Patentierung embryonaler Stammzellen zwischen wissenschaftlicher Innovation und ökonomischen Interessen
21. Dezember 2016
Mit rechtlichen und ethischen Aspekten der sogenannten Biopatentierung beschäftigt sich ein Forschungsprojekt, das Wissenschaftler der Universität Heidelberg und Mitglieder der Heidelberger Akademie der Wissenschaften durchführen. Dabei geht es um die gewerblichen Schutzrechte für embryonale Stammzellen des Menschen, die anhand aktueller Rechtsentwicklungen und juristischer Auslegungsprozesse sowie gesellschaftlichen Diskussionen und Stellungnahmen auf internationaler und nationaler Ebene analysiert werden. Die Forscher wollen Kriterien erarbeiten, um differenziert zwischen ökonomischen Interessen und ethisch-rechtlichen Argumenten abwägen zu können. Das Teilprojekt Ethik ist an der Universität verortet, das Teilprojekt Recht an der Akademie. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das dreijährige Projekt bis Ende April 2019 mit knapp 450.000 Euro.
„Wissenschaftlich-technische Umbrüche, Initiativen des Gesetzgebers, die nicht-legislative Fortentwicklung des Rechts und Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen haben dafür gesorgt, dass das Patentwesen in den vergangenen Jahrzehnten verstärkt zu einem Feld ethisch-rechtlicher Kontroversen wurde. Die Folgen der Ethisierung und Politisierung der Patentierung in der Stammzellforschung sind bisher noch wenig erforscht“, erklärt Projektsprecher Prof. Dr. Klaus Tanner vom Theologischen Seminar der Universität Heidelberg, der Leiter des Teilprojekts Ethik ist. Nach den Worten des Wissenschaftlers ist diese Entwicklung Teil eines gesamtgesellschaftlichen Wandels, bei dem angesichts rasant wachsender biotechnologischer Eingriffsmöglichkeiten in die Strukturen des Lebens über nationale Ebenen hinaus nach neuen Regelungen für Forschung und Entwicklung gesucht werden muss. „Wir bewegen uns hier in einem aus ethischer und rechtlicher Sicht sensiblen Spannungsfeld zwischen der Förderung wissenschaftlicher Innovationen und der Sicherung und Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen mit Hilfe von Patenten. Die damit verbundenen Herausforderungen betreffen die Steuerung der gesamten Lebenswissenschaften, so dass sich die im Projekt gewonnenen Ergebnisse aus dem Bereich der Stammzellforschung und ihrer medizinischen Anwendungen auf einen größeren Handlungszusammenhang übertragen lassen“, sagt Prof. Tanner.
Leiter des Teilvorhabens Recht ist Prof. Dr. Rüdiger Wolfrum, langjähriger Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg und Geschäftsführender Direktor der Max-Planck-Stiftung für Internationalen Frieden und Rechtsstaatlichkeit. Im Teilvorhaben Recht arbeiten zudem international erfahrene Rechts- und Patentanwälte mit. In das Projekt „Das Patentwesen als Medium der Ethisierung und Politisierung der Stammzellforschung und die Konsequenzen seiner Funktionserweiterung für die Lebenswissenschaften“ sind zudem externe Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft eingebunden. Zum wissenschaftlichen Beirat gehört einer der führenden deutschen Patentrechtexperten, Prof. Dr. Joseph Straus. Der Beirat wird in regelmäßigen Abständen die Ergebnisse begutachten und mit den Beteiligten in Workshops besprechen.