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Verbesserung motorischer Fähigkeiten nach einem Schlaganfall

Pressemitteilung Nr. 117/2014
13. Juni 2014
Neurowissenschaftler und Informatiker erforschen neue Behandlungsmethoden in Untersuchungen an Ratten
Ratte, Abbildung 1, 160x200

Bild: Tabea Kraus, Anna-Sophia Wahl, Björn Ommer

Eine Ratte, die nach einem Zuckerstück greift. Die roten Trajektorien zeigen die Bewegungen nach einem Schlaganfall, wobei die Punkte die Position der Pfote nach festen Zeitintervallen darstellen. Aufgrund einer Schädigung des motorischen Cortex ist die Ratte nicht in der Lage, ihren Arm koordiniert zu bewegen, und verfehlt das Ziel. Nach der Rehabilitation (grüne Trajektorien) sind die Greifbewegungen dann wiederhergestellt und zielgerichtet.

Ein großer Schlaganfall hat gravierende Auswirkungen auf unterschiedliche Gehirnfunktionen, wobei selbst unter intensiver Rehabilitation nur eine unzulängliche Verbesserung der massiv eingeschränkten motorischen Fähigkeiten gelingt. Eine kombinierte Therapie aus medikamentöser Stimulierung des Nervenfaserwachstums und motorischem Training haben Wissenschaftler aus der Schweiz gemeinsam mit Forschern des Heidelberg Collaboratory for Image Processing (HCI) der Universität Heidelberg an Ratten untersucht. Eine detaillierte computergestützte Analyse der Bewegungsmuster und der anatomischen Daten hat dabei gezeigt, dass nur ein richtiges Timing des rehabilitativen Trainings nach der Medikamentengabe zu einer beinahe vollständigen Erholung der Tiere führt, wie Prof. Dr. Björn Ommer vom HCI betont. Die Forschungsergebnisse wurden in „Science“ veröffentlicht.

Das Gehirn hat ein enormes Potential zur Regeneration, um geschädigte Funktionen wiederzuerlangen. Allerdings gelingt ihm eine solche Reparatur insbesondere nach schwerwiegenden Verletzungen wie einem großen Schlaganfall nicht von selbst. Die ideale Kombination von rehabilitativem Training und Substanzen, die das Wachstum des Nervengewebes unterstützen, konnte nun jedoch nach Angaben von Prof. Ommer bei Ratten nach einem halbseitigen Schlaganfall zur fast vollständigen Wiederherstellung ihrer motorischen Funktionen führen. Dazu hat ein interdisziplinäres Team von Neurowissenschaftlern der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und der Universität Zürich sowie Informatikern des Heidelberg Collaboratory for Image Processing der Universität Heidelberg die Muster von neu gebildeten Nervenfasern untersucht und zur Heilung der motorischen Fähigkeiten in Beziehung gesetzt. „Dies ist ein weiterer großer Schritt der Forschung auf dem Weg zu einer wirksamen Therapie bei Verletzungen des Gehirns und der Behandlung von Schlaganfällen“, erklärt der Heidelberger Wissenschaftler als Mitglied des Forscherteams.

In den Experimenten wurden Ratten nach einem Schlaganfall einer spezifischen Immuntherapie unterzogen, die das Wachstum von Nervenfasern im verletzten Bereich ankurbelt. Dies alleine zeigte nach den Worten von Prof. Ommer jedoch nicht die erwünschte Regeneration. In seinen Versuchen konnte das interdisziplinäre Team zeigen, dass erst das richtig koordinierte physische Training – das Greifen nach Futterpellets – zusammen mit der Immuntherapie die erhoffte Wiederherstellung der motorischen Fähigkeiten bewirkt. „Bei korrektem Timing erlangten die Ratten erstaunliche 85 Prozent der ursprünglichen Performanz wieder“, erläutert Björn Ommer mit Blick auf die jetzt veröffentlichten Forschungsergebnisse der Heidelberger und Zürcher Wissenschaftler. „Zu frühes Training erzielte jedoch mit 15 Prozent Performanz nur eine sehr geringe Leistung.“

Um die richtige Therapie zu bestimmen, haben Bildverarbeiter der „Heidelberger Computer Vision Gruppe“ unter der Leitung von Prof. Ommer große Mengen anatomischer Daten und Videos von Bewegungsmustern analysiert, die die Neurowissenschaftlerin Dr. Anna-Sophia Wahl (ETH Zürich und Universität Zürich) in ihren Untersuchungen an gelähmten Ratten zusammengetragen hat. So gelang es den Informatikern, den Verlauf des Regenerationsprozesses für verschiedene Therapieprozesse physiologisch genau zu vermessen. Mit Hilfe ihrer kompositionellen Algorithmen zur Objekterkennung konnten sie so nicht nur die neu geschaffenen Strukturen detektieren, sondern diese auch zu ebenfalls automatisch erkannten Veränderungen im Bewegungsablauf in Beziehung setzen. „Die Analyse dieser Zusammenhänge bot dann den Neurowissenschaftlern in dieser interdisziplinären Kooperation die Möglichkeit, die optimale Therapie zu identifizieren“, betont Prof. Ommer.

 

Originalveröffentlichung:

Wahl, A.S., Omlor, W., Rubio, J.C., Chen, J.L., Zheng, H., Schröter, A., Gullo, M., Weinmann, O., Kobayashi, K., Helmchen, F., Ommer, B., Schwab, M.E.: Asynchronous therapy restores motor control by rewiring of the rat corticospinal tract after stroke. Science 13 June 2014: Vol. 344 no. 6189 pp. 1250-1255, doi: 10.1126/science.1253050

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 22.09.2014
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