Dem Geheimnis möglicher neuer Enzyme auf der Spur
1. Juni 2017
Foto: Annika Eisenschmidt
Neue Erkenntnisse zur möglichen biologischen Funktion der Patellamide haben Wissenschaftler der Universität Heidelberg gewonnen: In Laboruntersuchungen konnten sie zeigen, dass dieser Naturstoff in Verbindung mit Kupfer(II) wichtige katalytische Aktivität entfaltet. Um herauszufinden, ob diese Aktivität auch innerhalb der patellamid-produzierenden Organismen beobachtet werden kann, haben die Forscher um den Chemiker Prof. Dr. Peter Comba ein spezielles Untersuchungsverfahren entwickelt. Damit ließen sich stabile Kupfer(II)-Patellamid-Komplexe in lebenden Zellen nachweisen – eine Voraussetzung dafür, dass diese Verbindung als Katalysator wirken kann. Möglicherweise handelt es sich dabei also um eine neue Art von Enzymen.
Patellamide wurden erstmals 1981 aus dem Organismus der Seescheide Lissoclinum patella isoliert. Heute weiß die Wissenschaft, dass sie nicht von der Seescheide selbst, sondern vielmehr von ihrem Symbionten, der Blau-Grün-Alge Prochloron, hergestellt werden. Mit früheren Untersuchungen im Labor konnten die Heidelberger Forscher bereits nachweisen, dass Patellamide mit je zwei Kupfer(II)-Ionen einen Komplex bilden, der unter anderem als Katalysator für die Aufnahme von Kohlenstoffdioxid fungiert.
Darauf aufbauend wollten die Wissenschaftler herausfinden, ob die katalytische Aktivität der zweikernigen Kupfer(II)-Patellamid-Verbindungen tatsächlich auch in den Prochloron-Zellen selbst eine Rolle spielt – ob es sich dabei also um eine neue Art von Enzymen handeln könnte. Dr. Annika Eisenschmidt hat daher im Rahmen ihrer Doktorarbeit die Stabilität der Komplexe in der Blau-Grün-Alge untersucht. Dazu schuf sie ein künstliches Patellamid mit einem sogenannten Fluoreszenz-Marker. Das so modifizierte Patellamid leuchtet. Sobald jedoch Kupfer(II) gebunden wird, erlischt die Fluoreszenz.
Weil Prochloron nur am Great Barrier Reef gesammelt werden kann und sich die Zellen lediglich eine Woche am Leben erhalten lassen, wurde die Untersuchungsmethode zunächst an einer verwandten Alge getestet. Anschließend erweiterten die Wissenschaftler die Experimente in Kooperation mit Kollegen in Australien. So war es möglich, die Prochloron-Zellen vor Ort zusammen mit dem Wirt, der Seescheide Lissioclinum patella, zu isolieren. Anschließend konnten die künstlichen, fluoreszierenden Patellamide in die Zellen eingeschleust werden. Das Ergebnis: Wie vorher schon im Reagenzglas beobachtet, erlischt die Fluoreszenz bei Zugabe von Kupfer(II) zu diesen Zellen. Dies zeigt nach den Worten von Peter Comba, dass in den Prochloron-Zellen stabile Kupfer(II)-Patellamid-Komplexe gebildet werden.
In einem nächsten Schritt soll nun die genaue Struktur dieser Komplexe in lebenden Zellen ermittelt werden. „Falls es sich um zweikernige Verbindungen handelt, wie wir sie in unseren Laboruntersuchungen beobachtet haben, könnten sie tatsächlich wichtige Aufgaben als Enzyme besitzen“, betont der Chemiker.