Chinesische Doktoranden in Heidelberg – vor einem halben Jahrhundert
In den sechziger Jahren unterhielt die BRD keinerlei diplomatische Beziehungen mit China. Trotzdem gab es hier zahlreiche chinesische Studenten. Heidelberg war besonders bei Juristen beliebt.
In der Universitätsbibliothek gibt es einige Dissertationen aus der damaligen Zeit; hier einige Beispiele – chronologisch geordnet:
Weng, Yueh-sheng
Die Stellung der Justiz im Verfassungsrecht der Republik China
Heidelberg, Univ., Diss., 1966
Shih, Chi-yang
Die Herausgabepflicht des Minderjährigen im (nord-)amerikanischen Vertragsrecht unter Berücksichtigung des Deutschen Bürgerlichen Rechts
Heidelberg, Univ., Diss., 1967
Hwang, Shen-chang
Das Japanische Antimonopolgesetz im Lichte des deutschen Kartellrechts
Heidelberg, Univ., Diss., 1968
Wang, Jen-Huong
Die Konferenz der Vereinten Nationen über Handel und Entwicklung UNCTAD als neuer Faktor in der internationalen Organisation des Welthandels
Heidelberg, Univ., Diss., 1970
Diese Arbeiten wurden alle auf Papier gedruckt und enthielten einen kurzen Lebenslauf, so erfährt man etwas über den Hintergrund der Autoren.
Weng Yueh-sheng wurde 1932 geboren, Shih Chi-yang 1935, Hwang Shen-chang 1936 und Wang Jen-Huong 1939, alle während der japanischen Besatzungszeit auf der Insel Taiwan. Sie begannen ihr Jurastudium in den fünfziger Jahren – also nach der Machtübernahme der Kuomintang (KMT). In den sechziger Jahren kamen sie nach Heidelberg.
Einige spätere Quellen deuten an, dass sie beruflich recht erfolgreich waren:
„Der Prorektor für internationale Beziehungen der Universität, Prof. Norbert Greiner stattete dem taiwanesischen Alumni-Club in Taipei Anfang Oktober einen Besuch ab. Prof. Peter Jen-huong Wang, der Vorsitzende des ‚Vereins der Freunde der Universität und der Stadt Heidelberg‘, gab ihm zu Ehren ein informelles Abendessen mit den Mitgliedern des Freundeskreises. […] Der Verein mit Sitz in Taipei zählt derzeit 39 Mitglieder, darunter einige führende Juristen des Landes wie Verfassungsrichter Prof. Yuen-Sheng Weng. […] Während seiner viertägigen Informationsreise besuchte Norbert Greiner das höchste juristische Gremium Taiwans, den Justiz-Yuan. Dessen Präsident Dr. Shi Chi Yang ist ebenfalls ein "Ehemaliger" und Mitglied des Alumni-Clubs in Taipei.“
In solchen Quellen taucht Hwang Shen-chang nicht auf; er kehrte nicht in seine Heimat zurück, sondern blieb in Deutschland. Er lernte den Heidelberger Sinologieprofessor Wolfgang Bauer kennen und ging mit ihm später nach München. Er unterrichtete und publizierte in Bayern, z.B.:
Bauer, Wolfgang; Hwang, Shen-Chang:
German impact on modern Chinese intellectual history a bibliography of Chinese publications = Deutschlands Einfluß auf die moderne chinesische Geistesgeschichte, ed. by Wolfgang Bauer, co-ed. Shen-Chang Hwang, Wiesbaden, Steiner, 1982.
Er kannte auch Heidelberger Studierende:
Hwang Shen-chang ergänzte - in dem Buch Facies – Facetten, In Memoriam Wolfgang Bauer (1930-1997):
"von Anfang an mit von der Partie waren auch Rudolf Wagner, Lothar Ledderose, Helmut Brinker".
Dr. Thomas Kampen
PS
Shih Chi-yang ist letztes Jahr verstorben: