Heinrich Zimmer: „Ansporn, über die Grenzen der Fächer hinaus zu denken“
17.
Dezember
2008
Von Nationalsozialisten vertriebener Südasienwissenschaftler gewürdigt – Feierliche Einweihung des Heinrich-Zimmer-Lesesaals in der Bibliothek des Südasien-Instituts der Universität Heidelberg
Ende November wurde der von den Nationalsozialisten vertriebene Südasien-Wissenschaftler Heinrich Zimmer mit einem Festakt am Südasien-Institut der Universität Heidelberg gewürdigt. Etwa 40 Gäste, darunter Zimmers einziger noch lebender Sohn, waren bei der Einweihung des Heinrich-Zimmer-Lesesaals zugegen. Die Festredner beleuchteten Zimmers Leben und Wirken – und zeichneten das Bild eines Gelehrten, der auf der Suche nach der Wahrheit weit über die Grenzen des alltäglichen wissenschaftlichen Lebens hinaus blickte.
Der Heidelberger Germanist Professor Jörg Riecke schilderte, wie Zimmer über die Stationen Kunstgeschichte und Germanistik zum Studium der indischen Philologie kam. Nach Promotion und Habilitation erhielt Zimmer schon bald einen Ruf von Greifswald nach Heidelberg. Die Heidelberger Zeit war laut Prof. Riecke in wissenschaftlicher und persönlicher Hinsicht außerordentlich bereichernd für Zimmer. Zum einen lernte er hier die Studentin Christiane von Hoffmansthal kennen – und riet ihr: „Statt Romanistik soll man lieber etwas anständiges studieren, zum Beispiel Sanskrit.“ Professor und Studentin kamen sich beim gemeinsamen Sanskrit-Studium näher – und heirateten.
Aus wissenschaftlicher Sicht verschrieb sich Zimmer immer mehr der philosophischen Suche nach der Wahrheit und streckte dabei seine Fühler weit über sein eigentliches Fach hinaus. Das kam seiner Natur entgegen, denn laut Prof. Riecke war Zimmer „nicht begabt für die isolierte und realitätsferne Betrachtung“. Stattdessen tauschte er sich rege mit Größen wie C.G. Jung, Karl Jaspers oder Alfred Weber aus. Das Interesse an diesem Austausch hielt Zimmer länger in Deutschland, als ratsam war. Zimmer wurde bereits von 1933 an von den Nationalsozialisten aufgrund seiner „nicht-arischen Versippung” beobachtet – und bekam bald ernstere Schwierigkeiten.
Die Gestapo sorgte dafür, dass die Studenten fernblieben, die sonst so zahlreich die Vorlesungen des glänzenden Redners besucht hatten. Zimmer, der auf das Hörergeld angewiesen war, musste sich nach anderen Einkommensquellen umsehen. Er gab Werke seines Schwiegervaters Hugo von Hoffmansthal heraus, um sich über Wasser zu halten. Doch als ihm dann 1939 endgültig die Lehrerlaubnis entzogen wurde, floh er – zunächst nach England, dann weiter in die USA.
Dort fiel es ihm zunächst nicht leicht, Fuß zu fassen. Zimmers letzter noch lebender Sohn, Dr. Lukas Rauch, schilderte seine ganz persönlichen Eindrücke dieser schwierigen Zeit. Dank populärer Schriften, beispielsweise über Yoga, war Zimmer allerdings bald einem breiteren Publikum bekannt – so dass es schnell aufwärts ging. Doch bereits 1943 erkrankte er an einer Lungenentzündung und starb unerwartet früh, gerade zu Beginn seines Ruhmes, im Alter von 52 Jahren. Nach seinem Tod entwickelten sich etliche seiner Werke zur Standardliteratur, die auch heute noch aktuell ist. So erklärte Professor Michaels: „Manches liest man heute zwar anders – aber es ist immer noch anregend!“
Der Heidelberger Germanist Professor Jörg Riecke schilderte, wie Zimmer über die Stationen Kunstgeschichte und Germanistik zum Studium der indischen Philologie kam. Nach Promotion und Habilitation erhielt Zimmer schon bald einen Ruf von Greifswald nach Heidelberg. Die Heidelberger Zeit war laut Prof. Riecke in wissenschaftlicher und persönlicher Hinsicht außerordentlich bereichernd für Zimmer. Zum einen lernte er hier die Studentin Christiane von Hoffmansthal kennen – und riet ihr: „Statt Romanistik soll man lieber etwas anständiges studieren, zum Beispiel Sanskrit.“ Professor und Studentin kamen sich beim gemeinsamen Sanskrit-Studium näher – und heirateten.
Aus wissenschaftlicher Sicht verschrieb sich Zimmer immer mehr der philosophischen Suche nach der Wahrheit und streckte dabei seine Fühler weit über sein eigentliches Fach hinaus. Das kam seiner Natur entgegen, denn laut Prof. Riecke war Zimmer „nicht begabt für die isolierte und realitätsferne Betrachtung“. Stattdessen tauschte er sich rege mit Größen wie C.G. Jung, Karl Jaspers oder Alfred Weber aus. Das Interesse an diesem Austausch hielt Zimmer länger in Deutschland, als ratsam war. Zimmer wurde bereits von 1933 an von den Nationalsozialisten aufgrund seiner „nicht-arischen Versippung” beobachtet – und bekam bald ernstere Schwierigkeiten.
Die Gestapo sorgte dafür, dass die Studenten fernblieben, die sonst so zahlreich die Vorlesungen des glänzenden Redners besucht hatten. Zimmer, der auf das Hörergeld angewiesen war, musste sich nach anderen Einkommensquellen umsehen. Er gab Werke seines Schwiegervaters Hugo von Hoffmansthal heraus, um sich über Wasser zu halten. Doch als ihm dann 1939 endgültig die Lehrerlaubnis entzogen wurde, floh er – zunächst nach England, dann weiter in die USA.
Dort fiel es ihm zunächst nicht leicht, Fuß zu fassen. Zimmers letzter noch lebender Sohn, Dr. Lukas Rauch, schilderte seine ganz persönlichen Eindrücke dieser schwierigen Zeit. Dank populärer Schriften, beispielsweise über Yoga, war Zimmer allerdings bald einem breiteren Publikum bekannt – so dass es schnell aufwärts ging. Doch bereits 1943 erkrankte er an einer Lungenentzündung und starb unerwartet früh, gerade zu Beginn seines Ruhmes, im Alter von 52 Jahren. Nach seinem Tod entwickelten sich etliche seiner Werke zur Standardliteratur, die auch heute noch aktuell ist. So erklärte Professor Michaels: „Manches liest man heute zwar anders – aber es ist immer noch anregend!“
Dr. Lukas Rauch, Sohn des Heidelberger Indienwissenschaftlers Heinrich Zimmer, bei der Einweihung des Lesesaals der Bibliothek des Südasien-Instituts.
Foto: Volker Oberkircher, Südasien-Institut
|
Professorin Gita Dharampal-Frick, geschäftsführende Direktorin des Südasien-Instituts, stellte fest, dass Zimmer „entscheidend zum Abbau westlicher Vorurteile über Indien beigetragen hat“. Und sie freute sich, berichten zu können, dass die indische Regierung bereits über eine Heinrich-Zimmer-Professur am Südasien-Institut nachdenkt.
Für Zimmer, dem es zu seinem größten Bedauern verwehrt geblieben war, nach Indien zu reisen, muss die immer größer werdende Bedeutung Indiens späte Bestätigung sein. Professor Dr. Joachim E. Fischer ist sich sicher: „Heinrich Zimmer hätte vor Begeisterung gesprüht, wenn er vom Exzellenzcluster 'Asia and Europe' hier in Heidelberg gehört hätte.“ Denn Zimmer dachte nicht nur über nationale Grenzen hinaus, sondern auch über fachliche Grenzen – sein Vermächtnis besteht laut Fischer im „Ansporn, über die Grenzen des Faches hinaus zu denken“.
Kontakt:
Volker Oberkircher
Südasien-Institut der Universität Heidelberg
Tel. 06221-548900,Fax 544998
volker@sai.uni-heidelberg.de
Allgemeine Rückfragen von Journalisten bitte an:
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
Irene Thewalt
presse@rektorat.uni-heidelberg.de
Seitenbearbeiter:
E-Mail