Newsletter April 2013 Nr. 69
INHALT
Krisenmanagement in China
Was sind "Glückseligkeitspartikel mit chinesischen Charakteristika"? Wie wird Life of Pi zu Life of Pig? Solche Auswüchse aktueller Krisen in China werden in einem Kurs an der Tsinghua besprochen. Doch zuvor wird noch Meditationsmusik gespielt...
Restaurantkritik: Hot Pot House
Bereits Ende letzten Jahres feierte das einzige Hot Pot Restaurant in Heidelberg Neueröffnung. Grund genug für unser PR-Team, es einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Drei Verhaftungen im Jahre 1933: Hu Lanqi, Egon Erwin Kisch und K. A. Wittfogel
Dr. Thomas Kampen berichtet über die Inhaftierungen der chinesischen Studentin, des tschechischen Journalisten und des deutschen Sinologen infolge der Reichstagsbrandverordnung von 1933.
Sprachkolumne einmal anders
Begeben sie sich mit Fabian Lübke auf die Suche nach Schriftzeichen in den Bildern der Shanghaier Studentin Zhu Rencen.
Rezension: The Hermit of Beijing
"The Hermit of Beijing" ist die Biographie eines geheimnisumwobenen, gewieften Fälschers - eines englischen Barons, der sich während und nach des Boxeraufstandes in China umtrieb.
Seminar: "China - Chance oder Risiko für den europäischen Markt" - SHAN in Berlin
SHAN berichtet von dem durch die Europäische Akademie Berlin veranstalteten Seminar: „China-Chance oder Risiko für den europäischen Markt“. Fachleute aus den Bereichen Wirtschaft und Politik haben dort über aktuelle Themen rund um die VR China und ihre Beziehungen zu Deutschland und der EU informiert.
Krisenmanagement in China
Professor Peng Zongchao (彭宗超) legt vor Unterrichtsbeginn immer gerne nochmal ein paar Minuten meditative Musik auf. Er bereitet seine nach und nach eintrudelnden Stundenten mit Klangschalen und Sitarklängen auf die nächsten zwei Stunden spirituell vor, in denen er absolute Konzentration von ihnen verlangen wird. Und tatsächlich scheint während der nächsten zwei Stunden niemand auf seinem Notebook nebenbei Leute auf Renren zu stalken oder Sachen in irgendwelchen Onlineshops einzukaufen – dafür bleibt keine Zeit. Unaufmerksamkeit kann in diesem Unterricht ein Menschenleben kosten. Aber das liegt nicht etwa daran, dass Peng Zongchao bei der Disziplinierung seiner Studenten manchmal das Temperament durchgehen würde. Ganz im Gegenteil. Auch ohne medititative Musik ist er die Ruhe selbst. Er unterrichtet mit sanfter Stimme und geht dabei gemessenen Schrittes durch den Raum. Er verliert keine Worte. Ein Chengyu jagt das Nächste – die vorwiegend aus vier Zeichen bestehenden Redewendungen erweisen sich hier oft als extrem dichte Komplexe von Bedeutungen. Ich komme nur deshalb mit, weil sie die zusammenfassenden Stichworte auf den PowerPoint-Folien sind. Kurz und bündig. Peng spricht leise, aber deutlich. Manchmal mehr zu sich selbst. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass er gleichzeitig neben uns im Klassenraum sitzt und sich sehr genau nochmal selber zuhört, vielleicht genauer als wir. Und vielleicht geht es ihm dabei manchmal wie mir und er ist selber milde erstaunt, was und besonders wie er uns was gerade so seelenruhig lehrt. Aber Seelenruhe zu bewahren ist Grundvoraussetzung für unser Thema. Peng Zongchao unterrichtet Krisenmanagement an der Tsinghua-Universität in Peking.
Zufällig ist in Peking gerade Krise. Man kriegt sie, wenn man nach Atem ringt. An manchen Tagen kommt es einem vor, als ob man die kleinen Partikel spüren könnte, die man gerade inhaliert – im digitalen Volksmund auch als die „fröhlichen Partikel mit den chinesischen Charakteristika“ (中国特色幸福颗粒) bekannt, um nur eine der humorvollen Wendungen zu nennen, die gerade auf den Microblogs kursieren. Klassfiziert als PM2.5 (auch bekannt als „Senkt-die-Lebenserwartung-um-25%“-Index, BIP-Index oder „ich-steh-direkt-vor-dir-aber-du-kannst-mich-nicht-sehen-Index“) haben die Teilchen einen Durchmesser von weniger als 2.5 Mikrometern. Peng macht PM2.5, bzw. den allgemein vorherrschenden „Dunstnebel“ (雾霾), gleich zu einem der Fallbeispiele der ersten Sitzung. Er beginnt damit, einen Teil der umfassenden Berichterstattung an die Wand zu werfen, die seit Mitte Januar durch alle wichtigen Medien gerollt ist (einschließlich People’s Daily und CCTV). Anders als die Bodenbelastung kann die Luftverschmutzung kein „Staatsgeheimnis“ bleiben. Dann lenkt Peng den Blick in die ausländischen Medien. Ein US-Fernsehmoderator mimt einen hustenden Pekinger Politiker und erntet beifälliges Gelächter. Es folgen sarkasmenreiche Ausschnitte aus Microblog-Treads und entrüstete Bürger. Fotos von Leuten, die die Nebeldichte mit ihren Iphones fotografieren. Wir hören einen neuen Popsong über das Leben und Leiden in der Pekinger Smogosphäre. Schon im April 2012 war PM2.5 das Motto des unweit der Universität im Haidian-Distrikt stattfindenden Midi Music Festivals gewesen, doch die damalige Verschmutzung verblasst im Vergleich mit den jüngsten Rekordleveln im Januar. Zusammen mit der miserablen Wasserqualität und den vergifteten Nahrungsmitteln, die momentan in aller Munde sind, sorgt der Smog für eine kontinuierliche Dreifach-Chance auf Krebs. Und was die Luft betrifft, könne man sich dem Krebsrisiko auch mit allem Geld nicht entziehen, wie der Milliardär und Alibaba-Chef Ma Yun (马云) jüngst auf seinem Blog zu Bedenken gab. Ma prognostizierte, dass es in spätestens zehn Jahren in jeder chinesischen Familie Fälle von Krebs geben würde, aber das erscheint vielen noch zu optimistisch. In einem Artikel vom 31. März wurde auf Yicaiwang (一财网) sogar die horrende Zahl von 1.23 Millionen PM2.5-Toten für das Jahr 2010 behauptet. Tja, hie und da schnappt man durchaus ein sarkastisches 离开北京 oder 逃离北京 auf – aus Beijing flüchten. The people are not amused, wie es scheint. „Was tun?“ fragt also Peng Zongchao in die Runde. Wie könnte die Regierung diese Krise schnell und erfolgreich handhaben? Umweltvorschriften zu verschärfen und durchzusetzen ist ein guter Plan, aber das dauert viel zu lange, Krisen dulden keinen Verzug - „alle Autos in Peking verbieten!“, schlägt eine Kommilitonin vor; „Alle Fabriken anhalten!“ wirft ein anderer ein. Peng nickt belustigt. Während dieser Sitzung vertrug sich das zwar noch schlecht mit der von der Regierung kontinuierlich proklamierten No.1-Priorität auf Wirtschaftswachstum, aber das sollte sich ja schon ein paar Tage später laut Wen Jiabao’s letzter Ansprache vor dem nationalen Volkskongress am 5. März ändern. „Aber wie bringt man den Leuten eine Krise bei?“ fragt Peng. „Und auf welche Weise sollte über eine Krise gesproch werden?“ „Auf Ehrliche!“ kommt es von allen Seiten. Wie wir im Verlauf der nächsten Stunden anhand zahlreicher Fallbeispiele sehen werden, ist dieser Punkt in China, wie auch in den meisten anderen Ländern, von jeher mit Schwierigkeiten verbunden. Die chinesische Regierung ließ über die korrekten Werte der Luftverschmutzung so viel verlauten, wie die demokratisch gewählte Regierung Japans über die korrekten Werte der radioaktiven Verseuchung während des Fukushima-Desasters. Hiobsbotschaften färben ihren Verkünder und sind überall gleichermaßen unbeliebt. „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt“, heißt es im Deutschen, und 有备无患 im Chinesischen (gleichwohl „Erkennen“ in der Krisenmanagementtheorie natürlich nur die erste von mehreren Stufen darstellt), doch was passiert, wenn die Gefahr unter Verschluss gehalten und niemand vorgewarnt wird? Dann kommt es zu Tragödien wie im Januar in Handan, Hebei Provinz, wo in Unwissenheit gelassene Bewohner fünf Tage lang vergiftetes Wasser tranken. Oder Ungewissheit macht sich breit und brütet Gerüchte (谣言) und Verschwörungstheorien (阴谋论) aus, die es manchmal sogar schaffen, die wirkliche Katastrophe noch zu überbieten – so zum Beispiel 2005, als nach der Explosion einer Chemie-Fabrik in Jilin Giftstoffe in den Songhua-Fluss gerieten. Die Provinzregierung hielt den Zwischenfall unter Verschluss und begünstigte dadurch das Ausbrechen einer Massenpanik unter den Einwohnern der Provinzhauptstadt Harbin, die ein nahendes Erdbeben befürchteten. Nebenbei ließen die ersten Verantwortlichen die Gifte stillschweigend in die Nachbarprovinz Heilongjiang hinüberfließen. War dann deren Problem, und danach das von Russland.
Aber es scheint auch Situationen zu geben, in denen man vielleicht wirklich besser mal den Mund hält, bevor man die Krise mit dreist-provokanten Äußerungen noch weiter anheizt. Unter den zahlreichen Negativbeispielen, die Peng in seiner Sitzung über die sprachlichen Feinheiten und No-Gos von offiziellen Krisenstatements anführt, begegnen wir unter anderem dem Ex-Sprecher des Eisenbahnministeriums Wang Yongping (王勇平) und dem Sprössling von Li Gang (李刚), der mit einem eigens nach ihm benannten „Zwischenfall“ geadelt wurde (der sogenannte “我爸是李刚”事件). John J. Mearsheimer, einer der Stars unter den US-Theoretikern der internationalen Beziehungen, geht in seinem neusten Buch sogar noch einen Schritt weiter und propagiert am Beispiel der Kuba-Krise die Existenz von „edlen Lügen“ (noble lies) als adäquate Mittel des Krisenmanagements, sei es auch in den abgeschwächten Formen der Zurückhaltens von Informationen (concealment) oder des Hoch-/herunterspielens bestimmter Aspekte (spinning). Peng fasst das alles unter “瞒天过海“ zusammen, zieht jedoch ein galanteres „statt Worten Taten sprechen lassen“ vor (行胜于言). Und sind Operationen nicht einfacher, wenn sie ohne Bewusstsein und Partizipation der Patienten geschehen? Dem Krisenmanagement in der Volksrepublik stehen auch ohne Partizipationsrechte genügend Hindernisse im Weg – jeder effektive Schritt ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein potentieller Tritt auf eingeschlafene Füße.
Peng zeigt auf, wie der bürokratische Sumpf (繁文缛节) überbrückt werden kann, indem Krisengremien einberufen (召开危机会议) und die verschiedenen Institutionen kurzfristig in eine gemeinsame Zwangsjacke gesteckt werden. Es geht um Sekunden – wieviel Zeit bleibt da noch für die wissenschaftliche Konsolidierung der Maßnahmen durch Experten? Peng überlässt uns fröhlich dem Ausnahmezustand und der Debatte darüber, ob die Dezision des Krisenmanagers so einschneidend sein muss (当机立断), wie es die lateinische Wurzel des Begriffs nahelegt. Um Inspirationsquellen ist der Professor jedenfalls nicht verlegen –erst neulich diskutierten wir den Abschuss einer von Terroristen gekaperten Boeing 747, die mit Massenvernichtungswaffen und Hunderten von Passagieren an Board Kurs auf Washington nahm. Pate dafür stand ein Ausschnitt aus dem Actionfilm Executive Decision mit Kurt Russell von 1996. Szenarien wie diese bezeichnet Peng gelassen als „Dilemmata“ (矛盾关系), aber in diesem Fall konnten wir mit einer guten (und vermutlich ähnlich realistischen) Lösung kontern, die wir aus einer Szene des neusten Batman-Films entnahmen. In Situationen wie diesen stellt Peng die Frage, die er halb im Scherz gerne als die Primäre des chinesischen Krisenmanagements bezeichnet: Wie das Problem lösen? 怎么办?
Doch Peng Zongchao versteht es auch, alles komplizierter zu machen und mit der Frage des „schweizerischen Krisenmanagements“ die ontologisch-epistemologische Büchse der Pandora aufzumachen – Was ist das Problem? (什么问题?) Dann streut er die verschiedensten Theorien in unseren Krisen-Sandkasten, nur um sie später wieder alle ad absurdum zu führen – denn wer weiß schon, ob sich bei der Ankunft eines "schwarzen Schwans“, foucaultsche Biopolitik und Risk Governance nach Ortwin Renn in der heutigen (Beckschen…) Risikogesellschaft zusammenbringen ließen. 什么? Deutsche Risikoforscher wie der Stuttgarter Professor Ortwin Renn scheinen jedenfalls hoch im Kurs zu stehen. Die gewisse Ironie, die sich damit verknüpft, wird mir gewöhnlich dann bewusst, wenn Peng mich nach der Diskussion eines verheerenden Ausschnitts aus der von Erdbeben und Überschwemmungen geprägten chinesischen Geschichte sehr höflich dazu einläd, einmal von der Lage in Deutschland zu erzählen, und mir nichts Schlimmeres als Elbhochwasser einfällt.
Aber was ist an der Sache denn so schrecklich „minggan“? In der chinesischen Geschichte hatten Naturkatastrophen oft politische Katastrophen im Schlepptau. Das ist auch heute nicht vergessen, denn dem ist durchaus noch immer so. Katastrophen publik zu machen bleibt eine heikle Angelegenheit. Wie an allen Orten, werden sie von denjenigen, die aus ihnen unangenehme Konsequenzen ziehen müssten, solange wie möglich heruntergespült, bis dann irgendwann Tausende von toten Schweinen auf der Wasseroberfläche auftauchen und Millionen wütender Blogeinträge auf Sina Weibo erscheinen. Der Sinologe und Politikwissenschaftler Sebastian Heilmann bezeichnete die die KPCh in einem kürzlich veröffentlichten Artikel als „fragiles Nervensystem“ mit „eigenständig agierenden Organen“, dem eine höhere Reaktionsschnelligkeit als jeder hierarchischen Organisation einzuräumen sei. Der Haken sei dabei nur, so Heilmann, dass das „Zentralhirn“ nur noch über eine „grobe Impulssteuerung“ verfüge, jedoch nicht über die „Feinkontrolle gegenüber der Aktivität der Gliedmaßen“. Wie ist es im Krisenzustand bestellt? Peng Zongchao weiß an zahlreichen Beispielen aufzuzeigen, dass die betroffene Bevölkerung sich im Ernstfall oft nicht zu Helfen weiß und wie gelähmt ist. Das liegt unter anderem an den zu spät kommenden Warnungen, sicherlich aber auch nicht zuletzt an der weitgehenden Blockierung einer Zivilgesellschaft, die sich selbstständig organisiert. Während betroffene lokale Gemeinden in China meist passiv auf eine Regierung angewiesen sind, die vorerst selbst noch den Überblick über die Situation gewinnen muss, macht man sich in anderen Ländern mit immer größerem Erfolg die Potentiale des Crowdsourcings zu Nutze. Während jüngerer Krisen in Kenia und Haiti konnten sich Freiwillige mit open source-Software wie Ushahidi digital als Standby Task Forces (SBTF) organisieren, und den Einwohnern der betroffenen Gebiete Kommunikationsplattformen und Kartenmaterial zur Verfügung stellen. Dadurch wurde es möglich, Informationen und Geodaten unter Hilfsbereiten und Hilfsbedürftigen in kürzester Zeit zu aggregieren und auszutauschen, und dem Hilfsmob ein „geteiltes Bewusstsein“ (shared awareness) einzuimpfen. Trotz des subversiven Potentials dieser Plattformen, ließ man eine solche SBTF auch während der Pekinger Überschwemmungen im Juli 2012 gewähren, die auf dem sozialen Netzwerk Guokr.com Karten mit Gefahrenzonen und Überlebensratschläge verbreitete. Die Aktion hatte großen Erfolg und wurde von Xinhua mit einem lobenden Artikel bedacht.
Auch Peng Zongchao bekundet seine Wertschätzung für den Eifer und den „Heroismus“ (豪气) der spontanen Aktivisten, doch hält er weitere Schritte, die Bevölkerung zu informieren und mit Krisensituationen vertraut zu machen, für dringend notwendig. Während der Überschwemmungen in Beijing gefährdeten übereifrige Aktivisten Fußgänger und Fahrradfahrer, indem sie beispielsweise, um das Wasser abfließen zu lassen, Kanaldeckel entfernten. So viel Selbstvertrauen, so viel Tatendrang. In unserem Krisengremium hagelt es Vorschläge und heiß werden die Fälle debattiert und politisiert.
Peng begreift Krisenmanagement in zwei unterschiedlichen Modellen – das eine ist öffentlich (公共参与), das andere arkan (单项告知). Beide haben ihre Schwächen und er lässt uns mit keiner einfachen Lösung davonkommen. Egal, wie viele vorgefertigte Problemlösungen wir der Geschichte entnehmen und wie schnell wir unsere Entscheidungen treffen – Peng trifft munter alle Vorbeugungen für eine fortdauernde Krise der Unentschiedenheit im Angesicht der Katastrophe.
Jason Franz
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Restaurantkritik: Hot Pot House
Das im Oktober letzten Jahres eröffnete Hot Pot House Shanghai ist das einzige Restaurant in Heidelberg, das den beliebten chinesischen Feuertopf Huoguo fest in seiner Speisekarte anbietet. Selbstverständlich ließ es sich das PR-Team von SHAN nicht nehmen, das Restaurant einmal auf Herz und Nieren zu prüfen.
In der Nähe des Adenauer Platzes, in der Rohrbacher Straße 16 gelegen, ist das Hot Pot House gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Im Gastraum erwartet den Besucher ein schönes Ambiente und definitiv kein hektischer China-Imbiss-Flair. Cremefarbene Stuhlhussen und Tischdecken, klassische Musik, eine beachtliche Deckenhöhe und Säulen im Kolonialstil tragen zu einer ansprechenden Atmosphäre bei.
Die chinesische Bedienung war bei unserem Besuch sehr freundlich und freute sich darüber, uns Sinologen die regional unterschiedlichen Bezeichnungen einer Gemüseart zu erläutern.
Nun aber zum Kernpunkt einer Restaurantkritik: Das Essen. Auf seiner Internetseite wirbt das Restaurant mit „Original Shanghai-Küche“. Sollte einmal keine Zeit für ein gemütliches Hot-Pot-Essen sein, so findet man auf der Karte daher auch allerlei andere chinesische Gerichte. Diese konnten von uns leider nicht getestet werden, allerdings entschied sich eine Gruppe Chinesen am Nachbartisch für einige der Spezialitäten. Dies dürfte als Gütesiegel für die Authentizität der Speisen gelten.
Das PR-Team entschied sich natürlich für den Hot Pot. Zunächst kann man zwischen einer Handvoll verschiedener Saucen für den Hot Pot auswählen, die preislich zwischen 2 bis 3 Euro liegen. Wir entschieden uns für die „Currysauce scharf“, die es für zartere Gemüter auch „ohne scharf“ gibt. Anschließend hat man die Qual der Wahl bei der Bestellung der Einlagen, die zwischen 3 (für Gemüse und Tofu) und 7 Euro (für Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte) kosten. Wir bestellten Tofu, Pak Choi, Scampi und Danjiao. Es gibt auch noch eine große Auswahl an Fleisch- und Fischsorten, sowie weitere Gemüse und Meeresfrüchte. Wir erhielten zu dritt einen Topf mit Flamme, der nach Bestellung auf den Tisch gestellt wird. Die Menge der Sauce und der Einlagen war mehr als ausreichend. Auch am Geschmack ließ sich nichts meckern, alles schmeckte ausgezeichnet und für einen kleinen Moment fühlte man sich, als esse man gerade in China. Der Sud war so lecker, dass wir ihn zum Schluss als Suppe löffelten. Das Tüpfelchen aus dem i sind allerdings die verschiedenen Dips, die man sich für 1,50 Euro an einem Büffet nehmen darf. Dort findet man auch eingelegten Sesam, Frühlingszwiebeln und Knoblauch zum verfeinern der eigenen Dip-Kreationen.
Ein kleiner Tipp für größere Gruppen: Ab sechs Personen kann man ein ganzes Hot-Pot-Menü bestellen, das 15 Euro pro Person kostet. In diesem Preis inbegriffen sind die Hot-Pot-Saucen und große gemischte Platten mit verschiedenen Einlagen, die an den Tisch gebracht werden.
Für unser leckeres Abendessen mit drei Personen bezahlten wir insgesamt 33,20 Euro inklusive zweier kleiner Getränke und einem Glas Wein. Das Hot Pot House Shanghai liegt damit zwar eventuell über dem normalen studentischen Budget, allerdings ist es auch kein Essen für alle Tage. Sucht man ein schönes Ambiente und hervorragenden Huoguo für einen besonderen Anlass, ist man hier genau richtig.
Anna Schiller
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Drei Verhaftungen im Jahre 1933: Hu Lanqi, Egon Erwin Kisch und K. A. Wittfogel
Der bekannte tschechische Journalist Egon Erwin Kisch (1885-1948) war im Frühjahr 1932 nach China gereist, kehrte im Sommer nach Europa zurück und schrieb dann sein Buch China geheim, das am Jahresende erschien (vgl. SHAN Newsletter Mai 2008). Der Autor wurde nach dem Reichtagsbrand am 28. Februar 1933 in Berlin – auf Anordnung des Polizeipräsidenten vom gleichen Tag „im Interesse der öffentlichen Sicherheit“ – verhaftet. Nach Intervention durch tschechoslowakische Behörden wurde er am 11. März freigelassen und ausgewiesen; er ließ sich zunächst in Prag nieder und ging später nach Frankreich und schließlich nach Mexiko. Schon im März 1933 hatte er einen Bericht über den Gefängnisaufenthalt in Berlin-Spandau veröffentlicht.
Karl August Wittfogel (1896-1988) gehörte zu den bekanntesten deutschen Kommunisten und Sinologen der dreißiger Jahre und sollte am gleichen Tag wie Kisch verhaftet werden. Er konnte aber, weil er rechtzeitig gewarnt wurde, Berlin verlassen und versuchte in die Schweiz zu fliehen. Mitte März wurde er jedoch an der Grenze festgenommen und verbrachte die nächsten Monate in mehr als zehn verschiedenen Gefängnissen und Lagern. Im folgenden Winter kam er frei und floh zunächst nach England, reiste aber dann 1935 mit seiner Frau über Amerika nach Japan und China. Im folgenden Jahr erschien sein Bericht „Staatliches Konzentrationslager VII“.
Hu Lanqi (1901-1994) studierte Anfang der dreißiger Jahre in Berlin (vgl. SHAN Newsletter März 2010) und war wie Kisch KPD-Mitglied, beide waren mit Anna Seghers befreundet (vgl. SHAN Newsletter Sept. 2007). Hu wurde im Sommer 1933 festgenommen und veröffentlichte später ein Buch über ihren Gefängnisaufenthalt – Zai Deguo Nülaozhong. Diese Verhaftung wurde auch von Liang Hsi-huey, dem Sohn eines chinesischen Diplomaten bestätigt: „Liang added that the Legation knew the identity of thirteen Chinese Communists in Berlin. […] The German Foreign Ministry and the Prussian Ministry of Interior immediately set to work. Two weeks later, the Gestapo had taken a girl student, Hu Lan-she, into ‘protective custody.’ “ (S. 79)
Hier wird deutlich, daß die Verhaftung rein politisch motiviert war und auf chinesische Initiative zurückging. Allerdings erhielt Hu aus China auch Unterstützung. Einige Prominente - zu denen die Witwe von Sun Yatsen Song Qingling und der Schriftsteller Lu Xun gehörten - protestierten bei der deutschen Botschaft gegen die Festnahme. Nach etwa drei Monaten wurde Hu Lanqi freigelassen und ausgewiesen. Sie verbrachte die nächsten Jahre in Paris, wo sie auch Anna Seghers wiedersah.
Literatur:
Wittfogel, Karl August: Das erwachende China: ein Abriß der Geschichte und der gegenwärtigen Probleme Chinas, Wien, 1926.
Wittfogel, Karl August: Wirtschaft und Gesellschaft Chinas. Produktivkräfte, Produktions- und Zirkulationsprozess, Leipzig, 1931.
Wittfogel, Karl August: Staatliches Konzentrationslager VII : eine Erziehungsanstalt im Dritten Reich, London, 1936.
Kisch, Egon Erwin: China geheim, Berlin, 1933.
Liang Hsi-huey, The Sino-German Connection, Assen, 1978.
Hu Lanqi: Hu Lanqi huiyilu, Chengdu, 1985.
Kampen, Thomas: Chinesen in Europa - Europäer in China: Journalisten, Spione, Studenten, Gossenberg, 2010.
Dr. Thomas Kampen
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Sprachkolumne einmal anders
Die Sprachkolumne kommt heute nahezu ohne Worte aus: Studentin Zhu Rencen aus Shanghai haucht chinesischen Schriftzeichen auf sehr kreative Art und Weise Leben ein. Einige ihrer Bilder werde ich hier in loser Reihenfolge vorstellen. Viel Spaß beim Schriftzeichen suchen!
©Zhu Renzhen
Fabian Lübke
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Catch me if you can - E.T. Backhouse
"Hermit of Beijing" ist zwar keineswegs ein neues Buch, doch es verspricht schnelle, unterhaltsame, gar spannende Lektüre. Es illustriert das Leben eines ungewöhnlichen Englishman im China der späten Qing und Republikzeit in abstrusen Facetten und hat trotz seines Erscheinungsdatums eine gewisse Aktualität. "Hermit of Beijing" rekonstruiert das Leben des vielleicht gewieftesten, geheimnisvollsten und skandalträchtigsten Individuums, das die "Sinologie" je gesehen hat. Es ist die Biographie eines erfolgreichen, konsequenten Schwindlers. Die Geschichte eines Fälschers. Aber auch die Geschichte eines einsamen Mannes.
Der Biograph Hugh Trevor-Roper ist nun bekannt durch seine zeitweise Autorisierung der Hitler-Tagebücher, er war Journalist und Professor für Moderne Geschichte und Master von Peterhouse College Cambridge. Schon sein Bericht über den detektivischen Prozess der Quellensammlung ist beeindruckend - und verleitet zu leichtfertigem Glauben.
Sir Edmund Trelawny Backhouse wurde 1873 in Darlington geboren. Er kam nach einigen Wirrungen 1899 in China an und verblieb dort - seine häufigen Reisen ins Heimatland ausgenommen - bis zu seinem Tod 1944. Als "Sinologe" bekannt wurde er durch seine Mitautorenschaft am einflussreichen und nicht weniger umstrittenen Werk " China under the Empress Dowanger" (1910). Gemeinsam mit dem Journalisten J.O.P. Bland veröffentlichte er im Anschluss außerdem "Annals and Memoirs of the Court of Peking" (1914). Die beiden Bücher waren, wenn auch umstritten, die Referenzwerke über die Wirrungen im Kaiserpalast um die Zeit des Boxeraufstandes. Vor allem das Ersterschienene. Es enthält eine für Sinologen scheinbar wertvolle Quelle: Die Übersetzung des Tagebuches von Jing Shan, eines hohen Offiziellen am Kaiserhof unter Cixi, der über die intimste Politik des Hofes um 1900 Auskunft gibt. Das Tagebuch war angeblich von Backhouse kurz nach dem Aufstand im ehemaligen Haus Jing Shans gefunden worden. Backhouse war nach den Unruhen tatsächlich das Haus zugesprochen worden und er berichtete später - sehr viel später - detailliert von den Umständen seiner Entdeckung. Das Tagebuch enthält intimste Schilderungen der Vorgänge zu Hofe. Vor allem bestimmt und rehabilitiert es die politische Position eines engen Beraters von Cixi, Runglu, dem Backhouse offensichtlich zugeneigt war.
Doch die Echtheit des Tagebuches sowie anderer Texte, die als Quellen für "China under the Empress Dowanger" gedient hatten, wurden schon sehr bald angezweifelt. Unter anderem von Dr. George Ernest Morisson, einem Times-Korrespondenten, mit und für den Backhouse seit seiner Ankunft in China 1899 gearbeitet hatte. Morisson konnte jedoch kein Chinesisch und hätte so, selbst wenn die originale, chinesische Version des Jing Shan Tagebuches jemals aufgetaucht wäre, seine Echtheit nicht überprüfen können. Jeder, der sich mit diesbezüglichen Anfragen an Backhouse wendete, wurde konsequent vertröstet. Genau wie Backhouse widersprüchliche Aussagen über seine Erkenntnis des Wertes des Tagebuches machte, um die späte Veröffentlichung zu begründen, so schaffte er es auch Jahre lang das Original unter Verschluss zu halten und letztlich herausgefordert den Verlust durch Verkauf in Geldnot "zuzugeben". Die Spekulationen über eine mögliche Fälschung zogen sich auf diese Weise über Jahrzehnte hin. Höchstwahrscheinlich hat ein solches Tagebuch nie existiert, genauso wenig, wie es im Besitz Backhouses gelandet war. Trevor-Roper sucht das Leben von Backhouse als das eines notorischen Fälschers zu "entlarven" und so reiht sich auch die Geschichte des Tagebuches in die der Fälschungen ein. Höchstwahrscheinlich hat Backhouse das Tagebuch des Jing Shan, das Herzstück seiner Geschichte des Boxeraufstandes, selber verfasst.
Gestärkt wird Trevor-Ropers Argument durch Backhouse weitere Scoops: Trevor-Roper erzählt Backhouse Leben wie das "Catch me if You Can" eines abtrünnigen Englischen Barons. Dieser Erzählmodus, der Trevor-Roper als Investigativ-Journalist auszeichnet, ist einer der Eigenschaften, die dieses Buch so spannend machen. Obwohl man die teleologische Schreibart des Biographen bald durchschaut, bleibt das Buch aufregend. Man kann sich einer gewissen Schadenfreude ob des Erfolges Backhouse nicht erwehren: So war Backhouse während des ersten Weltkrieges für den englischen Geheimdienst mit Waffenhandel beauftragt. Doch die für viel Geld erworbenen Waffen wurden nie zugestellt. Weniger erfreulich ließt sich der vermutliche Betrug der Bodleian Bibliothek in Oxford, die noch heute die Manuskripte hält, die Backhouse spendete, unter anderem in der Absicht einen Ruf auf einen Lehrstuhl für Sinologie zu erhalten. Einige der Manuskripte wurden als minderwertige Fälschungen bestimmt. Die Biographie strotzt nur so vor ähnlichen Geschichten. Jedem, der Spaß an Kriminalromanen hat und beim Lesen eines solchen immer mal über den Namen eines aus dem Geschichtskurs bekannten Chinesen stolpern will, sei die Lektüre anempfohlen!
Doch warum fälschte Backhouse? Und wie konnte seine Arbeit im Geheimen geschehen? Trevor-Roper beschreibt Backhouse als Exzentriker, einen Menschen, der sich zwar den Gepflogenheiten eines English Gentleman anpassen konnte, der jedoch gerne alleine lebte. Motiviert wurde Backhouses Fälschen jedoch vermutlich durch Geldnot. Backhouse floss das von seiner Adelsfamilie zur Verfügung gestellte Geld nur so durch die Finger. Schon aus Oxford musste er vor Gläubigern fliehen. Dabei scheint Backhouse eine ungeheure Gabe gehabt zu haben, nicht nur neue Vertraute zu finden, die bereit waren ihm Geld zu spenden, sondern diese durch rhetorisches Geschick sehr lange zu vertrösten und sich im äußersten Notfall in Luft aufzulösen. Oftmals verschwand er für Monate von der Bildfläche - häufig auch legitimiert durch sein kränkelndes Wesen. Durch diese spontanen Fluchten kam Backhouse jedoch weit herum: Er besuchte Frankreich, Griechenland, Russland, Japan, womöglich sogar die USA, bevor er in China landete. Auf seinen Reisen lernte er meist die jeweiligen Landessprachen. Damit war er anderen Westlern in China in Fremdsprachen weit überlegen. Trevor-Ropers Beschreibungen seines Charakters ist detailliert, aber vorsichtig formuliert. Sodass man zu dieser in Lebzeiten oftmals unerreichbaren Persönlichkeit eine gewisse Nähe entwickelt.
Backhouse und Blands Buch "China under the Empress Dowanger" war zwar schon bald als verlässliche Quelle ausgeschlossen, doch "sinologisch nachgewiesen" wurde die Fälschung erst 1995 durch Lo Hui-Min, der überzeugendere, da dem Dokument inhärente Argumente findet.
Doch Backhouse größter Scoop wären seine Memoiren geworden - hätten sie vor 2011 einen Verleger gefunden. Backhouse begann auf Anraten seines Vertrauten und Arztes - dem Schweizer Konsul Dr. Richard Hoeppli - seine Memoiren zu schreiben. Wären diese kurz nach seinem Tod 1944 tatsächlich veröffentlicht worden, wären sie vermutlich tatsächlich skandalträchtig gewesen: Sie enthalten Details über Backhouse Liebesleben, unter anderem lebhafte Beschreibungen seiner wenig platonischen Beziehungen mit einer Sammlung an illustren Persönlichkeiten seiner Zeit. Dass Backhouse schon während seiner Studienzeit in Oxford zu einem Kreis an Studenten zählte, die sich der "griechischen Liebe" hingaben, war wohl bekannt. Doch in seinen Memoiren beschreibt er Treffen mit Oscar Wilde, Paul Verlaine und Tolstoy. Doch am spannendsten sind die geheimen Treffen mit Cixi.
Trevor-Roper tut die Memoiren als "pornographische Schriften" ab, als die späte Blüte eines lang im Verborgenen lebenden alternden Homosexuellen. Manche haben Trevor-Ropers negatives Portrait seiner angeblichen Intoleranz Homsexuellen gegenüber zugeschrieben und versucht Backhouse zu rehabilitieren. Doch Trevor-Ropers Bruder Patrick war einer der frühen offen homosexuellen Intellektuellen in England. Die Beziehung zwischen den Brüdern wird auch von Trevor-Ropers Biograph Sisman im Dunkeln gelassen. Fragen die Hughs Sexualität angehen, würden schnell versacken. Nicht ausgeschlossen werden kann solch eine persönliche Motivation, sei sie negativ oder positiv. Der Enttarnung eines Fälschers sollte jedoch ein Reinfall folgen. Nur sechs Jahre später wurde Trevor-Roper durch einen weiteren Tagebuch-Fälscher - Konrad Kujau - zum Narren gemacht. Die Geschichte der Fälscherei wird weiter geschrieben - auch und gerade in China.
Odila Schroeder
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Seminar: "China - Chance oder Risiko für den europäischen Markt" - SHAN in Berlin
Vom 7.-10. April 2013 fand in der Europäischen Akademie Berlin (EAB) in Zusammenarbeit mit dem Verband Ökonomische Bildung an allgemein bildenden Schulen (VÖBAS e.V.) ein Seminar mit dem Titel „China – Chance oder Risiko für den europäischen Markt“ statt. In direkter Nachbarschaft zum chinesischen Botschafter in Deutschland Shi Mingde 史明德 wurde hier im Berliner Stadtteil Grunewald drei Tage lang intensiv über die deutsch-chinesischen Beziehungen, sowie die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage Europas und der VR China im Vergleich, diskutiert. Die Teilnehmer des Seminars setzten sich zum Großteil aus im Verband VÖBAS e.V. tätigen Lehrkräften und Studenten verschiedener Fachrichtungen zusammen, darunter Jura, Politik und Sinologie. Auch die Sinologie Heidelberg war mit drei Studentinnen vertreten (Ren Yijun, Rebecca Göhner und Fabienne Wallenwein).
Das Seminar war so strukturiert, dass Vortragende verschiedener Institutionen in Blöcken zu jeweils 90 Minuten Informationen zu einem mit China oder der Ökonomie in Verbindung stehenden Themen übermittelten und im Anschluss frei mit den Vortragenden diskutiert werden konnte. Zu den Vortragenden zählten unter anderen der Leiter des Referats Asien und Pazifik der Friedrich-Ebert-Stiftung Jürgen Stetten, der Geschäftsführer des Asien-Pazifik-Instituts für Management GmbH und Stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung e.V. der Region Berlin-Brandenburg Jochen Noth und zwei Professoren der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Die Themen umfassten eine sehr große Bandbreite an allem, was mit China und der EU in Verbindung steht, wie Entwicklungen und Herausforderungen im europäischen und chinesischen Wirtschaftsraum, Urbanisierung und Veränderungen in der Landwirtschaft, aber auch Menschenrechte und Umweltprobleme in China.
Ein Höhepunkt des Seminars war zweifellos der Besuch in der chinesischen Botschaft, wo die Teilnehmer des Seminars erstmals durch einen Vertreter des Botschafters empfangen wurden. Der Leiter der Wirtschafts- und Handelsabteilung der Botschaft der VR China in Deutschland, Meng Fanzhuang 孟繁壮, hielt zunächst einen Vortrag über China und Deutschland als Handelspartner und stellte sich dann den Fragen der Seminarteilnehmer. In seinem Vortrag sprach er ganz gezielt grundlegende Ängste von deutscher Seite an, wie beispielsweise die eines unkontrollierten Technologietransfers und eines Abflusses von Know-how durch Spionagetätigkeiten. Gleichzeitig betonte er, dass China auch starke Partner im europäischen Raum benötige, sodass beide Seiten von der Zusammenarbeit profitieren können.
In der nachfolgenden Diskussion kristallisierten sich ganz unterschiedliche Reaktionen auf den Besuch in der Botschaft heraus. Während einige sich in ihren Erwartungen bestätigt sahen, zeigte sich ein Großteil der Besucher positiv überrascht über die Offenheit des Gesandten. So beantwortete er beispielsweise die Frage nach der in der VR China immer noch praktizierten Todesstrafe ganz direkt und ohne Umschweife. Er wies darauf hin, dass 80-90% der Bevölkerung diese unterstützen würden. Die Offenheit des Gesprächs wurde weiterhin von einer Teilnehmerin bestätigt, welche bereits an mehreren Botschaftsbesuchen teilgenommen hatte und dort ganz andere Erfahrungen machen musste.
Insgesamt profitierte das Seminar sowohl von der großen Altersspanne der Teilnehmer, als auch den sehr lebhaften Diskussionen. Besonders im Abschlussgespräch wurde deutlich, dass das Chinabild der älteren Generationen und das der Studenten, besonders auch der Sinologiestudenten, erhebliche Unterschiede aufweist. Es bestand ein Konsens darüber, dass die Berichterstattung in den deutschen Medien oft sehr negativ behaftet ist. Dennoch wurde immer wieder betont, dass eine kritische Betrachtungsweise der Beziehungen und einzelner Prozesse angebracht und notwendig ist.
Die intensive Beschäftigung mit China und den deutsch-chinesischen Beziehungen auf diesem Seminar führte bei vielen Teilnehmern zu neuen Denkanstößen und ist durchaus weiter zu empfehlen. Die EAB informiert auf ihrer Website über solche Veranstaltungen, sodass diese bei Interesse jederzeit wahrgenommen werden können.
Fabienne Wallenwein