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Elektrische Signale verstärken schwache Duftreize in unseren Nasen

Pressemitteilung Nr. 25/2011
31. Januar 2011
Wissenschaftler der Universität Heidelberg entschlüsseln Funktionsweise der Riechzellen
riechzelle
Mikro­sko­pi­sche Auf­nah­me einer Riech­zelle, die aus dem Riech­epi­thel iso­liert wurde. Am oberen Ende sieht man die Sinnes­här­chen, mit denen Duft­stoffe in der Atem­luft auf­ge­spürt werden. Am unteren Ende beginnt ein Axon, das die Geruchs­in­for­ma­tion zum Ge­hirn lei­tet. Die Zel­le ist 50 Mikro­meter lang.

Das Riechsystem des Menschen besitzt einen speziellen elektrischen Verstärkungsmechanismus, der die Riechzellen der Nase dazu befähigt, auch auf extrem schwache Reize zu reagieren. Wie dieser Mechanismus funktioniert, haben Wissenschaftler der Universität Heidelberg unter Leitung des Physiologen Prof. Dr. Stephan Frings entschlüsselt. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Chloridionen, die in den sogenannten Sinneshärchen der Nase gespeichert werden. Sobald Duftstoffe auf die Duftstoffrezeptoren der Sinneshärchen treffen, werden die Chloridionen schlagartig freigesetzt. Dieser Vorgang erzeugt starke elektrische Signale, die die entsprechende Geruchsinformation an das Gehirn weiterleiten.

Unsere Nase nimmt mit der Atemluft unablässig Duftstoffe auf. Das Riechsystem hat es dabei mit einer ungeheuren Vielfalt chemischer Verbindungen zu tun: Die Luft eines Zimmers, in dem eine Kaffeemaschine arbeitet, Pflanzen auf der Fensterbank stehen und Menschen aus- und eingehen, enthält viele Tausend unterschiedlicher Duftstoffe. Für das Riechsystem ist dieses Chaos kein Problem. Es identifiziert mit großer Zuverlässigkeit das Kaffeearoma, obwohl allein dies aus über 800 verschiedenen Duftstoffen zusammengesetzt ist. Die Riechzellen in der Nase sind dazu mit Duftstoffrezeptoren ausgestattet. Dabei handelt es sich um Proteine, die von den Riechzellen auf feinen Sinneshärchen in die Atemluft gehalten werden.

Bei der Erforschung der Riechzellen und ihrer Rezeptoren gab es eine bisher nicht gelöste Frage. Die Konzentration einzelner Duftstoffe in der Nase, also die Anzahl von Molekülen eines bestimmten Duftstoffs pro Kubikzentimeter Atemluft, ist sehr gering. Zugleich haben sich die Duftstoffrezeptoren als recht unempfindlich erwiesen. Sie reagieren nur äußerst schwach auf die niedrigen Duftstoffkonzentrationen. Wie kann es also sein, dass die Schlüsselfunktion unseres hochempfindlichen Riechsystems ausgerechnet von Rezeptoren mit geringer Empfindlichkeit ausgeübt wird? Die Lösung ist der elektrische Verstärkungsmechanismus für die Riechzellen, den Prof. Frings und sein Team am Centre for Organismal Studies der Universität Heidelberg entschlüsselt haben.

Die Sinneshärchen der Riechzellen bereiten sich in besonderer Weise auf ihren Einsatz vor: Ein Proteinkomplex pumpt Chloridionen in das Innere der Sinneshärchen, so dass diese zu gut gefüllten Chloridspeichern werden. Bei einem Duftreiz kommt ein weiteres Protein zum Einsatz: ein Chloridkanal, von dem die Sinneshärchen viele Kopien in ihrer Außenmembran besitzen. Diese Chloridkanäle bleiben solange geschlossen, wie die Riechzelle ruht. Beim Duftreiz aber löst die schwache Reaktion der Duftstoffrezeptoren eine schlagartige Öffnung aller Kanäle aus. Der Ausstrom negativ geladener Chloridionen verursacht eine Ladungsumkehrung der Riechzelle. Dadurch entstehen starke elektrische Signale, die mit den Geruchsinformationen zum Gehirn geleitet werden.

Weitere Informationen sind im Internet unter www.molekulare-physiologie.de abrufbar.

Hinweis an die Redaktionen:
Digitales Bildmaterial ist in der Pressestelle erhältlich.

Originalveröffentlichung:
T. Hengl, H. Kaneko, K. Dauner, K. Vocke, S. Frings, F. Möhrlen: Molecular Components of Signal Amplification in Olfactory Sensory Cilia. PNAS (30. März 2010) 107: 6052-6057, doi: 10.1073/pnas.0909032107
 

Kontakt:
Prof. Dr. Stephan Frings
Centre for Organismal Studies
Abteilung Molekulare Physiologie der Tiere
Telefon (06221) 54-5661
s.frings@zoo.uni-heidelberg.de
 

Kommunikation und Marketing
Pressestelle, Telefon (06221) 54-2311
presse@rektorat.uni-heidelberg.de

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