Mit Hilfe des maschinellen Lernens die Schlaganfalltherapie verbessern
16. Januar 2018
Methoden der Optogenetik und des maschinellen Lernens sollen gemeinsam dazu beitragen, die Therapiemöglichkeiten von Schlaganfallpatienten zu verbessern. Wissenschaftler der Universität Heidelberg haben dazu ein „Computer Vision“-Verfahren entwickelt: Analysiert werden damit die Veränderungen der motorischen Fähigkeiten, die aus der gezielten Anregung gesunder Hirnareale resultieren. Die mit einer Videokamera aufgezeichneten Bewegungen werden automatisch ausgewertet, um so den Rehabilitationsprozess zu überprüfen und die optogenetische Stimulation zu bewerten und anzupassen. Für diesen neuen Ansatz haben die Heidelberger Forscher am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR) mit Neurobiologen aus der Schweiz zusammengearbeitet.
Motorische Lähmungen sind neben Sprach- und Sehstörungen die häufigsten Symptome nach einem Schlaganfall. Für den überwiegenden Teil der Patienten ist die Neurorehabilitation die einzige Therapieoption, wie Dr. Dr. Anna-Sophia Wahl, Neurowissenschaftlerin an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und Erstautorin der Studie, erläutert. „Viele Ansätze in der Grundlagenwissenschaft und in der Klinik zielen darauf, unspezifisch große gesunde Regionen des Gehirns nach einem Schlaganfall zu stimulieren, um Regenerationsprozesse anzustoßen. Wir regen jedoch bestimmte nicht betroffene Hirnareale mittels Optogenetik gezielt an, sodass diese Verbindungen in die geschädigte Gehirnhälfte ausprägen, um deren Aufgaben zu übernehmen.“ Dazu werden sogenannte kortiko-spinale Schaltkreise von der Großhirnrinde zum Rückenmark spezifisch aktiviert.
In der Optogenetik werden genetisch modifizierte Zellen mit Hilfe von Licht gesteuert. Die Kooperationspartner in der Schweiz – neben der ETH Zürich auch Forscher der Universität Zürich – haben die optogenetische Stimulation zusammen mit einem intensiven rehabilitativen Training eingesetzt, um die gelähmte Handfunktion bei Ratten wiederherzustellen. „Mit unserer automatischen Evaluation der Bewegungsprozesse konnten wir zeigen, dass es zu einer vollständigen Erholung gekommen ist“, erläutert Prof. Dr. Björn Ommer, Forscher am IWR und Leiter der Forschungsarbeiten auf Heidelberger Seite. Demnach lassen sich mit dem neuen „Computer Vision“-Verfahren selbst feine Veränderungen der motorischen Funktionen quantifizieren. „Mit der Aufzeichnung und Analyse der Bewegungen schaffen wir die Grundlage für eine objektive Beurteilung, ob zuvor eingeschränkte Fähigkeiten bloß kompensiert oder die ursprünglichen Funktionen wiederhergestellt wurden.“
Prof. Ommer ist Mitglied des Interdisziplinären Zentrums für Wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg. Seine Forschungsgruppe „Computer Vision“ ist am Heidelberg Collaboratory for Image Processing angesiedelt. Die aktuellen Ergebnisse der gemeinsamen Forschung mit den Wissenschaftlern in Zürich wurden in „Nature Communications“ veröffentlicht.