Rektor fordert Bauherreneigenschaft für die Universität
23. Oktober 2017
Ansprache zur Jahresfeier: Ruperto Carola steht vor den Herausforderungen der Exzellenzstrategie
Alle Fotos: Rothe
Vor dem Hintergrund eines Sanierungsstaus bei ihren Hochschulgebäuden, den die Universität Heidelberg ohne Kliniken auf fast 800 Millionen Euro beziffert, hat der Rektor der Ruperto Carola nachdrücklich Bauherreneigenschaft und Bauherrenrechte gefordert. In seiner Ansprache zur Jahresfeier 2017 warf Prof. Dr. Bernhard Eitel zugleich einen Blick auf die kommenden Herausforderungen der Exzellenzstrategie: „Der wissenschaftliche Wettbewerb um Menschen und Forschungsmittel hat uns voll im Griff.“ Während der festlichen Veranstaltung zum Auftakt des neuen akademischen Jahres, die traditionell in der Aula der Alten Universität stattfand, wurde Gerda Tschira als herausragende Förderin der Wissenschaften in den Kreis der Ehrensenatoren aufgenommen.
Im Zusammenhang mit den geforderten Bauherreneigenschaften und Bauherrenrechte verwies Prof. Eitel darauf, dass Verwaltungswege, Genehmigungsverfahren und Stukturen in Baden-Württemberg extrem bürokratisiert und langwierig seien, wie eine unabhängige Expertenkommission festgestellt habe. Der Sanierungsstau an der Universität Heidelberg sei an sich ein großes Problem. Zum „Skandalon“ werde dieser Zustand aber durch die Tatsache, dass „man uns bis heute, neuerlich in der anstehenden Novellierung des Landeshochschulgesetzes, die Bauherreneigenschaft versagt; und dies auch für kleinere Sanierungs- und Baumaßnahmen oder für Vorhaben, für die wir unser eigenes Geld einsetzen“, kritisierte der Rektor. Die Universität müsse als Bauherr agieren können, um Bauvorhaben schneller realisieren und die Kosten verlässlicher planen zu können.
Herausforderungen der Exzellenzstrategie
In seinem Rückblick auf das vergangene akademische Jahr sprach der Rektor von einer sich dynamisch weiterentwickelnden Universität. Sie gehöre, wie Rankings und Vergleichszahlen zeigten, „stets zu den drei besten Forschungsuniversitäten Deutschlands“. Dennoch dürfe nicht übersehen werden, dass die Ruperto Carola bei der Vorauswahl der Clusterinitiativen für die Exzellenzstrategie nicht so erfolgreich abgeschnitten habe, wie ewartet und erhofft. Es sei „schmerzhaft“, so Prof. Eitel, dass die beiden Antragsskizzen aus den Lebens- und den Geisteswissenschaften, die auf den laufenden Clustern aufbauen, es nicht in die Endrunde der Vollanträge geschafft hätten. „Die vermeintliche Schwäche der bisher starken Bereiche macht zugleich deutlich, wie gut in der Breite der Fächervielfalt unsere Universität aufgestellt ist. Erleidet der eine Fachbereich einen Rückschlag – er ist dadurch ja nicht schlechter geworden – so kann der andere dafür einspringen“, betonte der Rektor. „Was zuerst Ernüchterung hervorrief, zeigt bei näherem Besehen auch die Stärke unserer Universität.“ Nach den Worten von Prof. Eitel sollen nun alle Kräfte darauf konzentriert werden, die verbleibenden drei Clusterinitiativen zum Erfolg zu führen, ohne jedoch andere Bereiche in ihren Möglichkeiten zu beschneiden.
Wissenschaftsgespräch „Von der Exzellenzinitiative zur Exzellenzstrategie“
Die Erfahrungen und Herausforderungen des Exzellenzwettbewerbs waren auch Gegenstand des von FAZ-Redakteurin Heike Schmoll moderierten Wissenschaftsgesprächs. Sie diskutierte mit der Psychologin Prof. Dr. Sabina Pauen, dem Astrophysiker Prof. Dr. Matthias Bartelmann und dem Biologen Prof. Dr. Thomas Rausch, die aktiv in Projekten und Gremien im Rahmen der Exzellenzinitiative an der Universität Heidelberg mitwirken. Ein Thema dabei war das erfolgreiche Zusammenwirken unterschiedlicher Fächerkulturen, das nicht zuletzt auch Grundlage für die Etablierung von Exzellenzclustern ist. Prof. Rausch verwies in diesem Zusammenhang auf die Arbeit des Marsilius-Kollegs. Sie ist darauf ausgerichtet, Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen Disziplinen zusammenzuführen und damit den forschungsbezogenen Dialog zwischen Geistes-, Rechts- und Sozialwissenschaften und den Natur- und Lebenswissenschaften zu fördern. Auf dem Podium vertreten war außerdem Patrik Dahl vom Referat für Politische Bildung des Studierendenrates. Er forderte, verstärkt einen kritischen Diskurs darüber zu führen, welche Veränderungen der Exzellenzwettbewerb an der Universität bewirke und ob diese Effekte immer erwünscht seien.
Verleihung der Ehrensenatorwürde an Gerda Tschira
Von einer besonderen Auszeichnung, mit der „wir sparsam umgehen, die wir aber zelebrieren“, sprach der Rektor bei der Verleihung der Ehrensenatorwürde an Gerda Tschira. In seiner Laudatio würdigte er sie als besondere Persönlichkeit und eine Frau, die das Herz auf dem rechten Fleck habe. „Sie passen wunderbar zu unserer Universität“, sagte Prof. Eitel, ehe er die Urkunde überreichte. Gerda Tschira, Gründerin und langjährige Direktorin des Carl-Bosch-Museums, sei es mit ihrem kreativen und unermüdlichen Eintreten für die Vermittlung der Naturwissenschaften an Kinder und Jugendliche immer wieder gelungen, Begeisterung zu wecken und damit die Grundlagen für die kommenden Generationen von Studierenden und Wissenschaftlern zu bereiten. „An der Seite ihres Mannes und in Fortsetzung des Wirkens von Klaus Tschira verdankt die Universität Heidelberg ihr und der Tschira-Stiftung wertvolle Impulse und die bedeutsame Förderung ihrer wissenschaftlichen Weiterentwicklung insbesondere auf dem naturwissenschaftlichen Campus Im Neuenheimer Feld“, so die Begründung der Ehrung.
Hengstberger-Preis für den wissenschaftlichen Nachwuchs
Während der Jahresfeier wurde zudem der Klaus-Georg und Sigrid Hengstberger-Preis 2017 für den wissenschaftlichen Nachwuchs verliehen. Erneut gingen drei mit jeweils 12.500 Euro dotierte Auszeichnungen an junge Forscher und Forscherteams der Ruperto Carola. Als Team ausgezeichnet wurden Dr. Claudia Backes und Dr. Thomas Higgins vom Physikalisch-Chemischen Institut. Weitere Preisträger sind Dr. Diederik Kruijssen vom Astronomischen Rechen-Institut sowie Dr. Jan Rummel vom Psychologischen Institut. Sie erhalten mit der Auszeichnung die Möglichkeit, ein eigenes Symposium im Internationalen Wissenschaftsforum Heidelberg (IWH) durchzuführen. Die Laudationes in Anwesenheit des Preisstifters Dr. Klaus-Georg Hengstberger hielt der Direktor des IWH, der Chemiker Prof. Dr. Peter Comba.
Für den musikalischen Rahmen der Jahresfeier, die am 21. Oktober 2017 stattgefunden hat, sorgten Sängerinnen und Sänger der Capella Carolina sowie Mitglieder des Universitätsorchesters – des Collegium Musicum. Die Moderation der Veranstaltung lag bei dem Assyriologen Prof. Dr. Stefan Maul.