Die Ausbreitung von Stress
15. Mai 2012
Erst seit knapp 70 Jahren gibt es den Ausdruck „Stress“ als Bezeichnung für ein medizinisch-gesellschaftliches Konzept, das in der westlichen Welt entwickelt wurde und dort rasch Verbreitung fand. Ob und wie sich heute auch in anderen Kulturen, insbesondere in asiatischen Ländern, immer mehr Menschen „gestresst“ fühlen, beleuchtet eine Konferenz des Exzellenzclusters „Asien und Europa im globalen Kontext“ der Universität Heidelberg. Die Tagung „The Culture of Stress“ findet am 22. und 23. Mai 2012 im Karl Jaspers Zentrum statt. Internationale Forscher aus den Disziplinen der Epidemiologie, Ethnologie und Geschichte diskutieren die Entwicklung von Stress im sozio-kulturellen Umfeld.
„Die Bezeichnung ,Stress‘ und die damit verbundenen Vorstellungen von Belastung sind heute aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Wir haben gute Gründe davon auszugehen, dass im Zuge der Globalisierung und der wirtschaftlichen Vernetzung Leistungsdruck vor allem auch in Asien zunehmend spürbar wird“, erläutert der Sozialanthropologe Dr. Christian Strümpell, der die Tagung mitorganisiert. „Im Rahmen unserer Konferenz wollen wir die epidemiehafte Verbreitung und den Umgang mit Stress in verschiedenen Kulturen diskutieren.“ Dabei wird es zum Beispiel um die Textilfabriken Bangladeschs gehen, bei denen viele westliche Bekleidungshäuser die Produktion ihrer Waren in Auftrag geben. Über die Situation der Arbeiter und den Zusammenhang von Wirtschaft und Stress spricht der Heidelberger Doktorand Hasan Ashraf, der im Rahmen seiner Feldforschung mehrere Monate in zwei Fabriken in Bangladesch gearbeitet und mit den Arbeitern zusammen gelebt hat.
Im Eröffnungsvortrag mit dem Titel „Inequality: The enemy between us?“ spricht Prof. Dr. Richard Wilkinson von der University of Nottingham (Großbritannien) über den Zusammenhang von sozialer Ungleichheit und Gesundheit. Weitere Beiträge der Konferenz behandeln Themen wie Kriegstraumata oder die wachsende Belastbarkeit von Menschen, die von Stress geplagt werden. Begleitet wird die Veranstaltung von einer Ausstellung mit Werken der Künstlerin Kristin Herrmann, die sich mit den körperlichen und psychischen Auswirkungen von Stress auseinandergesetzt hat.
Die Konferenz bildet die Abschlussveranstaltung des Forschungsprojektes „Stress und Stressabbau“, das am Exellenzcluster „Asien und Europa“ durchgeführt wurde. Drei Jahre lang haben sechs Forscher das Konzept Stress untersucht. „Wir konnten die historischen Ursprünge von ,Stress‘ in der westlichen Welt darstellen, die Erscheinungsform von ,Stress‘ in asiatischen Länder wie Bangladesch beschreiben und aufzeigen inwiefern stressabbauende Maßnahmen wie buddhistische Meditationen aus Asien im Westen populär werden“, sagt der Epidemiologe Dr. Adrian Loerbroks. Weitere Informationen über die Konferenz und das Forschungsprojekt sind im Internet unter der Adresse www.asia-europe.uni-heidelberg.de/en/workshop-stress zu finden.
Kontakt:
Dr. Alexander Häntzschel, Exzellenzcluster „Asien und Europa im globalen Kontext“
Telefon (06221) 54-4008, haentzschel@asia-europe.uni-heidelberg.de
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