Tagung: Der Jurist, Philosoph und Politiker Gustav Radbruch
12. Oktober 2016
Veranstaltung findet am Heidelberg Center Lateinamerika in Santiago de Chile statt
Mit dem Juristen, Philosophen und Politiker Gustav Radbruch (1878 bis 1949) befasst sich eine internationale Tagung, zu der Wissenschaftler der Universität Heidelberg in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universidad de Valparaiso, der Pontificia Universidad Católica de Chile und der US-amerikanischen University of Notre Dame eingeladen haben. Die Veranstaltung findet vom 13. bis 15. Oktober 2016 am Heidelberg Center Lateinamerika statt, der Außenstelle der Ruperto Carola in Santiago de Chile. Sie ist Teil der Reihe „Heidelberger Geistesgeschichte im Dialog mit Nord- und Lateinamerika“.
Gustav Radbruch, der viele Jahre an der Ruperto Carola als Jurist lehrte und nach 1945 am Neuaufbau der Universität Heidelberg und ihrer Juristischen Fakultät entscheidend beteiligt war, gilt als einer der einflussreichsten Rechtsphilosophen des 20. Jahrhunderts. Darüber hinaus war er in den 1920er-Jahren als SPD-Reichstagsabgeordneter und Justizminister politisch aktiv. Verbunden ist sein Name nicht zuletzt mit der Radbruchschen Formel, auf die sich nach 1945 die Gerichte in ihrer juristischen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Diktatur und der Zeit der DDR stützen konnten. „Gustav Radbruch war es im 20. Jahrhundert noch einmal gelungen, in schwieriger Zeit viele unterschiedliche Seiten produktiv in sich zu vereinigen: den reflektierten Wissenschaftler, den tatkräftigen Politiker, den aufgeklärten Strafrechtsjuristen, den scharfdenkenden Rechtsphilosophen und Humanisten oder auch den Kulturhistoriker“, erläutert Prof. Dr. Peter König vom Philosophischen Seminar der Universität Heidelberg, der gemeinsam mit Prof. Dr. José Luis Guzmán Dalbora von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Pontificia Universidad Católica de Valparaiso die Tagung organisiert hat.
In einem ersten thematischen Schwerpunkt der Tagung geht es um Gustav Radbruchs bestimmungsreiches Verständnis der Rechtswissenschaft als Kulturwissenschaft. Dazu werden die Teilnehmer die Frage erörtern, wie sich in seiner Perspektive Recht und Gesellschaft, Recht und Politik, Recht und Kultur sowie Recht und Geschichte zueinander verhalten und welche Bedeutung dies für das Recht selbst und das richtige Rechtsverständnis hat. Ein zweiter Schwerpunkt bildet die Rezeption und Bedeutung Gustav Radbruchs außerhalb Deutschlands. „Wir fragen insbesondere danach, welche Rolle Radbruch in der politischen und juristischen Aufarbeitung der Diktaturen in verschiedenen Ländern Lateinamerikas spielt oder spielen könnte. Uns interessiert außerdem, worin seine Aktualität für eine moderne Konzeption des Strafrechts sowie des Sozialrechts liegt“, betont Prof. König.