Hinweise auf eine gescheiterte Supereruption in den Anden
2. August 2016
Quelle: Landsat 8, U.S. Geological Survey
In den Anden hat es Magma-Ansammlungen gegeben, die für eine sogenannte vulkanische Supereruption ausgereicht hätten, jedoch nicht zum Ausbruch gekommen sind. Das haben Geowissenschaftler der Universität Heidelberg entdeckt. Solche Ausbrüche, bei denen enorme Mengen an Magma ausgespien werden, stellen die größten vulkanischen Ereignisse auf der Erde dar. Die Forscher des Instituts für Geowissenschaften fanden gemeinsam mit Kollegen aus den USA heraus, dass sich in der Altiplano-Puna-Region seit der letzten Supereruption vor etwa 2,9 Millionen Jahren kontinuierlich ein Magmavolumen von supervulkanischen Dimensionen gebildet hatte. Diese Magmen gelangten aber nicht in einer katastrophalen Eruption an die Oberfläche, sondern erstarrten durch langsame Abkühlung als plutonische Gesteine in der Tiefe. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Geology“ veröffentlicht.
„In einer supervulkanischen Eruption werden mehr als 1.000 Kubikkilometer große Mengen an Magma ausgespien, das sich zuvor in oberflächennahen Reservoiren angesammelt hat“, erklärt Prof. Dr. Axel Schmitt vom Institut für Geowissenschaften. „Diese Speicher werden wiederum aus tieferen Stockwerken in der Erdkruste und dem darunterliegenden Erdmantel gespeist. Während der Eruption brechen die überlagernden Gesteinsschichten in die entleerte Magmakammer ein, wobei sich Kessel, sogenannte Calderen, mit Durchmessern von bis zu 100 Kilometern bilden können.“ In der Altiplano-Puna-Region ereigneten sich nach Angaben von Axel Schmitt innerhalb der vergangenen zehn Millionen Jahre mindestens sieben Supereruptionen, die jüngste vor etwa 2,9 Millionen Jahren. Eine offene Frage ist, warum es danach zu keinen weiteren riesigen Eruptionen kam und ob die Region heute für solche Ereignisse als inaktiv angesehen werden kann.
Gemeinsam mit amerikanischen Kollegen untersuchten die Heidelberger Wissenschaftler anhand von Proben aus fünf vergleichsweise kleinen Lavadomen in Nordchile und Südost-Bolivien die bislang jüngsten Eruptionen, die in ihrer chemischen Zusammensetzung den supervulkanischen Magmen aus der Region entsprechen. Dabei bestimmten sie mit Hilfe eines räumlich hochauflösenden Massenspektrometers das Alter haarfeiner Zirkonkristalle aus diesen Lavaströmen. „Das Mineral Zirkon bildet sich fast ausschließlich in Schmelzen und zeigt daher mit seinem Alter an, zu welchem Zeitpunkt sich Magma unter dem Vulkan befunden hat“, erklärt Axel Schmitt. „Das überraschende Ergebnis war, dass in allen fünf von uns untersuchten Vulkanen Zirkonalter gemessen wurden, die sich kontinuierlich vom Zeitpunkt der Eruption vor etwa 75.000 Jahren bis zurück zum Alter der letzten Supervulkaneruption erstreckten.“
Modellrechnungen ergaben nach den Angaben von Prof. Schmitt, dass die Bildung von Zirkon über einen derart langen Zeitraum nur möglich ist, wenn der Magmennachschub mit einem für eher kleine Vulkane unerwartet hohen Zustrom von etwa einem Kubikkilometer Magma in 1.000 Jahren erfolgte. „Dies bedeutet, dass sich über einen langen Zeitraum unter den fünf Lavadomen ein Magmenvolumen mit supervulkanischen Ausmaßen angesammelt haben muss, das als plutonisches Gestein in der Tiefe erstarrte.“ Das Fehlen einer großen vulkanischen Eruption bedeutet daher nicht unbedingt, dass die magmatische Tätigkeit völlig zum Erliegen gekommen ist, wie der Vulkanologe betont. Möglicherweise hat sich der Magmenaufstieg aus tieferen Bereichen in den vergangenen 2,9 Millionen Jahren nur verlangsamt, so dass sich in der Unterwelt der Anden ein riesiger Gesteinskörper – ein sogenannter Pluton – gebildet hat.
„Unsere Forschungsergebnisse zeigen aber auch, dass ein nur relativ geringer Anstieg im Magmennachschub von etwa einem auf fünf Kubikkilometer in 1.000 Jahren über längere Zeit ausreichen würde, um erneut günstige Bedingungen für katastrophale supervulkanische Eruptionen zu schaffen. Eine neue Supereruption im Altiplano-Puna Gebiet wäre möglich, allerdings nur nach einer langen Vorlaufzeit“, erklärt Prof. Schmitt.
An den Forschungsarbeiten waren Wissenschaftler der Oregon State University und der University of California in Los Angeles beteiligt.