Als das Telegrafennetz erstmals die Kontinente verband
6. Dezember 2012
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hat das Telegrafennetz erstmals alle Kontinente miteinander verbunden. Wie die Menschen mit der neuen Technologie umgingen und auf welche Weise diese die Kommunikation verändert hat, ist Thema eines jetzt erschienenen Buches des Heidelberger Historikers Dr. Roland Wenzlhuemer. Anhand zahlreicher Beispiele, etwa der Entstehung von Nachrichtenagenturen, erläutert der Autor, welche Zusammenhänge zwischen der Ausbreitung der Telegrafie und der Globalisierung bestehen – und welche Parallelen und Unterschiede es zur Entwicklung des Internets 100 Jahre später gibt. Dr. Wenzlhuemer forscht am Exzellenzcluster „Asien und Europa im globalen Kontext“ der Universität Heidelberg.
In neun Kapiteln beschreibt der Autor in „Connecting the Nineteenth-Century World. The Telegraph and Globalization“ die Geschichte der Telegrafie in verschiedenen Kontexten, etwa als Kommunikationsmittel für Handel und Finanzen oder für Nachrichtenagenturen und andere Medien. Der Wissenschaftler zeigt die Bedeutung der Telegrafie für Gesellschaft und Kultur auf und erläutert die Ausbreitung des britischen Telegrafennetzes bis nach Indien. Ergänzend enthält seine Publikation einen umfangreichen Anhang mit Statistiken und Auswertungen. „Die Telegrafie hat den Austausch von Informationen und damit letztlich auch den Verkehr von Waren deutlich erleichtert und beschleunigt“, erläutert Dr. Wenzlhuemer. Dank der Telegrafie wusste man beispielsweise genau, wann die jeweiligen Dampfschiffe in welchem Hafen ein- und ausliefen. Diese Nachrichten wurden von neu gegründeten Nachrichtenagenturen übermittelt und in Zeitungen wie den „Lloyd’s Lists“ publiziert. Anhand dieser Schifffahrtslisten konnte Dr. Wenzlhuemer analysieren, in welchem Umfang und in welcher Geschwindigkeit Nachrichten über das weltweite Telegrafienetzwerk übermittelt wurden.
Der Autor zeigt in seiner Veröffentlichung viele Parallelen zur Entwicklung des Internets Ende des 20. Jahrhunderts auf. So wurden sogar die Unterseekabel in vergleichbarer Weise an fast den gleichen Stellen verlegt und miteinander vernetzt. „Aber auch auf den Sprachgebrauch der Menschen hat sich die Telegrafie, ähnlich wie das Internet, deutlich ausgewirkt“, erklärt Dr. Wenzlhuemer. Als Beispiel führt er einen Nachrichtenwechsel zwischen dem Prinzen von Wales und dem König von Portugal im Juni 1870 an: Obwohl der englische Prinz eine sehr förmliche Dankesbotschaft für die Unterstützung bei der Verlegung eines Unterseekabels an den portugiesischen König schickte, antwortete dieser wenig später im Telegrammstil und unterschrieb salopp nur mit „LUIZ“.
Privatdozent Dr. Roland Wenzlhuemer ist Dozent am Historischen Seminar der Universität Heidelberg und leitet eine Forschergruppe am Exzellenzcluster „Asien und Europa im globalen Kontext“. In seiner Habilitation „Transforming Global Spaces: The Telegraph, Communication and Globalization in the Nineteenth and Early Twentieth Century” befasste er sich mit Globalisierungsprozessen im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurde er mit einem Heisenberg-Stipendium ausgezeichnet.
Weitere Informationen über das Buch und ein Videofilm über die Arbeit von Roland Wenzlhuemer sind im Internet unter www.asia-europe.uni-heidelberg.de/de/telegrafie zu finden.
Literaturhinweis:
Roland Wenzlhuemer: Connecting the Nineteenth-Century World. The Telegraph and Globalization. Cambridge University Press 2012.
Hinweis an die Redaktionen:
Ein Rezensionsexemplar kann unter press@asia-europe.uni-heidelberg.de angefordert werden. Bei Interesse steht Roland Wenzlhuemer für ein Interview zur Verfügung.
Kontakt:
Dr. Alexander Häntzschel
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