Geoinformatiker entwickeln barrierefreie Routenplanung
17. Dezember 2015
Heidelberger Wissenschaftler arbeiten an interaktiven Karten für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen
Menschen mit Rollstühlen, Kinderwagen oder anderen Einschränkungen der Mobilität sind auf barrierefreie Wege angewiesen. Zu ihren größten Hindernissen zählen nicht nur Treppenstufen, sondern auch große Steigungen und schlechte Straßenbeläge. Geoinformatiker der Universität Heidelberg, die Verfahren für die Navigation und Routenplanung erforschen und umsetzen, entwickeln daher zurzeit im Rahmen des von der Europäischen Union geförderten Forschungsprojektes „CAP4Access“ ein Profil, mit dem optimale Routen für mobilitätseingeschränkte Menschen berechnet werden können. Es ergänzt die bereits vorhandenen Routenplaner-Profile für PKW, LKW, Fußgänger und Radfahrer, die frei zugänglich sind und von jedermann genutzt werden können. Ziel des Projektes „CAP4Access“ ist es, mit Hilfe neuester Technologien auf existierende Barrieren in europäischen Städten aufmerksam zu machen.
Der Dienst für mobilitätseingeschränkte Menschen befindet sich derzeit in der Betaphase und kann online getestet werden. Neben der Routenplanung zeigt er auch Erreichbarkeitszonen an – Gebiete, die von einem Startpunkt aus innerhalb eines bestimmten Zeitraums erreichbar sind. „Ein Routenplaner, der den Unterschied zwischen barrierefreien und nicht barrierefreien Routen zeigt, ist einerseits ein nützliches Werkzeug für Betroffene. Andererseits transportiert er aber auch eine gesellschaftlich relevante Botschaft, indem er Umwege zeigt, die mobilitätseingeschränkte Menschen in Kauf nehmen müssen“, erklärt Prof. Dr. Alexander Zipf, der den Bereich Geoinformatik am Geographischen Institut leitet.
Der Routenplaner basiert auf Daten des Projektes OpenStreetMap – der oft auch als „Wikipedia der Kartographie“ bezeichneten freien Weltkarte. „Leider kann die Routenplanung immer nur so gut sein, wie die vorhandenen Daten“, sagt Alexander Zipf. Deswegen sind die Heidelberger Geoinformatiker für ein optimales Ergebnis ihres Dienstes auf die Beteiligung möglichst vieler Menschen angewiesen. Diese sind aufgefordert, ihr Wissen über die Gegebenheiten der Strecken in die OpenStreetMap einzutragen. So sind momentan zwar schon viele Treppen erfasst, jedoch gibt es beispielsweise bei den Straßenbelägen noch große Datenlücken. „Jeder kann dazu beitragen, die Daten zu verbessern. Es genügt ein Konto bei OpenStreetMap und das lokale Wissen über die eigene Umgebung“, betont Prof. Zipf.
Ebenfalls auf OpenStreetMap basiert die „Wheelmap“, die von einem „CAP4Access“-Projektpartner, dem Berliner Verein Sozialhelden, entwickelt wird. Auf dieser Karte kann die Barrierefreiheit von Orten bewertet werden, beispielsweise von Restaurants, Behörden oder Geschäften. Beide Dienste ergänzen einander – denn bevor man überhaupt eine barrierefreie Route berechnet, muss man zunächst wissen, ob das gewünschte Ziel selbst barrierefrei zugänglich ist. Im Rahmen der Kampagne „MapMyDay“ wird derzeit mit prominenter Unterstützung dazu aufgerufen, neue Orte in die „Wheelmap“ einzutragen und darüber unter dem Hashtag #mapmyday in den sozialen Netzwerken zu berichten.