Internationale Tagung: Hans-Georg Gadamer und die Hermeneutik des Gesprächs
8. April 2015
Veranstaltung findet am Heidelberg Center Lateinamerika in Santiago de Chile statt
Der Heidelberger Philosoph Hans‐Georg Gadamer (1900 bis 2002) und die Hermeneutik des Gesprächs sind Thema einer internationalen Tagung, zu der Wissenschaftler der Universität Heidelberg in Zusammenarbeit mit Forschern der Pontificia Universidad Católica de Chile und der US-amerikanischen University of Notre Dame einladen. Die Veranstaltung, die vom 9. bis 11. April 2015 am Heidelberg Center Lateinamerika in Santiago de Chile stattfindet, wird Gadamer‐Experten aus Europa mit Kollegen aus Lateinamerika und den USA zu einem Ideenaustausch zusammenbringen. Die Teilnehmer werden der Frage nachgehen, welche Tragweite Gadamers Vorstellungen von einer Lehre des Verstehens heute noch besitzt. Dabei geht es insbesondere um eine „Philosophie des Gesprächs“, ohne die seine Hermeneutik nicht vollständig wäre, wie Tagungsleiter Prof. Dr. Peter König vom Philosophischen Seminar der Universität Heidelberg betont.
Nach den Worten von Prof. König hat Gadamer eine solche „Philosophie des Gesprächs“ zwar nie systematisch entfaltet. „Aber zu seinen Grundgedanken gehört es, dass die Hermeneutik von der Erinnerung an die ,Ursprünglichkeit des Gesprächs‘ lebt.“ Der Heidelberger Wissenschaftler verweist in diesem Zusammenhang auf eine von Gadamers zentralen Thesen, nach der Sprache selbst „nur im Gespräch“ ist und jenseits aller Fixierung, Kodifizierung und Literarisierung darin ihre eigene Wirklichkeit besitzt. „Die lebendige, im Wechselspiel gesprochene Sprache bildet sowohl die Quelle wie das Korrektiv für alle sich verhärtenden Formen von Sprache“, so Prof. König. „Erst die Fähigkeit zum Gespräch erhebt den Menschen zur Humanität.“ Ziel der Tagung ist es, den Zusammenhang von Hermeneutik und Gespräch bei Gadamer genauer zu beleuchten und die vielfältigen Dimensionen aufzuzeigen, die Gadamers unablässiges Nachdenken über seine „Erfahrung des Gesprächs“ besitzt.
Zu der Veranstaltung „Hans-Georg Gadamer und die Hermeneutik des Gesprächs“ werden rund 30 Teilnehmer aus den Bereichen Philosophie, Literaturwissenschaft und Geschichte erwartet. Die Referenten thematisieren in ihren Beiträgen unter anderem die spekulative Struktur der Sprache und Gadamers Gesprächsmodell des Verstehens sowie die Grenzen des Gesprächs. Weitere Vorträge befassen sich mit den phänomenologischen Wurzeln von Gadamers Begriff der Sprachlichkeit und mit der Idee des Gesprächs bei Ludwig Wittgenstein und Hans-Georg Gadamer. „Zur Wirkungsgeschichte von Gadamers philosophischer Hermeneutik gehört es, dass sie eine weltweite Ausstrahlung hatte und insbesondere in Lateinamerika stark rezipiert wurde“, betont Prof. König. Nach Angaben des Wissenschaftlers besaß Lateinamerika für Gadamer selbst eine besondere lebensgeschichtliche Bedeutung, nachdem ihn 1949 die erste internationale Einladung nach dem Ende des Nationalsozialismus zu einem philosophischen Kongress nach Mendoza in Argentinien führte.