Stromübertragung auf atomarer Ebene
1. April 2014
Abbildungsnachweis: Wimberger
In einer Studie zum Transport von Atomen in ultrakalten Gasen hat ein Team von Physikern um Dr. Sandro Wimberger einen neuen Ansatz zu der Frage entwickelt, wie sich die Übertragung von Strom auf atomarer Ebene realisieren lässt. Dies könnte für die Herstellung von logischen Bauelementen mit fest definierten Funktionen auf der Basis einzelner Atome von besonderer Bedeutung sein und zum Beispiel in Transistoren oder Dioden Anwendung finden. Die am Institut für Theoretische Physik der Universität Heidelberg durchgeführten Forschungsarbeiten sind auf dem innovativen Feld der Atomtronics angesiedelt. Dabei geht es um das fundamentale Verständnis quantenmechanischer Effekte im Vergleich zur klassischen Elektronik.
Neue experimentelle Möglichkeiten, ultrakalte atomare Gase gezielt zu kontrollieren, erlauben die Bottom-Up-Herstellung und Untersuchung von logischen Bauelementen. Die Heidelberger Arbeitsgruppe von Dr. Wimberger befasst sich mit dem Transport einzelner Atome durch eine Kette von sogenannten Potentialtöpfen. „In ganz anderen Größenordnungen können wir uns einen leeren Eierkarton vorstellen, in dem Eier durch die einzelnen Vertiefungen von einem Ende des Kartons zum anderen ,wandern‘“, so der Heidelberger Physiker. Die Atome verhalten sich bei diesen Untersuchungen kohärent, das heißt, dass sie im dynamischen Transportverlauf einer gemeinsamen festen Regel folgen. In diesem Fall ist ihr Verhalten komplett quantenmechanisch über die gesamte Kette der Potentialtöpfe hinweg. Gleichzeitig wechselwirken jedoch die verschiedenen Atome miteinander, was den Transport von einem in den nächsten Topf beeinflussen kann, wie Dr. Wimberger erläutert.
Analog zum Fließen von Elektronen in einem Festkörper, dem elektrische Spannung anliegt, arbeiten die Heidelberger Wissenschaftler mit bosonischen Atomen aus einem großen Teilchenreservoir, die an ein Gitter von Potentialtöpfen gekoppelt werden. Einzelne Bosonen fließen daraus über die Gitter-Kette zu einem kleineren Reservoir von Teilchen ab, wobei Strom erzeugt wird. „Dieser Strom ist abhängig von den Eigenschaften der Teilchenreservoire, vor allem aber von den Wechselwirkungen zwischen den Atomen“, sagt Anton Ivanov, der Erstautor der Studie und ehemaliger Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe von Dr. Wimberger ist. Im Falle schwacher Wechselwirkung ist der Stromfluss nach Angaben der Heidelberger Wissenschaftler direkt proportional zum Unterschied der Teilchenzahlen in den beiden Reservoiren: Er steigt also mit der Teilchenzahldifferenz – die einer Spannung in einem elektrischen Stromkreis entspräche – linear an. Bei starker Wechselwirkung streuen die Atome untereinander und blockieren den Stromfluss, bis er ganz zum Erliegen kommt.
In ihrer Untersuchung verwendeten die Heidelberger Wissenschaftler einen analytischen Zugang, der durch numerische Rechnungen weitgehend bestätigt wurde. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „European Physical Journal“ veröffentlicht.