Neuigkeiten aus dem Himalaya
19. Dezember 2014
Eine bedeutende historische Quelle für die Erforschung der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen im Himalaya nach dem Zweiten Weltkrieg stellt die in der indischen Stadt Kalimpong erschienene Zeitung „Himalayan Times“ dar. Über eine neue Datenbank, die am Exzellenzcluster „Asien und Europa im globalen Kontext“ der Universität Heidelberg in Kooperation mit der Universitätsbibliothek Heidelberg entstanden ist, sind nahezu alle Ausgaben der Zeitung aus den Jahren 1949 bis 1963 online zugänglich. Insbesondere die Leitartikel und Reportagen, so die Initiatoren, geben Aufschluss darüber, wie die Menschen in der Grenzregion Nordindiens zu Tibet, Nepal und Bhutan gelebt haben – aber auch, welches Bild sie sich von Europa und dem Westen gemacht haben.
Der Aufbau der Datenbank ist Teil des Forschungsprojekts „Kalimpong als ,Kontaktzone‘: Begegnungen zwischen Tibet und westlich-geprägter Moderne im frühen 20. Jahrhundert“, das von Prof. Dr. Birgit Kellner vom Exzellenzcluster „Asien und Europa“ geleitet wird. Als Folge der im Jahr 1904 durch britisches Militär erzwungenen Handelsabkommen mit Tibet hatte sich der Grenzort Kalimpong zu einem wichtigen Umschlagplatz für tibetische und westliche Gebrauchsgüter entwickelt. In der Berichterstattung der „Himalayan Times“, die von 1947 an erschienen ist, spiegelt sich die Bedeutung dieser Stadt als Knotenpunkt von Begegnungen zwischen Ost und West. „Die Zeitung reflektiert lokale und globale Verflechtungen, die sowohl für Bilder über den Himalaya als auch über den Westen prägend waren“, erläutert Dr. Markus Viehbeck vom Exzellenzcluster. Aufschlussreich in diesem Zusammenhang ist beispielsweise ein in dieser Zeitung veröffentlichter Reisebericht von Archibald Steele, der 1951 als einer der ersten westlichen Journalisten zu dieser Zeit nach Tibet reisen durfte. „Besonders angetan war der Amerikaner von dem kosmopolitischen Charakter Kalimpongs. Hier trafen christliche Missionare, tibetische Aristokraten, britische Kolonialbeamte, Tibet-Forscher und andere Enthusiasten aus aller Welt aufeinander. Steele wunderte sich, dass Hollywood den Ort nicht längst entdeckt hatte“, so Dr. Viehbeck.
Die Datenbank der „Himalayan Times“ basiert maßgeblich auf einer Sammlung der Historikerin Dr. Isrun Engelhardt, die die an verschiedenen Orten und Institutionen wie beispielsweise der New York Public Library noch auffindbaren Ausgaben zusammengetragen hat. Am Aufbau der Datenbank waren die Doktorandin Anna Sawerthal und Sarah Ewald beteiligt. Unterstützt wurde das Projekt auch von Sandip Jain, dem Enkel des Zeitungsgründers. Mit dem digitalen Archiv in Heidelberg sind nun mehr als 90 Prozent aller Ausgaben der Zeitung aus den Jahren 1949 bis 1963 online abrufbar. Zusätzlich zur Ansicht einzelner Seiten in unterschiedlichen Dateiformaten bietet das System eine Volltextsuche in allen verfügbaren Ausgaben.