War unsere Ursonne hyperaktiv?
16. April 2019
Forscher finden Hinweis darauf in einem Meteoriten aus der Frühzeit unseres Sonnensystems
Unsere Sonne war kurz nach ihrer Geburt vermutlich ein sehr unruhiger, hyperaktiver Stern. Diesen Schluss legen geowissenschaftliche Untersuchungen nahe, mit denen Gesteinseinschlüsse in einem Meteoriten aus der Frühzeit unseres Sonnensystems analysiert wurden. Wissenschaftler an der Universität Heidelberg konnten in den Einschlüssen die Zerfallsprodukte eines sehr kurzlebigen radioaktiven Isotops nachweisen, das nur durch einen intensiven Strahlenausbruch der noch jungen Sonne erzeugt worden sein kann. Die Forscher sehen darin einen aussagekräftigen Beleg für eine phasenweise extrem aktive Ursonne.
Gemeinsam mit unserer Erde und den anderen Planeten entstand die Sonne vor 4,6 Milliarden Jahren aus einer kosmischen Gas- und Staubwolke. Übrig blieben dabei auch kleinere Körper wie Asteroiden und Kometen, die bei ihrer Bildung die ältesten zentimetergroßen Festkörper unseres Sonnensystems einschlossen und diese bis heute konservierten. Bruchstücke von Asteroiden gelangen in Form von Meteoriten auf die Erde, sodass diese Einschlüsse mit Hochpräzisionsinstrumenten detailliert untersucht werden können. Diese Gebilde bestehen aus Kalzium und aluminiumhaltigen Mineralien und weisen auch Zerfallsprodukte von Radionukliden auf, die relativ kurze Halbwertszeiten von weniger als einer Million Jahren haben.
In einem dieser sogenannten Calcium-Aluminium-reichen Einschlüsse hat der Kosmochemiker Dr. Ritesh Mishra Zerfallsprodukte des radioaktiven Isotops 7Be (Beryllium) nachgewiesen, das eine Halbwertszeit von lediglich 53 Tagen hat. „Das Vorkommen eines Isotops mit so kurzer Lebensdauer kann nicht dadurch erklärt werden, dass es in einem anderen Stern produziert und danach in das frühe Sonnensystem transportiert wurde. Dies würde einen viel zu langen Zeitraum beanspruchen. Es muss daher durch hochintensive Strahlung einer aktiven jungen Sonne entstanden sein“, erläutert Erstautor Dr. Mishra vom NASA Johnson Space Center in Houston (USA), der an der Studie während seiner Zeit als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Universität Heidelberg gearbeitet hat.
„Von astronomischen Beobachtungen wissen wir, dass junge Sterne zuweilen sehr unruhige Gesellen sind und Strahlungsausbrüche zeigen. Aufgrund ihres stattlichen Alters lässt sich die frühe Aktivität unserer Sonne nur aus sehr seltenen alten Gesteinen rekonstruieren“, so Prof. Dr. Mario Trieloff, Leiter des Klaus-Tschira-Labors für Kosmochemie am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg, in dessen Arbeitsgruppe Ritesh Mishra geforscht hat. Nach Angaben von Prof. Trieloff weisen Analysen darauf hin, dass der Strahlungsausbruch etwa eine halbe Million Jahre nach Entstehung der Sonne stattgefunden hat und etwa ein Jahr dauerte.
Untersucht wurden die Calcium-Aluminium-reichen Einschlüsse des Meteoriten Efremovka, dessen Überreste 1962 in Kasachstan entdeckt wurden. Für die Messungen nutzten die Wissenschaftler eine hochmoderne Ionensonde, mit der auf räumlich kleinsten Skalen noch geringste Isotopenüberschüsse nachgewiesen werden können. Veröffentlicht wurden die Forschungsergebnisse in „Nature Astronomy“.