Auch heute ist die Forschung international sichtbar
30.
September
2008
Vernetzung mit anderen Disziplinen der Universität angestrebt – Dekan Manfred Oeming über die Theologische Fakultät Heidelberg – Junges Zentrum FIIT richtungsweisend
Prof. Manfred Oeming, Dekan der Theologischen Fakultät.
Foto: Christine Frei
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In der zehnten Folge der Interviewserie zur Exzellenzuniversität Heidelberg äußert sich nachfolgend Dekan Manfred Oeming zur Theologischen Fakultät, deren Geschichte bis zur Gründung der Ruperto Carola zurückreicht.
Herr Prof. Oeming, wie ist die seit 1386 bestehende Theologische Fakultät in der heutigen Exzellenzuniversität Heidelberg angekommen?
Wir haben 2005 ein „Forschungszentrum Internationale und Interdisziplinäre Theologie“ (FIIT) gegründet. Dort versuchen wir, die Theologie mit anderen Teilen der Universität zu vernetzen. Dies geschieht etwa in den Bereichen Altersforschung, Medizinethik und Menschenwürde. Das FIIT führt Projekte durch, die auch in der Exzellenzinitiative erfolgreich sind. Unsere Fakultät ist sowohl an Marsilius-Projekten als auch am geisteswissenschaftlichen Cluster „Asia and Europe“ beteiligt.
Wie viele hauptamtliche Professoren gehören der Theologischen Fakultät an?
Die Anzahl der Professuren ist innerhalb eines guten Jahrzehnts von 24 auf jetzt 15 zurückgegangen. Ursachen dafür waren ein Rückgang der Studierenden sowie Verlagerungen und Einsparungen innerhalb der Universität. Aber die Fakultät betreibt auch heute international sichtbare Forschung.
Und wo liegen die Schwerpunkte?
Zunächst haben wir die klassische Ausstattung: Altes und Neues Testament, Systematische und Praktische Theologie sowie Kirchengeschichte. Eine besondere Position nimmt die Diakoniewissenschaft ein, die in Deutschland einmalig ist: Hier können auf universitärem Niveau Kompetenzen zur Leitung sozialer Einrichtungen erworben werden. Und dann haben wir eine der seltenen Professuren für Ökumenische Theologie; hinzukommt ein ökumenisches Studentenwohnheim für 25 Studierende. Hier gewinnt etwa russische oder griechische Orthodoxie an Gewicht. Einen dritten Schwerpunkt bildet die Seelsorge. Heidelberg bekommt jetzt im Oktober ein neues Zentrum für Seelsorge.
Welche Funktionen soll es übernehmen?
Die Badische Landeskirche hat uns einen Forschungsauftrag zu verschiedenen Seelsorgefeldern erteilt, in denen das neue Institut auch Fachkräfte ausbilden soll. Dazu zählen die Schulseelsorge, die Altersseelsorge – auch etwa der seelsorgerische Umgang mit Demenzkranken – und die Notfallseelsorge. Charakteristisch für unsere Fakultät ist die Vernetzung von akademischer und praktischer Ausbildung. Insbesondere die Praktischen Theologen lehren auch im Rahmen der kirchlichen Ausbildung Seelsorge, Liturgik oder Pädagogik.
Herr Prof. Oeming, wie ist die seit 1386 bestehende Theologische Fakultät in der heutigen Exzellenzuniversität Heidelberg angekommen?
Wir haben 2005 ein „Forschungszentrum Internationale und Interdisziplinäre Theologie“ (FIIT) gegründet. Dort versuchen wir, die Theologie mit anderen Teilen der Universität zu vernetzen. Dies geschieht etwa in den Bereichen Altersforschung, Medizinethik und Menschenwürde. Das FIIT führt Projekte durch, die auch in der Exzellenzinitiative erfolgreich sind. Unsere Fakultät ist sowohl an Marsilius-Projekten als auch am geisteswissenschaftlichen Cluster „Asia and Europe“ beteiligt.
Wie viele hauptamtliche Professoren gehören der Theologischen Fakultät an?
Die Anzahl der Professuren ist innerhalb eines guten Jahrzehnts von 24 auf jetzt 15 zurückgegangen. Ursachen dafür waren ein Rückgang der Studierenden sowie Verlagerungen und Einsparungen innerhalb der Universität. Aber die Fakultät betreibt auch heute international sichtbare Forschung.
Und wo liegen die Schwerpunkte?
Zunächst haben wir die klassische Ausstattung: Altes und Neues Testament, Systematische und Praktische Theologie sowie Kirchengeschichte. Eine besondere Position nimmt die Diakoniewissenschaft ein, die in Deutschland einmalig ist: Hier können auf universitärem Niveau Kompetenzen zur Leitung sozialer Einrichtungen erworben werden. Und dann haben wir eine der seltenen Professuren für Ökumenische Theologie; hinzukommt ein ökumenisches Studentenwohnheim für 25 Studierende. Hier gewinnt etwa russische oder griechische Orthodoxie an Gewicht. Einen dritten Schwerpunkt bildet die Seelsorge. Heidelberg bekommt jetzt im Oktober ein neues Zentrum für Seelsorge.
Welche Funktionen soll es übernehmen?
Die Badische Landeskirche hat uns einen Forschungsauftrag zu verschiedenen Seelsorgefeldern erteilt, in denen das neue Institut auch Fachkräfte ausbilden soll. Dazu zählen die Schulseelsorge, die Altersseelsorge – auch etwa der seelsorgerische Umgang mit Demenzkranken – und die Notfallseelsorge. Charakteristisch für unsere Fakultät ist die Vernetzung von akademischer und praktischer Ausbildung. Insbesondere die Praktischen Theologen lehren auch im Rahmen der kirchlichen Ausbildung Seelsorge, Liturgik oder Pädagogik.
Der Heidelberger Katechismus aus dem 16. Jahrhundert hat eine weltweite Wirkung entfaltet.
Foto: Theologische Fakultät
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Welche Studiengänge werden angeboten?
Hauptsächlich die Ausbildungen zum Pfarramt – das Voll-Theologiestudium – und für das gymnasiale Lehramt (neben einem zweiten Fach). Hinzu kommt ein Theologiestudium für interessierte Laien, die eine Zusatzqualifikation erwerben wollen. Hier bieten wir einen Bachelor-Studiengang „Christentum und Kultur“ an.
Welche Rolle spielt die Badische Landeskirche für Ihre Fakultät?
Unsere evangelische Fakultät bildet in enger Kooperation mit der Landeskirche aus, die der Berufung von Heidelberger Professoren zustimmen muss und ein Vetorecht hat. Eine Besonderheit besteht darin, dass die Fakultät ein fester Bestandteil der Kirchenleitung ist. Sie berät die Badische Landeskirche in theologischen Grundfragen.
Warum hat das evangelische Pfarrhaus seine große kulturgeschichtliche Bedeutung erlangt?
Hier sind mehrere Faktoren zu nennen. Zunächst muss der Theologiestudent eine besondere Kompetenz in Sprachen erwerben. Latein, Griechisch und Hebräisch sind auf Abiturniveau zu beherrschen. Auch in der Geschichte ist großes Wissen erforderlich. Hinzu kommen Philosophie und Psychologie. So erhalten unsere häufig sehr begabten Studierenden ein Rüstzeug für ganz unterschiedliche Kulturbereiche. Schließlich ist das Pfarrhaus ein offenes Kommunikationszentrum, in dem auch politische Debatten stattfinden.
Die Fakultät erfüllt auch kirchliche Funktionen.
Sonntags und feiertags haben wir in der Peterskirche einen Gottesdienst zu bestreiten: Wir sind eine predigende Fakultät, die sich auch in öffentliche Debatten wie in Politikberatung einschaltet. Am gleichen Ort findet jeden Mittwoch um sieben Uhr morgens ein Abendmahlsgottesdienst statt. Außerdem gibt es dort den unkonventionellen Gottesdienst „Inspirationen am Abend“.
Welche wichtigen Kooperationspartner hat die Theologische Fakultät?
Hier sind die Kooperationen mit der Medizin oder der Physik zu nennen. Ein weiterer Partner ist die Archäologie: Denn wir graben etwa in der Türkei und in Israel. Wichtig sind die Gemeinschaftsprojekte mit der Hochschule für Jüdische Studien sowie mit den Psychologen und Juristen, außerdem die Zusammenarbeit im Centrum für Soziale Investitionen (CSI).
Hauptsächlich die Ausbildungen zum Pfarramt – das Voll-Theologiestudium – und für das gymnasiale Lehramt (neben einem zweiten Fach). Hinzu kommt ein Theologiestudium für interessierte Laien, die eine Zusatzqualifikation erwerben wollen. Hier bieten wir einen Bachelor-Studiengang „Christentum und Kultur“ an.
Welche Rolle spielt die Badische Landeskirche für Ihre Fakultät?
Unsere evangelische Fakultät bildet in enger Kooperation mit der Landeskirche aus, die der Berufung von Heidelberger Professoren zustimmen muss und ein Vetorecht hat. Eine Besonderheit besteht darin, dass die Fakultät ein fester Bestandteil der Kirchenleitung ist. Sie berät die Badische Landeskirche in theologischen Grundfragen.
Warum hat das evangelische Pfarrhaus seine große kulturgeschichtliche Bedeutung erlangt?
Hier sind mehrere Faktoren zu nennen. Zunächst muss der Theologiestudent eine besondere Kompetenz in Sprachen erwerben. Latein, Griechisch und Hebräisch sind auf Abiturniveau zu beherrschen. Auch in der Geschichte ist großes Wissen erforderlich. Hinzu kommen Philosophie und Psychologie. So erhalten unsere häufig sehr begabten Studierenden ein Rüstzeug für ganz unterschiedliche Kulturbereiche. Schließlich ist das Pfarrhaus ein offenes Kommunikationszentrum, in dem auch politische Debatten stattfinden.
Die Fakultät erfüllt auch kirchliche Funktionen.
Sonntags und feiertags haben wir in der Peterskirche einen Gottesdienst zu bestreiten: Wir sind eine predigende Fakultät, die sich auch in öffentliche Debatten wie in Politikberatung einschaltet. Am gleichen Ort findet jeden Mittwoch um sieben Uhr morgens ein Abendmahlsgottesdienst statt. Außerdem gibt es dort den unkonventionellen Gottesdienst „Inspirationen am Abend“.
Welche wichtigen Kooperationspartner hat die Theologische Fakultät?
Hier sind die Kooperationen mit der Medizin oder der Physik zu nennen. Ein weiterer Partner ist die Archäologie: Denn wir graben etwa in der Türkei und in Israel. Wichtig sind die Gemeinschaftsprojekte mit der Hochschule für Jüdische Studien sowie mit den Psychologen und Juristen, außerdem die Zusammenarbeit im Centrum für Soziale Investitionen (CSI).
Das Heidelberger „Forschungszentrum Internationale und Interdisziplinäre Theologie“ in der Hauptstraße 240 wurde im Jahr 2005 gegründet.
Foto: Theologische Fakultät
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Wie sehen Sie die Zukunftsperspektiven Ihrer Fakultät?
Wir wollen noch mehr ausländische Studierende anziehen. Schon heute zählt die Theologische Fakultät Heidelberg mit etwa 150 Doktoranden aus rund 35 Nationen zu den großen Doktorschmieden. Wir streben ein Doktorandenprogramm an, das auch Kurzzeitaufenthalte in Heidelberg ermöglicht. Deshalb bauen wir ein „Global Network“ auf, dem schon über 20 internationale Universitäten – auch aus den USA – beigetreten sind.
Wie entstand die Evangelische Fakultät Heidelberg?
Sie ist eine Folge des Konfessionenstreits im 18. Jahrhundert. Deshalb machte der Landesfürst einen klaren Schnitt: Die katholischen Professoren der Theologischen Fakultät Heidelberg wurden 1807 nach Freiburg versetzt, die Protestanten blieben in Heidelberg, wo sich heute der katholische und der protestantische Bevölkerungsanteil etwa die Waage halten. Im 20. Jahrhundert haben sich die theologischen Fakultäten emanzipiert. Heute wollen sie im kritischen Gespräch mit der Kirche zur Lösung der Gegenwartsprobleme beitragen.
Welche Phasen waren in der Geschichte der Fakultät besonders wichtig?
Entscheidend war die Reformation. Heidelberg wurde international zu einem intellektuellen Brennpunkt, wo die Debatten der Zeit geführt wurden. Dass Luther in der Stadt disputiert hat, hängt damit zusammen, dass hier der Geist der Renaissance und der frühen Aufklärung wehte. Im 16. Jahrhundert, das ein Highlight unserer Fakultätsgeschichte darstellt, hielt reformiertes Gedankengut Einzug und machte die Stadt zum „dritten Genf“. Der Heidelberger Katechismus hat eine weltweite Wirkung entfaltet. Erst im 20. Jahrhundert erlebte die Theologische Fakultät erneut eine große Zeit. Vor allem nach 1945 eroberte sie mit führenden Köpfen den ersten Platz in Deutschland.
Schon jetzt tritt das Reformationsjubiläum 2017 – 500 Jahre nach Luthers Thesenanschlag – ins Blickfeld.
Dazu wird es umfangreiche Aktivitäten der Fakultät geben. Aber zunächst steht 2009 Johannes Calvins 500. Geburtstag bevor. Prof. Christoph Strohm schreibt derzeit eine Calvin-Biographie, und in Berlin wird eine große Ausstellung über den Begründer des Calvinismus gezeigt, an der Strohm maßgeblich beteiligt ist.
Welche Heidelberger Theologen ragen in der Geschichte besonders hervor?
Die wichtigsten Theologen gab es wohl im 20. Jahrhundert. Dazu zählen der Alttestamentler Gerhard von Rad, dann der Neutestamentler Günther Bornkamm sowie die Kirchenhistoriker Hans Frhr. von Campenhausen und Gottfried Seebaß, auch Ernst Troeltsch als ein Hauptvertreter der liberalen Theologie.
Und welche Theologen stehen heute besonders im Blickpunkt?
Das derzeit bekannteste Mitglied unserer Fakultät ist der Neutestamentler Gerd Theißen, der weltweiten Einfluss ausübt. Dann haben wir mit Michael Welker einen international renommierten Systematischen Theologen. Auch unser Diakoniewissenschaftler Heinz Schmidt verfügt über eine starke Ausstrahlung.
Rückfragen bitte an:
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Tel. 06221 542310, Fax 542317
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
Irene Thewalt
Tel. 06221 542310, Fax 542317
presse@rektorat.uni-heidelberg.de
Wir wollen noch mehr ausländische Studierende anziehen. Schon heute zählt die Theologische Fakultät Heidelberg mit etwa 150 Doktoranden aus rund 35 Nationen zu den großen Doktorschmieden. Wir streben ein Doktorandenprogramm an, das auch Kurzzeitaufenthalte in Heidelberg ermöglicht. Deshalb bauen wir ein „Global Network“ auf, dem schon über 20 internationale Universitäten – auch aus den USA – beigetreten sind.
Wie entstand die Evangelische Fakultät Heidelberg?
Sie ist eine Folge des Konfessionenstreits im 18. Jahrhundert. Deshalb machte der Landesfürst einen klaren Schnitt: Die katholischen Professoren der Theologischen Fakultät Heidelberg wurden 1807 nach Freiburg versetzt, die Protestanten blieben in Heidelberg, wo sich heute der katholische und der protestantische Bevölkerungsanteil etwa die Waage halten. Im 20. Jahrhundert haben sich die theologischen Fakultäten emanzipiert. Heute wollen sie im kritischen Gespräch mit der Kirche zur Lösung der Gegenwartsprobleme beitragen.
Welche Phasen waren in der Geschichte der Fakultät besonders wichtig?
Entscheidend war die Reformation. Heidelberg wurde international zu einem intellektuellen Brennpunkt, wo die Debatten der Zeit geführt wurden. Dass Luther in der Stadt disputiert hat, hängt damit zusammen, dass hier der Geist der Renaissance und der frühen Aufklärung wehte. Im 16. Jahrhundert, das ein Highlight unserer Fakultätsgeschichte darstellt, hielt reformiertes Gedankengut Einzug und machte die Stadt zum „dritten Genf“. Der Heidelberger Katechismus hat eine weltweite Wirkung entfaltet. Erst im 20. Jahrhundert erlebte die Theologische Fakultät erneut eine große Zeit. Vor allem nach 1945 eroberte sie mit führenden Köpfen den ersten Platz in Deutschland.
Schon jetzt tritt das Reformationsjubiläum 2017 – 500 Jahre nach Luthers Thesenanschlag – ins Blickfeld.
Dazu wird es umfangreiche Aktivitäten der Fakultät geben. Aber zunächst steht 2009 Johannes Calvins 500. Geburtstag bevor. Prof. Christoph Strohm schreibt derzeit eine Calvin-Biographie, und in Berlin wird eine große Ausstellung über den Begründer des Calvinismus gezeigt, an der Strohm maßgeblich beteiligt ist.
Welche Heidelberger Theologen ragen in der Geschichte besonders hervor?
Die wichtigsten Theologen gab es wohl im 20. Jahrhundert. Dazu zählen der Alttestamentler Gerhard von Rad, dann der Neutestamentler Günther Bornkamm sowie die Kirchenhistoriker Hans Frhr. von Campenhausen und Gottfried Seebaß, auch Ernst Troeltsch als ein Hauptvertreter der liberalen Theologie.
Und welche Theologen stehen heute besonders im Blickpunkt?
Das derzeit bekannteste Mitglied unserer Fakultät ist der Neutestamentler Gerd Theißen, der weltweiten Einfluss ausübt. Dann haben wir mit Michael Welker einen international renommierten Systematischen Theologen. Auch unser Diakoniewissenschaftler Heinz Schmidt verfügt über eine starke Ausstrahlung.
Heribert Vogt
© Rhein-Neckar-Zeitung
© Rhein-Neckar-Zeitung
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Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Tel. 06221 542310, Fax 542317
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