Radioaktive Metallkomplexe zur Diagnose und Therapie von Tumoren
12. September 2017
Grafik: Miriam Starke, Peter Comba
Mit radioaktiven Metallkomplexen, die in der Diagnose und Therapie von Tumoren eingesetzt werden sollen, beschäftigt sich das Team des Chemikers Prof. Dr. Peter Comba. Mit ihren aktuellen Untersuchungen am Anorganisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Entwicklung sogenannter radiopharmazeutischer Tracer auf der Basis von Indium und Actinium einen vielversprechenden Ansatz für neue Radiopharmaka darstellt. Die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung sollen in weiterführende Studien mit Blick auf mögliche Anwendungen einfließen.
Beim Prinzip der radiopharmazeutischen Tracer wird ein „biologischer Vektor“ eingesetzt, um krankes Gewebe im Organismus zu lokalisieren. Dazu erhält der Vektor – zum Beispiel ein Peptid oder ein Antikörper – eine Markierung mit einem radioaktiven Element und wird so dem Patienten verabreicht. Diese strahlende Einheit reichert sich an seinem Ziel an, und je nach Zerfallsprozess des Elements kann die Strahlung Tumorzellen sichtbar machen oder zerstören. „Ein wichtiger Vorteil dieser Methode ist, dass damit auch einzelne Zellen gefunden und somit sehr kleine Tumore therapiert werden können“, erläutert Prof. Comba.
Die Radioaktivität dieser Pharmaka ist so hoch, dass nur sehr geringe Konzentrationen für die Sichtbarmachung oder Zerstörung von Tumoren eingesetzt werden müssen. Verwendet werden pico- bis nanomolare Lösungen. Die Konzentration an radioaktiven Atomen in einer solchen Lösung ist etwa eine Million Mal kleiner als die von Natriumionen im Blut.
Nach den Worten von Prof. Comba gibt es viele Gründe, biologische Vektoren mit radioaktiven Metallionen zu markieren. Dazu gehört die Vielfalt der verfügbaren Elemente und Isotope, die über ideale Halbwertszeiten und Zerfallsprozesse sowie Energie für vielfältige Anwendungen verfügen. Dabei werden die Metallionen an organische Moleküle, sogenannte bifunktionale Chelatoren (BFCs), gebunden, die ihrerseits an den Tumor-suchenden biologischen Vektoren befestigt sind.
Wichtig ist, dass die Markierung der Tracer mit radioaktiven Metallionen sehr schnell und effizient erfolgt. Sie muss auch unter physiologischen Bedingungen geschehen, damit die biologischen Vektoren nicht beschädigt werden. Von zentraler Bedeutung ist aber auch, dass das radioaktive Atom äußerst stabil an den BFC gebunden ist. „Es darf auf dem Weg zur Tumorzelle unter keinen Umständen verloren werden“, sagt Prof. Comba. „Da sich die Radioaktivität dann im ganzen Körper verteilt, wäre dies ein Verhängnis für scharfe Bilder oder die selektive Zerstörung von Tumorzellen.“
Schnelle Markierung, sehr geringe Konzentration und hohe Stabilität sind Bedingungen, die nur sehr schwer gleichzeitig zu erfüllen sind. Bei der Entwicklung spezieller Tracermoleküle liegt der Fokus im Team von Prof. Comba auf BFCs, die in ihrer Struktur der besonders stabilen Diamantgeometrie gleichen. In den vergangenen Jahren konnten die Heidelberger Forscher bereits zeigen, dass diese BFCs eine äußerst aussichtsreiche Plattform für die Entwicklung von radiopharmazeutischen Tracern mit Kupfer-Ionen – hier Kupfer-64 – sind.
Ziel der darauf aufbauenden Arbeiten war es, das Anwendungsspektrum auf weitere nuklearmedizinisch wichtige Radiometalle auszudehnen. Im Mittelpunkt steht das Isotop Actinium-225, für das bis dahin noch kein potenter BFC existiert hat. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat sich Dr. Katharina Rück im Team von Prof. Comba daher auf die Synthese neuartiger bifunktionaler Chelatoren für radioaktive Metallionen wie Actinium-225 konzentriert. Eingehend untersucht wurden diese neuen BFCs in Zusammenarbeit mit Kollegen in Kanada, die vor allem auch die radiochemischen Studien durchgeführt haben.
Diese Untersuchungen zeigen besonders vielversprechende Ergebnisse mit den Radiometallen Indium-111 für die Diagnostik und Actinium-225 für die Therapie. Dies bedeutet, dass der bis auf das Metallion gleiche Tracer für Diagnostik und Therapie eingesetzt werden kann. Daher soll der neue BFC nun an biologische Vektoren gebunden und in Tierversuchen getestet werden.
Die Forschungsergebnisse wurden in „Chemistry – A European Journal“ veröffentlicht.