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Wie Habermas eine deutsch-französische Öffentlichkeit inspiriert

30. Juli 2007

Französische und deutsche Geschichtsstudenten kamen an der Universität Heidelberg zu einem Kolloquium zusammen, um über die Anwendbarkeit des Öffentlichkeitskonzepts von Jürgen Habermas für die Geschichtswissenschaft zu diskutieren

 

Das Konzept des Strukturwandels der Öffentlichkeit, so wie es Jürgen Habermas in seiner Habilitationsschrift von 1961 darstellte, gehört auch heute noch zu den international bedeutenden Werken der zeitgenössischen Philosophie. Doch der "Strukturwandel der Öffentlichkeit" wurde nicht nur von Philosophen rezipiert, sondern fand über Fächergrenzen hinaus breite Beachtung. Was versteht Habermas unter seinem Konzept der Öffentlichkeit, wie beschreibt er dessen historische Genese und welche Perspektiven eröffnet seine Theorie für die geschichtswissenschaftliche Arbeit? Diesen Fragen widmeten sich in diesem Semester zwei parallel geführte Lektürekurse an den Universitäten Montpellier III. – Paul Valery und der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Höhepunkt des auf deutscher Seite von Prof. Thomas Maissen und Dr. Isabelle Deflers geleiteten Kurses stellte ein gemeinsamer deutsch-französischer Workshop mit dem Mediävisten Prof. Patrick Gilli aus Montpellier und den französischen Referenten dar. Dies war die zweite deutsch-französische Veranstaltung dieser Art in Folge. Nachdem im Sommersemester 2006 die Heidelberger Teilnehmer des Lektürekurses die französische Gastfreundschaft genießen durften, um gemeinsam über die Bedeutung des Denkens Michel Foucaults für die Geschichtswissenschaft zu diskutieren, waren diesmal die Franzosen in Heidelberg zu Gast.

Während sich die französischen Studenten eher auf mögliche Anwendungsperspektiven der Theorie von Habermas für historische und sozialwissenschaftliche Analysen konzentriert hatten, beschäftigten sich die Heidelberger Referenten in erster Linie mit der Untersuchung des theoretischen Gerüsts von Habermas’ Öffentlichkeitskonzept unter historischen Gesichtspunkten. Im Anschluss an die Beiträge der einzelnen Teilnehmer entwickelten sich lebhafte Diskussionen. Deren Bandbreite erstreckte sich von der Kritik an Habermas’ Darstellung einer repräsentativen Öffentlichkeit im Mittelalter bis zur neuen Öffentlichkeit im wiedervereinigten Berlin sowie von der Erörterung der Geschlechterrollen bis zur Bedeutung Kants für Habermas’ Modell der bürgerlichen Öffentlichkeit.

Wie schon beim letzten gemeinsamen Treffen bestätigte sich abermals, dass wissenschaftliches Interesse keine Sprach- und Landesgrenzen kennt. Für die internationale Teilnehmerschaft, aus Frankreich, Deutschland, Tschechien, den Niederlanden und der Schweiz sowie Neukaledonien stellte es letztendlich keine große Herausforderung dar, mittels der französischen Sprache, einen anregenden wissenschaftlichen Dialog zu führen. Wegen der freundschaftlichen Atmosphäre des in der vertrauten Muttersprache gehaltenen Workshops fühlten sich die französischen Gäste so sehr zu Hause, dass sie ihre Ankunft in Deutschland erst beim Mittagessen in der Mensa bemerkten.
 
Dank des persönlichen Einsatzes von Prof. Maissen, Prof. Gilli und Dr. Deflers konnte erneut ein lebhafter intellektueller Austausch in den Katakomben der altehrwürdigen Universitätsbibliothek Heidelberg stattfinden. Abschließend betonten die Teilnehmer ihre Vorfreude auf eine Fortsetzung dieser äußerst fruchtbaren Kooperation der beiden Partneruniversitäten im nächsten Jahr.

Weitere Informationen:
Dr. Isabelle Deflers
Historisches Seminar der Universität Heidelberg
isabelle.deflers@urz.uni-heidelberg.de

Allgemeine Rückfragen von Journalisten bitte an:
Irene Thewalt
presse@rektorat.uni-heidelberg.de
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