Buchmessen auf der Welt teilgenommen? Unterschieden diese sich von der Frankfurter Buchmesse 2009?
Im Jahr 1998 habe ich mich an einer Buchmesse in Japan beteiligt. Umfang und Form waren nicht so breit und vielfältig. Die Frankfurter Buchmesse ist die größte und beste auf der Welt. Dieses Jahr ist China Ehrengast geworden und ich bin ganz stolz darauf. Unter dem Motto “Tradition und Innovation“ wird ein vielfältiges Programm rund um die chinesische Literatur und Kultur präsentiert. Ich glaube, dass auf der Buchmesse ein insgesamt positives Fazit für China gezogen wird. Es ist ganz toll, nicht war?
Waren Sie früher schon mal in Deutschland? Wie finden Sie Deutschland und die Deutschen?
Ich bin das erste Mal nach Deutschland gekommen und finde Frankfurt am Main schön. Es sieht Peking irgendwie ähnlich. Vielleicht sind alle Metropolen auf der Welt ähnlich. (Er lächelt.) Die Deutschen sind sehr ordentlich und pünktlich.
Zu dieser Buchmesse sind 108 chinesische Autoren nach Frankfurt gekommen. Manche sind sehr berühmt in China, beispielsweise Yu Hua, Mo Yan, A Lai und Tie Ning. Sind Ihre Lieblingsschriftsteller und -werke hier vertreten?
Nein, leider nicht. Ich interessiere mich nur für klassische chinesische Literatur, wie die Vier Klassiker. „Die Reise nach Westen“ ist mein Lieblingswerk. Ich finde, dass es zur klassischen Literatur gehört.
Sie sind Dr. der Linguistik und Chefredakteur der Universitätspresse der BLCU. Können Sie meinen deutschen Kommilitonen, welche Sinologie studieren, Vorschläge geben, wie man gut chinesisch lernen kann?
Wenn man eine Fremdsprache lernt, muss man zuerst fleißig sein. Dann braucht man viel Übung, am besten mit Muttersprachlern. Anfangs ist es beim Chinesischlernen wichtig viel zu sprechen. Wenn man die Umgangsprache gut beherrscht, wird es einfacher, die Schrift zu lernen. Außerdem finde ich die Umgebung für das Fremdsprachenlernen wichtig. Wer kann, der sollte nach China gehen, um chinesisch zu lernen. Es geht dort schneller und besser.
Herr Qi, vielen Dank für das Interview!
Das SHAN-Interview führte Xu Tao
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Erzählen Sie mal, ... Herr Kaeding
Liebe Leser!
Mit dieser Ausgabe beginnt eine Vorstellungsreihe von InstitutsmitarbeiterInnen des Sinologischen Instituts des Zentrums für Ostasienwissenschaften. Oft begegnen wir einander in den Fluren, in der Bibliothek und in den Unterrichtsräumen, und wissen doch nicht, wer uns gegenübersteht. SHAN hat es sich zur Aufgabe gemacht mit der Reihe „Erzählen Sie mal, …“ den offenen Fragen eine Antwort zu geben und wir begrüßen Vorschläge zu den nächsten Kandidaten.
Malte Kaeding hatte im Februar 2007 seinen Magisterabschluss in den Fächern Politikwissenschaft und Moderne Sinologie in Heidelberg gemacht. Derzeit ist er Doktorand an der Hong Kong Baptist University (HKBU). Malte Kaeding befasst sich in seiner Forschung mit dem Thema der Identitätskonstruktion im Wahlkampf in HK und Taiwan. Viele Studenten kennen ihn aus seinem Seminaren, Übungen und Vorträgen zur Politik Greater Chinas.
SHAN: Wann warst Du das erste Mal in China?
MK: Ich war das erste Mal in Hongkong 1996. Das zählt aber nicht, da es damals noch britische Kronkolonie war. Später war ich ein Jahr in Taiwan. Das erste Mal in China war ich erst 1999.
1996! Das war noch vor Deinem Studium. Ist aus diesem Besuch Dein Interesse an deinem Studienfach erwachsen?
Unter anderem ja.
Welchen Eindruck hattest Du von Hongkong bei Deinem ersten Besuch?
Ich fand es war eine sehr interessante Mischung aus britischem und chinesischem Einfluss. Und das hat mich fasziniert.
Gab es ein besonderes Erlebnis 1996?
Es hat mir einfach viel Spaß gemacht, aber ein konkretes Erlebnis gab es nicht unbedingt. Ich weiß noch, dass ich überrascht war, als ich aus dem Flughafen kam. Das war noch der alte Kai Tak Flughafen. Da kommt man direkt mitten in der Stadt in Kowloon-City raus. Kowloon-City ist so, wie ich mir China immer vorgestellt hatte, mit den riesigen Werbetafeln, und alles ein bisschen chaotisch. Außerdem hat mich das britische Flair damals fasziniert, wie zum Beispiel der Star-Ferry Pier mit seiner Inschrift: „Don’t panic – ferries every 5 minutes“ – leider gibt es den Pier nicht mehr. In Taiwan habe ich zum Beispiel die Wahlen von 1998 in Kaohsiung mitgemacht, als Hsieh Chang-ting gewählt wurde. So wurde mein Interesse für Politik geweckt. Am Institut hatten wir bis dahin erst wenig über Taiwan gelernt, und deshalb war es schon sehr faszinierend als wir rüber flogen und gleich mitten im Wahlkampf waren.
Ich erinnere mich, dass Du in Hongkong auch an einer Demonstration teilgenommen hast.
Ja, als ich Austauschstudent an der University of Hong Kong war, bin ich auf ein paar Demos gegangen, unter anderem war ich auch auf der jährlichen Gedenkveranstaltung zum Tiananmenmassaker. Auch bei meinem jetzigen Aufenthalt bin ich wieder auf einigen Demos gewesen, zum Beispiel für direkte Wahlen im Jahre 2012. Das macht immer Spaß.
Wenn Du an den Demos teilnimmst, behandeln Dich die Leute dann wie einen von ihnen, oder sehen sie in Dir einen Ausländer, der Aufklärungsbedarf hat?
Ja, das kommt immer darauf an mit wem man hingeht. Wenn man mit Hongkongern hingeht, wird man weniger beachtet. Einmal bin ich beispielsweise zusammen mit Ole Grogro, der 2007/8 Austauschstudent in Hongkong war, zu einer Demo gegangen. Damals waren wir auf der Veranstaltung für freie Wahlen im Jahre 2012. Wir haben alle Regenschirme bekommen, die wir aufspannten um die Zahlen „2012“ zu verdeutlichen. In unserem Bereich waren nur wir drei Ausländer, Ole, seine Freundin und ich, und die Leute kamen auf uns zu und haben versucht uns die ganze Veranstaltung zu erklären. Später bin ich dann noch alleine mit der Demonstration weiter marschiert. Man marschiert immer vom Victoria-Park zum Regierungshauptsitz. Auf dem Weg habe ich mit vielen Hongkongern gesprochen und einige haben mir eine Taiwan Flagge in die Hand gedrückt. Ihre Argumentation war, wenn Taiwan Demokratie hat, sollte Hongkong sie auch haben. Bei solchen Aktionen fühlt man sich als ein Teil des Ganzen, aber im Endeffekt ist klar, dass man nie wirklich dazugehört. Als Ausländer ist man eher Beobachter, und man kann ja auch irgendwann wieder die HKSAR verlassen und ist nicht dieser Regierung ausgeliefert.
Jetzt hast Du insgesamt einen sehr positiven Eindruck geschildert. Gibt es auch Dinge, die Du kritisch siehst, oder die Dich traurig machen?
Das schlimmste was ich bisher erlebt habe war im letzten Jahr, als die Olympische Flamme nach Hongkong kam. Mit dem schrillen Patriotismus und Nationalismus, der in der Stadt herrschte, kam ich überhaupt nicht klar. Das war wirklich schlimm. Am Tag des Fackellaufs ging ich die zehn Minuten von der U-Bahnhaltestelle zum Campus zu Fuß. Auf dem Weg kamen mir Unmengen von jungen Festlandschinesen entgegen, alle Studenten an unserer Uni, mit passenden T-Shirt-Aufschriften, wie “Vorwärts China” (Zhongguo Jiayou). Ich bin dann in mein Wohnheim gegangen und hab aus Protest extra mein T-Shirt mit der Aufschrift Taiwan to the UN angezogen. Im Büro habe ich anschließend mit ziemlich schlechter Laune gearbeitet. Die ganze Atmosphäre war sehr unheimlich und unangenehm. Als Deutscher ist man da sehr sensibel. Plötzlich hörte ich Geschrei, das von draußen kam. Ich sah aus dem Fenster, und auf dem Vorplatz des Gebäudes standen Angestellte und Professoren der Universität in drei Reihen und schrien die ganze Zeit „Vorwärts Hongkong! Vorwärts China!“, und winkten dabei mit VR China Flaggen. Ich war geschockt, dachte ich doch an der Universität sollte man sich etwas von der ganzen Sache etwas distanzieren. Zusammen mit einem jungen Professor aus Polen, der bei uns in der Politikwissenschaft neu angefangen hatte, haben wir uns dann die Veranstaltungen angesehen. Sein Kommentar war ein trockenes „That’s scary!“, dem ich nur zustimmen konnte. An diesem Tag war die Stimmung in der Stadt sehr aufgeheizt, da wochenlang zuvor nur Propaganda gemacht wurde für die “Heimkehr der Flamme nach Hongkong”. Außerdem wurden auch viele Leute zur Unterstützung aus Shenzhen rübergeholt, und Kollegen haben mir erzählt, dass manche, die beim Fackellauf für Demokratie demonstrierten, körperlich angegangen wurden. Vielleicht wollte die Hongkonger Regierung dem Regime in Peking zeigen, dass sie auch patriotisch sein können, so wie damals Shanghai nach 1949. Aber, dass es an der Uni auch so fanatisch zugehen könnte, hätte ich nicht gedacht. Das sind ja eigentlich alles intelligente Leute.
Liegt es vielleicht auch an daran, dass es eine jüngere Generation war, die die Hongkong Identität nicht mehr so wirklich aufgenommen hat?
Das mag natürlich auch ein Grund sein. Aber die Angestellten der Uni waren alle zwischen Ende Zwanzig und Mitte Fünfzig, das heißt sie wuchsen noch ohne patriotische Erziehung auf. Dass gerade sie so mitgemacht haben, hat mich sehr geschockt. Allerdings gehörten zu den positivsten Erlebnissen die Demonstrationen, bei denen man den Eindruck hat, dass es in Hongkong noch genügend Leute gibt, die gegen die Kommunisten und für Demokratie sind. Dies hat man ja auch bei dem diesjährigen Tiananmen-Gedenken gesehen, an dem 150.000 Leute teilnahmen, unter anderem auch viele Jugendliche. Aber manchmal habe ich das Gefühl, dass unter den Studenten Festlandschinesen und Taiwanesen im Bezug auf politische Forderungen mehr wagen, engagierter sind und nicht gleich alles auf eventuelle Machbarkeit reduzieren. Kollegen aus China meinen, Hongkonger Studenten haben immer noch viele Freiheiten im Gegensatz zu den Festlandsstudenten, und wüssten nicht, wie es sei keine Freiheit zu haben. Das hatte mich schon bei meinem ersten Hongkong Aufenthalt geärgert, denn meine Hongkonger Freunde haben oft gegen „Long Hair“ (Leung Kwok-hung) und seine politischen Aktionen gewettert und haben nicht verstanden, dass man für Demokratie eben auch kämpfen muss, und das ständig.
Hongkong, wie Du es 1996 gesehen hast und wie es jetzt ist: Was sind die drei wesentlichen Unterschiede?
Es ist wirklich eine Festländisierung eingetreten. Als ich 2001/2002 als Austauschstudent da war, konnte man fast kein Mandarin sprechen und jetzt kann man es eigentlich fast überall. Das hat sich seit 2003 massiv geändert, nachdem die chinesischen Touristen in großen Zahlen rüberkommen konnten. Ständig hört man jetzt Hochchinesisch und man sieht auch vermehrt Kurzzeichen im Alltag. Die Ansagen in der U-Bahn sind jetzt auch auf Mandarin. Im kulturellen Bereich merkt man ebenfalls ganz stark, dass Hongkong ein Teil von China ist und auch das Regime in Peking viel positiver beurteilt wird. Es hat sich nichts zum Guten geändert, um es so zu sagen. Und im Zusammenhang mit der Umwelt ist sowieso alles erheblich schlechter geworden.
Was für ein Hongkong werden die Studenten in zehn Jahren sehen?
Ich denke, durch die patriotische Schulbildung und mit Chinas steigendem Aufstieg, wird sich Hongkong immer stärker ans Festland anschließen, das ist auch politisch gewollt. Die Festländisierung, Integration und wirtschaftliche Abhängigkeit wird weiter voranschreiten. Es gibt dennoch weiterhin genügend Leute, die das kritisch sehen, aber langfristig wird es nicht so einmalig bleiben, wie es jetzt noch immer ist.
Wann machst Du deinen Doktor?
Das ganze ist ein dreijähriges Programm, das Stipendium geht bis Ende September 2010 und ich hoffe, dass ich bis dahin fertig bin. Das hängt jetzt natürlich von den aktuellen Untersuchungen ab, ich muss jetzt noch eine ganze Reihe von Interviews machen und auswerten. Da kann immer etwas dazwischen kommen.
Was kommt dann?
Wenn es geht, würde ich gerne wieder nach Deutschland oder Europa zurückkommen. Aber man muss sehen, wo man etwas bekommt, momentan ist ja alles etwas schwierig. Von der Idee her ist es zudem auch relativ schwierig in Hongkong zu bleiben. Wenn man als Ausländer über Hongkong forscht und dass dann den Chinesen beibringen will, ist das nicht einfach eine Stelle zu finden, da gibt es vor Ort genug Experten. Das ist so, als wenn man als Chinese hier deutsche Innenpolitik studiert hat, da stellt einen später auch keiner an einer deutschen Uni ein.
Kannst Du zum Schluss noch ein paar Tipps für Studenten, die sich für ein Studium in Hongkong interessieren, geben?
Wer vor hat sich mit Hongkong zu beschäftigen, dem sei ein längerer Aufenthalt vor Ort auf jeden Fall empfohlen. Experten nahezu aller ‘Greater China’ Themenbereiche und interessante Veranstaltungen mit vielen weltbekannten Gästen, machen einen Aufenthalt überaus lohnenswert — zu Vorträgen an die Universitäten kamen in den letzten Monaten unter anderem Bill Clinton und der ehemalige US-Außenminister Colin Powell, sowie Larry Diamond, Prasenjit Duara, David Bordwell und der Regisseur John Woo. Hongkongs Universitäten verfügen dazu über Ressourcen, die in keinem Vergleich mit der Situation vieler deutscher Hochschulen stehen. Ein Unterschied, der sich jedoch auch für Studenten finanziell bemerkbar macht. Weil die Universitäten alle sehr ökonomisch orientiert sind, bleibt es nicht aus, dass man für vieles, wie Zertifikate, Abschlussprüfungen usw., extra zur Kasse gebeten wird. Die Verwaltung der Universitäten zeichnet sich außerdem nicht gerade durch Flexibilität aus. Unzählige Regularien und teilweise abstruse Verordnungen können sehr viel Zeit, Energie und die eigenen Nerven in Anspruch nehmen. In dieser Hinsicht ist die Baptist Universität nicht sehr zu empfehlen. Wer sich davon aber nicht abschrecken lässt, der kann sich nicht nur auf interessante und relevante Themenbereiche von hohem akademischem und tagespolitischem Wert freuen, sondern auch auf einen engen Kontakt zu den Professoren, zuvorkommende Mitarbeiter in den Instituten und aufgeschlossene Studenten.
Herzlichen Dank Malte Kaeding!
Das SHAN-Interview führte Kristina Bodrozic-Brnic.
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SHAN-Workshop: Chinesisch als Fremdsprache für Kinder und Jugendliche
Großen Anklang und viel positives Feedback erhielt die vom SHAN-Schulteam organisierte Fortbildung „Chinesisch als Fremdsprache für Kinder und Jugendliche“ mit Leiterin Dr. Christina Neder, Chinesischdozentin der Geschwister-Scholl-Gesamtschule (GSG) Dortmund.
Im Mittelpunkt des Workshops standen Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung und didaktische Tipps für den Fremdsprachenunterricht mit Kindern und Jugendlichen unter Beachtung lernpsychologischer Voraussetzungen dieser Altersklasse. Frau Dr. Neder studierte Sinologie, Buch- und Bibliothekskunde und Soziologie in Erlangen, Peking und Bochum und ist seit Februar 2005 als Lehrerin für Chinesisch und Sozialwissenschaften an der GSG tätig.
Die Aufarbeitung und Umsetzung eines gegebenen Unterrichts- entwurfes versetzte die Teilnehmer des Workshops selbst in die Lage eines Chinesischlerners. Methoden des Lehrens der chinesischen Sprache wurden nach Stärken und Schwächen diskutiert und kritisch abgewägt. Besonders viel Wert sollte auf einen variierenden Methodenwechsel im Unterricht gelegt werden, welcher die Chinesischlernenden bei der Verinnerlichung mit allen Sinnen unterstützt und den Spaß am Fremdsprachenunterricht fördert. Methoden aus den Bereichen „visualisiertes Lernen“, „ganzheitliches Lernen“ durch Bewegung im Unterricht, „Lernen durch Lehren“, „Gruppenarbeit“ und weitere, stellen Wege dar, die das Lernen der chinesischen Sprache erleichtern sollen. Umgesetzt werden diese beispielsweise durch Inszenierungen eigenständiger, kleiner Rollenspiele, Dialoge, die während eines Spaziergangs außerhalb des Klassenraums stattfinden oder das Lösen von Aufgaben mit wechselnder Partnerarbeit. Anschauliches Lehrmaterial für den Chinesischunterricht, angepasst an das Alter der jeweiligen Zielgruppen, und die Kombinationen des Methodenwechsels sollen dann zu einem interessanten ausgewogenen Angebot für Chinesischlerner führen.
Auch die Realisierung von kurzen Theaterstücken, Liedern oder Musicals stellt eine Art der aktiven Beteiligung der Lernenden dar, und trägt besonders zur Motivation und positiven Erfolgserlebnissen von Schülern bei, die sich für eine „exotische“ Sprache wie Chinesisch entschieden haben. Neder sprach auch hier aus eigener Erfahrung, denn sie hatte bereits erfolgreich „Das Dschungelbuch“ und „Schneewittchen“ mit ihren Schülern als Theaterstück auf die Schulbühne gebracht.
Der lebhafte Vortrag der erfahrenen Lehrerin stieß bei dem gemischten Publikum auf große Begeisterung und sorgte für rege Beteiligung in den Arbeitsgruppen innerhalb der Fortbildung.
Neder betonte wie wichtig Chinesisch als Unterrichtsfach in Zeiten der Globalisierung sei und dass Chinesisch das Fach Latein sogar bald verdrängen könnte.
Die besten Voraussetzungen dafür leisten die Bildungsministerien beider Länder, indem sie Fremdsprachenassistenten aus China und Deutschland im gegenseitigen Austausch im Unterricht einsetzen. Für Sinologen bestehen neben der Möglichkeit der Fremdsprachenassistenz in China, in vielen Bundesländern ideale Möglichkeiten an Schulen mit Chinesischangebot tätig zu werden. Chinesisch ist seit dem Schuljahr 2005 fester Bestandteil des Fremdsprachenunterrichts an der GSG in Dortmund. Landesweit bieten derzeit knapp zwanzig staatliche Schulen Chinesisch als zweite oder dritte Fremdsprache an.
Wertvolle Links
http://www.fachverband-chinesisch.de/
Kathrin Achenbach
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Rezension: Mark Leonard - Was denkt China?
Was denkt China? In Zeiten, in denen China überall als neue Welt- oder sogar Supermacht gehandelt wird, scheint dies von höchstem Interesse. Der Politikwissenschaftler und Direktor für internationale Politik am Center for European Reform in London, Mark Leonard, ist dieser Frage in seinem neuen Buch nachgegangen. Pünktlich zur Frankfurter Buchmesse (Deutsche Erstveröffentlichung September 2009), auf welcher China Gastland ist, präsentiert er dem Leser auf knapp 200 Seiten Einblicke in das, „was China denkt“. Vorweg gesagt: Leonards Schreibstil ist mitreißend und macht Spaß, weil er ein gewisses Sendungsbewusstsein besitzt, welches schon seine Buchtitel verraten. In seinem ersten Buch „Warum Europa die Zukunft gehört“ hat er eher visionär die weltweite Anziehungskraft des europäischen Modells herausgestellt.
Sein aktuelles Buch handelt nicht vom Gedankengut des chinesischen Volkes oder der Mentalität chinesischer Unternehmer, sondern von der großen Politik. Leonard bezeichnet sich selbst als „Zufallssinologen“, der aufgrund des Phänomens, dass sämtliche globalen Probleme gegen Ende des 20. Jahrhunderts eine „chinesische Dimension“ erhielten, auf China aufmerksam wurde. Infolge einer Gastprofessur an der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften (CASS) geriet er in einen intensiven Austausch mit am Politikformulierungsprozess beteiligten chinesischen Intellektuellen.
Konkret beinhaltet sein Buch die Vorstellungen chinesischer Denker zu den Themen Wirtschaftspolitik, politisches System (Demokratie, Rechtsstaatlichkeit) und Außenpolitik beziehungsweise internationale Politik. Im Schlusskapitel geht er auf Chinas gegenwärtige Rolle auf globaler Ebene ein.
Zum Thema Wirtschaft erfährt der Leser, dass es in der Wirtschaftspolitik nicht nur in Deutschland und den USA, sondern auch in China, trotz Einparteienherrschaft der KP, „Lager“ gibt. In Kurzform heißt das: nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 spaltete sich das Lager der Reformer in die „Neue Rechte“ und die „Neue Linke“. Die neue Rechte, zu denen der VWL Professor Zhang Weiying zählt, hält an einer Entwicklung in Richtung freier Marktwirtschaft fest, wohingegen die neuen Linken, zu denen Wang Hui, ein Ökonom der Tsinghua-Universität, gehört, zwar ebenso für Wirtschaftswachstum eintreten, dies allerdings unter einer stärkeren Berücksichtigung von sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz.
Beim Thema Demokratie gibt es ebenso verschiedene Sichtweisen: Yu Keping, ein inoffizieller Berater Hu Jintaos, hält eine schrittweise Demokratisierung von unten für sinnvoll und experimentiert damit innerhalb der Partei in der Gemeinde Pingchang in Sichuan. Pan Wei hingegen lehnt Demokratie für China ab und meint, dass Taiwan mit seiner relativ gut funktionierenden Demokratie nicht etwa ein Vorbild sei, sondern aufgrund seiner Unabhängigkeitsbestrebungen eher als abschreckendes Beispiel diene. Die Erfahrungen vieler Chinesen während der Kulturrevolution mit „direkter Demokratie“ in Form von Anarchie sowie der Zerfall der Sowjetunion trügen ihr übriges zur Ablehnung einer Demokratie nach westlichem Vorbild bei. Pan Wei favorisiert die Einführung von Rechtsstaatlichkeit ohne Demokratie, was Wang Hui mit dem Hinweis verwirft, dass die Reichen die Justiz und Teile der Regierung im Würgegriff hätten. Daher seien politische Reformen auf lange Sicht hin unabdingbar. Wenn es der Herrschaft der Partei und der Stabilität des Staates nützt, soll es aber nach Pan Wei auf lokaler Ebene durchaus mehr Mitbestimmung in Form von öffentlichen Anhörungen oder durch Umfragen geben dürfen, womit gegenwärtig in einigen ausgesuchten Städten und Gemeinden experimentiert wird, zzm Beispiel in der unmittelbar regierten Stadt Chongqing und der Gemeinde Zeguo in Zhejiang.
Was denkt China über die Außenpolitik und sich selbst als internationalen Akteur? China misst gerne seine Macht im Vergleich zu anderen Staaten. Einig sind sich alle Denker darüber, dass China seine „umfassende nationale Macht“ (Comprehensive National Power, CNP) vergrößern sollte. Über die Methoden zur Erreichung dieses Ziels herrscht aber Uneinigkeit: Die liberalen Internationalisten wie Zheng Bijian treten für einen friedlichen Aufstieg Chinas ein, die chinesischen „Neocons“ oder „Neokomms“ wie Professor Yan Xuetong, Direktor des Instituts für internationale Beziehungen an der Tsinghua-Universität in Peking, sehen die USA als größten Feind und kritisieren das „Appeasement“ der Liberalen. In der Mitte befinden sich Pragmatiker wie Wang Jisi, welche statt von „Aufstieg“ lieber von „Frieden und Entwicklung“ als außenpolitischer Doktrin sprechen.
Im letzten Kapitel zeigt Leonard, warum es schon heute wichtig ist, zu wissen, was in China gedacht wird: Das chinesische Entwicklungsmodell, wonach Wirtschaftsreformen vor (oder auch ohne) politischen Reformen erfolgen können, wird als Vorbild nach Afrika, in asiatische Regionen und nach Südamerika exportiert. Besonders in autokratischen Regimen ist das chinesische Modell beliebt, da es den Herrschenden Wirtschaftswachstum bei Beibehaltung der Diktatur verspricht. Westliche Entwicklungshilfe oder Hilfen des Weltwährungsfonds, welche meistens an politische Reformen gekoppelt sind, verlieren hingegen ihre Attraktivität. Durch Chinas regionale Kooperation mit dem ASEAN-Regional Forum und der Shanghai Coorporation Organization (SCO) bildet es außerdem einen Gegenpol zu den Hegemonialansprüchen der USA und der westlichen Welt. China gewinnt also nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch an Einfluss.
Auch wenn in Zukunft nicht unbedingt weltweit statt Hamburgern mantou oder jiaozi gegessen werden und CNN nicht von CCTV verdrängt wird, so hält Leonard es durchaus für möglich, dass ein größeres Interesse der Weltöffentlichkeit an den innerchinesischen politischen Debatten und Kandidaten für hohe Staatsämter entstehen wird.
Abschließend lässt sich sagen, dass das Buch einen guten Überblick über fast alle aktuellen politischen Themen Chinas bietet und zum Nachdenken anregt, beispielsweise über Themen für die nächste Seminar- oder Abschlussarbeit.
Mark Lenonard (2009): Was denkt China? (dt. Übersetzung: Helmut Dierlamm)
ISBN: 342324738X
Originaltitel: What does China think?
BvT, Berlin
Arne Kruse
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