Humboldt-Forschungspreis stärkt Hirnforschung in Heidelberg
11. Mai 2007
Professor Roger D. Traub forscht demnächst in Heidelberg – Führend in rechnergestützten Neurowissenschaften – Traub arbeitet mit Professoren Andreas Draguhn, Hannah Monyer und Gabriel Wittum zusammen
Die Alexander von Humboldt-Stiftung hat dem US-amerikanischen Neurowissenschaftler Prof. Dr. Roger Dennis Traub ihren mit 50 000 Euro dotierten Forschungspreis verliehen. Professor Traub forscht demnächst in Heidelberg und arbeitet an der Ruprecht-Karls-Universität mit den Professoren Andreas Draguhn (Physiologie), Hannah Monyer (Klinische Neurobiologie) und Gabriel Wittum (Technische Simulation) zusammen. „Der Humboldt-Forschungspreis wird zu einer entscheidenden Stärkung der Hirnforschung in Heidelberg beitragen“, kommentiert Prof. Dr. Andreas Draguhn mit Freude.
Roger D. Traub gehört zu den international führenden und bekanntesten Wissenschaftlern im Bereich der rechnergestützten Neurowissenschaften. In den über fünfundzwanzig Jahren seiner aktiven Forschungstätigkeit hat er grundlegende Ergebnisse erzielt und zentrale Beiträge zur Modellierung der Signalverarbeitung in Neuronen gegeben.
Roger Traub studierte in Princeton Mathematik, dann wechselte er zur Medizin, wurde dort in Bethesda (USA) promoviert und spezialisierte sich auf die klinischen Neurowissenschaften. Er setzte seine Forschungstätigkeit am IBM Watson Research Center in New York fort, war Professor für Mathematische Neurowissenschaften an der Universität in Birmingham, England, und bekleidet derzeit eine Professur für Physiologie, Pharmakologie und Neurologie am Downstate Medical Center in New York.
Thema von Traubs Arbeit ist die mathematische Modellierung der Signalverarbeitung in Neuronen und Netzen von Neuronen. Sein Werk gruppiert sich um die beiden Schwerpunkte kohärente Oszillationen in neuronalen Netzen und die Entstehung von epileptischen Anfällen. Schon früh hat Roger Traub dabei die Bedeutung der komplexen Geometrie der Neuronen erkannt und hat zusammen mit Wong, Miles und Michelson die ersten detaillierten Modelle eingeführt. Damit rief er eine ganze Arbeitsrichtung ins Leben, die heute einen erheblichen Anteil an den rechnergestützten Neurowissenschaften hat. Dieses frühe Multi-Kompartimentmodell hat Traub immer weiter verbessert und verfeinert, um komplexere reale Effekte wie „back-firing“ oder synaptische Inhibition einzubeziehen.
Roger Traubs Arbeit zeichnet sich ferner durch eine große Nähe zu experimentellen Daten aus. Die enge Kooperation mit experimentell arbeitenden Kollegen ermöglichte ihm, seine Modelle immer weiter zu verbessern und immer realistischer zu machen. Dabei konnte er zahlreiche Hypothesen aufstellen, die wiederum experimentell überprüfbar waren. Dieses enge Zusammenspiel zwischen Theorie und Experiment macht ihn zu einem der bedeutendsten theoretischen Neurowissenschaftler weltweit und zu einem gesuchten Kooperationspartner experimenteller Neurophysiologen.
Zu seinen wichtigsten Beiträgen zählen detaillierte Modelle epilepsieartiger Aktivitäten im Hippokampus von Nagetieren, die Fortpflanzung epileptischer Aktivitäten in kortikalen Netzen, die Mechanismen der Gamma-Oszillationen im Kortex, Synchronisation von Oszillationen in kortikalen Netzen, der Aufbau neuartiger, großer und paralleler Simulationsmodelle, die auch elektrische Synapsen einbeziehen. Alle diese Ergebnisse waren Pionierleistungen, die ganze Arbeitsrichtungen neu erschlossen haben.
Wesentlich für sein Werk ist seine Herkunft aus der Mathematik. Dies ermöglichte ihm, eigene Modelle, Methoden und Werkzeuge zu entwickeln, die er bis heute pflegt. In seinem Werk wird Interdisziplinarität modellhaft Realität.
Traubs weltweit anerkannte Verdienste um Modellierung in den Neurowissenschaften, die dadurch erhaltenen neuen Erkenntnisse und sein überzeugendes interdisziplinäres Vorgehen, das die richtigen Probleme mit den angemessenen Mitteln angeht, geben ihm eine weithin anerkannte Sonderstellung.
Sein Aufenthalt in Heidelberg wird einerseits seine bereits existierende Zusammenarbeit mit den hervorragenden experimentellen Neurowissenschaftlern am Ort erheblich intensivieren, andererseits wird dies Gelegenheit geben zu einer neuen Zusammenarbeit im Bereich der modernen Simulationsmethoden und des parallelen Rechnens. Das betrifft vor allem die Frage der Parallelisierung der Modelle mit elektrischen Synapsen, die bisher noch nicht zufriedenstellend gelöst ist.
Die Heidelberger Arbeitsgruppen werden durch eine neu bewilligte Bernstein-Gruppe auch im nationalen Netzwerk für Computational Neuroscience mitarbeiten. Sie erwarten durch den Humboldt-Preis eine äußerst fruchtbare Entwicklung, die der gesamten Neurowissenschaft in Deutschland zu Gute kommen wird.
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