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Kann man die Zukunft managen? Glanz und Elend einer vorsorgenden Risikopolitik

16. Januar 2006

Vortragsreihe "ZEIT: Vergangenheit – Sorgenkind – Zukunft" im Zoologischen Museum der Universität Heidelberg – Vortrag von Prof. Ortwin Renn, Zentrum für Risikoforschung und Technikgestaltung der Universität Stuttgart, am 21. Januar 2007 um 11.00 Uhr im Hörsaal des Institutes für Zoologie


Vorsorge bedeutet: Der Staat hat das Recht, Risiken zu regulieren oder sogar Substanzen zu verbieten, wenn die Unverträglichkeit mit Gesundheit und Umwelt noch gar nicht nachgewiesen ist, aber plausible Vermutungen darüber bestehen, dass ein solcher Zusammenhang bestehen könnte. In der internationalen Literatur zum Vorsorgeprinzip ist daher der Begriff der Vorsorge auf das Problem der Ungewissheit bei der Risikoabschätzung bezogen. Wie soll man Risiken regulieren, bei denen man über die möglichen Folgen einer zur Debatte stehenden Handlung noch nicht genügend weiß?

Die Europäische Kommission hat in ihrem Kommunikationspapier vom letzten Jahr festgelegt, dass die europäische Umweltpolitik auf dem Vorsorgeprinzip beruhen soll. Bei einem begründeten Verdacht sollen die Behörden das Recht haben, regulierend einzugreifen, auch wenn die Wissenschaft noch nicht zu einem eindeutigen Urteil gelangt ist. Unklar ist jedoch, mit welchen Maßnahmen der Staat und seine Regulationsbehörden auf solche möglichen Schäden reagieren soll und darf. Über die letzten Jahre hinweg entbrannte ein heftiger Streit zwischen den Vertretern des traditionellen, auf Risiko basierenden Ansatzes einerseits, und den Vertretern des neueren, auf Vorsorge basierenden Ansatzes über die Rechtmäßigkeit ihres jeweiligen Ansatzes andererseits. Vertreter des Risiko-Ansatzes argumentieren, dass Vorsorgestrategien wissenschaftliche Resultate ignorieren und zu willkürlichen regulativen Entscheidungen führen. Die Vertreter des Vorsorge-Ansatzes hingegen haben argumentiert, dass Vorsorge nicht mit dem Bann von Substanzen oder Aktivitäten gleichzusetzen ist; vielmehr bedeute die Anwendung des Vorsorgeprinzips eine graduelle, schrittweise Diffusion risikoreicher Aktivitäten oder Technologien, bis mehr Wissen und Erfahrung gesammelt werden können. Es überrascht nicht, dass Umweltschutzgruppen den Vorsorge-Ansatz unterstützen, während sich die meisten Industrie- und kommerziellen Gruppen für den Risiko-Ansatz einsetzen. Dieser Konflikt ist bis heute nicht gelöst.

Da die Anwendung des Vorsorgeprinzips bleibende Auswirkungen auf regulative Entscheidungen und den internationalen Handel haben kann, stehen mehr als nur theoretische oder akademische Überlegungen auf dem Spiel. In Abhängigkeit des gewählten Ansatzes verändern sich politische Vorgaben und Regeln. Die Anwendung des Vorsorgeprinzips hat damit direkte Auswirkungen auf die ökonomische Konkurrenzfähigkeit, das Niveau des öffentlichen Gesundheitswesens, sowie die Umweltqualität.


Glanz und Elend einer vorsorgenden Risikopolitik

Im Rahmen des Vortrages wird ein Konzept für die Umsetzung des Vorsorgeprinzips in der Regulierung von Risiken für Umwelt und Gesundheit vorgestellt, dass ein europäisches Konsortium unter Leitung des Vortagenden für die EU Kommission ausgearbeitet hat und dass weitgehend von dem International Risk Goverance Council in Genf übernommen wurde. Es beruht auf der Vermeidung irreversibler Folgen von Entscheidungen.

Ortwin Renn ist Lehrstuhlinhaber für Technik und Umweltsoziologie an der Universität Stuttgart und leitet das der Universität angeschlossene Zentrum für interdisziplinäre Risikoforschung und nachhaltige Technikgestaltung (ZIRN). Ortwin Renn verfügt über mehr als fünfundzwanzigjährige Expertise auf dem Feld der Risikoforschung, der Technikfolgenabschätzung sowie der Einbindung von Interessengruppen und der allgemeinen Öffentlichkeit bei der Lösung konfliktgeladener Themen.


Das Zoologische Museum ist an diesem Tage von 10.00-12.00 Uhr geöffnet.



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oder Dr. Henner Hollert
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