Dialog statt "Eventisierung"
4. Mai 2007
Wissenschaftskommunikation als Chance für die Unis – Symposium in Berlin
250 Teilnehmer kamen nach Berlin, weit mehr als die Veranstalter des Symposiums "Wissenschaftskommunikation im öffentlichen Raum" erwartet hatten. In der Akademie der Wissenschaften trafen sich Kommunikationsexperten, Mitarbeiter von Uni-Pressestellen, Forschungseinrichtungen und Stiftungen sowie Fachleute aus Wissenschaft und Medien. Für die Universität Heidelberg war Katrin Hübner vor Ort, unterstützt durch die Klaus Tschira Stiftung.
"Vor fast zweihundert Jahren begeisterte der große Naturforscher Alexander von Humboldt mit jedem seiner "Kosmos-Vorträge" bis zu 800 Zuhörer, vom Preußenkönig bis zum Maurermeister", erinnerte Prof. Christoph Markschies, Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin, in seiner Eröffnungsrede. Die Tagung in Berlin machte deutlich: Wissenschaftskommunikation in Deutschland ist seither ungeheuer vielfältig geworden – von Forschungsschiffen über Science Center bis hin zu "Kinder-Unis". Wesentlich dazu beigetragen hat die PUSH-Initiative des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft im Jahr 1999 mit dem Ziel, den Dialog zwischen Gesellschaft und Wissenschaft zu intensivieren. Aus dieser Initiative ging das Programm "Wissenschaft im Dialog" hervor. Mit dem PUSH kamen die "Jahre der Wissenschaft". Als Höhepunkt findet jährlich der "Wissenschaftssommer" statt – ein einwöchiges großes Wissenschaftsfestival. Mit "Kinder-Unis" und Schülerlaboren werben die Universitäten um öffentliche Akzeptanz und akademischen Nachwuchs. Es gibt Veranstaltungen für nahezu jede Altersklasse. Im europäischen Vergleich haben einige davon eine Vorreiter-Rolle. Die Teilnehmer der Berliner Tagung sahen aber auch eine "Eventisierung", die den Dialog zwischen Gesellschaft und Wissenschaft überschatte.
Prof. Gerold Wefer von "Wissenschaft im Dialog" forderte eine "Profilbestimmung und zielgruppenorientierte Formate". Wie diese Formate aussehen könnten, blieb auf der Tagung unklar. Das Gestaltungsspektrum der Universitäten ist weit gefächert. "Kinder-Unis" und Schülerlabore ermöglichen eine attraktivere Unterrichtsgestaltung. Die Schule ersetzen können und wollen sie aber nicht. Durch Exzellenzinitiative und Bologna-Prozess agieren Universitäten zunehmend wettbewerbsorientiert. Die öffentliche Präsenz kann für Studierende als zukünftige Kunden entscheidend sein. Hier galt es für die Teilnehmer auch, vorhandenes Potenzial stärker zu nutzen, zum Beispiel die "inneruniversitäre Reflexion" wieder zu beleben, die Universitätssammlungen als einzigartige Schätze zu begreifen und die Universität als Kulturzentrum zu verstehen.
Ein weiteres Fazit des Berliner Symposiums: Die Geisteswissenschaften werden in der Öffentlichkeit zu schwach wahrgenommen. Mit dem "Jahr der Geisteswissenschaften" 2007 soll sich das ändern. Vom 9. bis zum 15. Juni stellt der "Wissenschaftssommer" in Essen das Thema Sprache in den Mittelpunkt. Ein Forschungsschiff ist wieder unterwegs, übrigens auch in Heidelberg. Vom 7. bis zum 9. September wird es am Marstall vor Anker gehen und der interessierten Öffentlichkeit das "ABC der Menschheit" erklären.
Auf der Rückkehr von der Berliner Tagung reflektierte die Teilnehmerin darüber, warum eigentlich in Heidelberg manches, was auf dem Symposium gefordert wurde, schon lange vorhanden ist. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Ruperto Carola als geistiges Zentrum der Stadt seit ihrer Gründung versteht. So kommen auch heute große Persönlichkeiten der Universität Heidelberg aus Altertumswissenschaften, Musikwissenschaft und Geschichte in den Feuilletons der Republik regelmäßig zu Wort. In den mehr als sechs Jahrhunderten hat sich die Universität immer wieder selbst erneuert. Auch die "Kinder-Uni" hielt vor einigen Jahren hier Einzug. Zahlreiche universitäre Sammlungen stehen der Öffentlichkeit zur Besichtigung offen. Und an Humboldtsche Zeiten erinnert nicht zuletzt das "Studium Generale", das seit Jahrzehnten mit regelmäßigen Abendvorträgen seine Pforten öffnet.
Katrin Hübner
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