Collegium Academicum: Zwischen Reeducation und Studentenbewegung
6. Oktober 2015
Mit der wechselvollen Geschichte des Collegium Academicum, eines selbstverwalteten Heidelberger Studentenwohnheims in der Nachkriegszeit, beschäftigt sich eine Ausstellung, die an der Ruperto Carola gezeigt wird. Sie ist im Oktober 2015 zunächst im Universitätsarchiv und anschließend von November bis Februar 2016 im Universitätsmuseum zu sehen. Anlass ist die Gründung dieses Kollegienhauses vor siebzig Jahren im Rahmen des Reeducation-Programms der amerikanischen Besatzungsmacht. Mit einem Vortrag wird der Historiker Dr. Gerd Koenen (Jena) die Ausstellung im Universitätsarchiv eröffnen, zum Ausstellungsstart im Universitätsmuseum spricht der Bildungswissenschaftler und Zeitzeuge Prof. Dr. Gerd Steffens (Kassel).
Mit der Gründung des Collegium Academicum sollte nicht nur Wohnraum geschaffen werden. Gedacht war auch, dass die Studenten, darunter viele aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekehrte Soldaten, über die Selbstverwaltung in eine demokratisch organisierte Alltagsstruktur hineinwachsen. Zur Verfügung gestellt wurde ihnen das im 18. Jahrhundert als Teil des damaligen Jesuitenviertels gebaute „Seminarium Carolinum“, das sich in der Seminarstraße 2 befindet. Das Gebäude bot Platz für mehr als 100 Bewohner. Hinzu kamen Gemeinschaftsräume, auch eine Aula für politische und kulturelle Veranstaltungen wurde eingerichtet. Nicht zuletzt im Zuge der Studentenbewegung der 1960er Jahre kam es zunehmend zu Konflikten im und um das Collegium Academicum vor allem im Hinblick auf eine politische Radikalisierung. Eine Senatskommission beschloss schließlich die Auflösung. Im Jahr 1978 wurde das Gebäude geräumt.
Konzipiert wurde die Ausstellung vom Förderverein Collegium Academicum. Wie die Organisatoren betonen, soll zum einen das Verhältnis zwischen Universität und Collegium Academicum thematisiert werden. Zum anderen geht es auch um die Formen der Selbstverwaltung und die internen Diskurse. Zu Wort kommen dabei nicht zuletzt Zeitzeugen, die in dem Wohnheim gelebt haben. Anliegen ist eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Institution, die die Nachkriegszeit in Heidelberg geprägt hat.
Zur Eröffnung der Ausstellung lädt das Universitätsarchiv am Freitag, 9. Oktober 2015, ein. Dr. Koenen, der am Imre Kertéz Kolleg in Jena tätig ist, wird in seinem Vortrag über „Das rote Jahrzehnt – in Heidelberg und anderswo“ sprechen. Die Veranstaltung in der Akademiestraße 4 beginnt um 18 Uhr. Zur Eröffnung der Ausstellung im Universitätsmuseum, Grabengasse 1, wird Prof. Steffens von der Universität Kassel am 3. November einen Vortrag mit dem Titel „Zwischen Reeducation und Studentenbewegung – Das Collegium Academicum als Projekt politischer Bildung“ halten. Beginn ist um 18 Uhr.
Die Ausstellung „Collegium Academicum: Gemeinsam Leben und Lernen 1945 – 1985 – 2015“ wird vom 13. bis zum 30. Oktober 2015 im Universitätsarchiv gezeigt. Das Archiv hat dienstags und mittwochs von 9 bis 18 Uhr und donnerstags von 9 bis 12.30 Uhr geöffnet. In einer erweiterten Form ist die Ausstellung anschließend im Universitätsmuseum vom 4. November bis zum 13. Februar 2016 zu sehen. Die Öffnungszeiten des Universitätsmuseums sind Dienstag bis Samstag von 10 bis 16 Uhr. Der Eintritt beträgt 3,00 Euro, ermäßigt 2,50 Euro.