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Heidelberg – eine internationale Hochschule?!

29. Juni 2007

Ruprecht-Karls-Universität in vielfältiger Weise global vernetzt – Verbindungsbüro in New York ab Spätsommer – Prof. Dr. Vera Nünning, Prorektorin für Internationale Beziehungen, nimmt Stellung


Internationalität ist zweifellos ein Pluspunkt, sei es in der Hochschule oder in der Wirtschaft. Zudem gehört Internationalität zu einer Spitzenuniversität einfach dazu, und so ist es sehr begrüßenswert, dass der Deutsche Akademische Austauschdienst DAAD die Hochschulen mit einem groß angelegten Programm auf ihrem „Weg zur internationalen Hochschule“ unterstützen möchte.

Dieser Plan klingt gut, vor allem in den Ohren einer Prorektorin für Internationale Beziehungen, und auch die Initiative „Go Out“ des DAAD ist sicherlich positiv zu bewerten. Gleichzeitig fragt man sich, was denn eigentlich die Internationalität einer Hochschule ausmacht. Handelt es sich dabei wieder um eine gut klingende und dauernd im Mund geführte, letztlich jedoch bedeutungslose Floskel? Und wie ist die Position Heidelbergs in Bezug auf das Kriterium „Internationalität“ zu bewerten? Wie weit sind wir „auf dem Weg zur internationalen Hochschule“?

Landläufig werden in diesem Zusammenhang die folgenden Bereiche genannt, in denen Heidelberg im übrigen nicht nur im nationalen Vergleich – sehr gut abschneidet: Austauschvereinbarungen sowie Forschungskooperationen mit internationalen Universitäten hat die Ruperto Carola in großer Zahl; mit allein 160 Kooperationen in der Europäischen Union sind wir sogar landesweiter Spitzenreiter. Die Zahl von 19 Partnerschaften mit internationalen Universitäten (etwa mit Cambridge oder St. Petersburg) soll nur geringfügig um einige Spitzenunis erweitert werden – hier zählt Klasse statt Masse. Heidelberger Forscher nehmen teil an einer großen Zahl von internationalen, teils EU-geförderten Forschungsprojekten; mit vier internationalen Graduiertenkollegs liegt Heidelberg sogar an der Spitze aller deutschen Universitäten.

Der Prozentsatz ausländischer Studierender befindet sich mit 19,6 % deutlich über dem nationalen Durchschnitt von 12,6%, während jener von ausländischen Doktoranden ebenfalls überdurchschnittlich ist: über 35% sind es, bei einem nationalen Schnitt von nur 7%. Gastprofessoren kommen offensichtlich ebenfalls sehr gern nach Heidelberg; so liegen wir bei der Zahl von Alexander-von-Humboldt-Stipendiaten bundesweit auf Platz zwei. Die Zahl ausländischer Dozenten soll noch erhöht werden: im Antrag zur dritten Förderlinie der Exzellenzinitiative sind sowohl Mittel für Gastprofessoren als auch für so genannte „joint appointments“ mit Lehrenden internationaler Hochschulen vorgesehen.

Auch im Bereich der Lehre ist Heidelberg sehr international. Die Zahl englischsprachiger Studiengänge ist gestiegen, und viele BA- und MA-Programme sehen englischsprachige Module oder internationale Lehrinhalte oder Auslandsaufenthalte vor. Beim Lehrexport – praktiziert beispielsweise mit der Andrássy-Universität in Budapest oder dem Heidelberg Center in Santiago de Chile – können wir mittlerweile auf eine erfolgreiche Arbeit zurückblicken. Steigerungsfähig ist momentan noch das Angebot an internationalen Summer Schools sowie die Zahl von Studiengängen, die gemeinsam mit anderen Universitäten durchgeführt werden. Hier tut sich jedoch einiges, wie unter anderem der neue gemeinsame Elite-Studiengang in den Kunstwissenschaften mit der École de Louvre in Paris zeigt.

Diese Aktivitäten bezeugen schon, dass Heidelberg sich mit Fug und Recht eine „internationale Hochschule“ nennen darf. Mindestens ebenso wichtig wie die hier genannten Aspekte scheint mir jedoch ein weiterer Themenkomplex zu sein: die „Internationalität“ einer Hochschule zeigt sich auch in der internationalen Attraktivität und der Internationalität von Lehrenden (und damit meine ich nicht den ausländischen Pass), Forschung und Fächern.

Zur internationalen Attraktivität gehört eine Fülle von Aspekten, auf die in Heidelberg schon lange großer Wert gelegt wird. Besonders wichtig sind natürlich ein attraktives Forschungsumfeld sowie die Qualität von Forschung und Lehre, die sich kundigen Beobachtern leicht erschließt. Nicht so kundigen Beobachtern müssen diese Qualitäten allerdings erst vermittelt werden, und aus diesem Tatbestand erklärt sich auch die Bedeutung von „Verbindungsbüros“ oder Heidelberg-Zentren, die eine Fülle von Aufgaben unter anderem im Bereich der Pflege der Beziehungen zu den Alumni sowie im „Marketing“ übernehmen. Es freut mich daher besonders, dass Heidelberg ab dem Spätsommer mit einem Verbindungsbüro in New York präsent sein wird.

Für die Gewinnung von herausragenden Forschern sind jedoch auch ganz praktische Aspekte wichtig: etwa die Bereitstellung von Wohnungen oder die Kinderbetreuung. Wie etwa die Eröffnung des „KidsClub“ vor einem Monat zeigt, hat Heidelberg gerade in dieser Hinsicht in letzter Zeit große Fortschritte gemacht.

Die Internationalität von Lehrenden, Forschung und Fächern bildet vermutlich den wichtigsten – wenngleich nicht quantifizierbaren – Bestandteil einer internationalen Hochschule. Forschung ist dann international, wenn sie internationalen Standards gerecht wird. Internationale Anschlussfähigkeit schließt den Anschluss an nationalspezifische Traditionen jedoch nicht aus, im Gegenteil. Gerade in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften ist die Reflexion über und der fundierte Umgang mit nationalspezifischen Besonderheiten fachwissenschaftlicher Forschung von großer Bedeutung.

Auch bei der Ausrichtung von Fächern stellt Internationalität einen Gewinn dar. So beruht der Antrag für den geisteswissenschaftlichen Cluster in der Exzellenzinitiative auf der Annahme, dass Disziplinen insofern international geöffnet werden sollen, als Fächer wie Geschichte, Philosophie oder Musik nicht-europäische Fachinhalte, Konzepte und Methoden integrieren und auf ihren Beitrag hin zur Etablierung einer globalen (Wissenschafts-)Gemeinschaft prüfen.

Die Internationalität von Lehrenden bemisst sich schließlich vor allem an ihrem Beitrag zur international wahrgenommenen Forschung, die sich teilweise an der Zahl der Übersetzungen ihrer Werke ablesen lässt. Auch der Bekanntheitsgrad vieler Heidelberger Forscher und die Tatsache, dass eine weit überdurchschnittliche Zahl von Doktoranden in Heidelberg arbeiten wollen, sprechen dafür, dass die Ruperto Carola in dieser Hinsicht auf dem Weg zur internationalen Hochschule sehr weit vorangeschritten ist.
Vera Nünning

Rückfragen bitte an:
Prof. Dr. Vera Nünning
Prorektorin für Internationale Beziehungen
vera.nuenning@urz.uni-heidelberg.de

Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
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Irene Thewalt
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