Lautenschläger-Forschungspreis geht posthum an den Physiker Karlheinz Meier
22. November 2018
Der Experimentalphysiker Prof. Dr. Karlheinz Meier, Begründer des neuromorphen Rechnens an der Universität Heidelberg, wird posthum mit dem Lautenschläger-Forschungspreis 2018 geehrt. Das Preisgeld von 250.000 Euro geht an seine Arbeitsgruppe am Kirchhoff-Institut für Physik. Der Stifter des Preises und Ehrensenator der Ruperto Carola, Dr. h.c. Manfred Lautenschläger, vergibt erstmals auch einen Preis für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Diese mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung erhält die Materialchemikerin Dr. Claudia Backes vom Physikalisch-Chemischen Institut, die an der Herstellung und Weiterentwicklung neuer ultradünner Substanzen arbeitet. Die festliche Verleihung des höchstdotierten Forschungspreises eines privaten Stifters in Deutschland findet am 7. Dezember 2018 statt.
Als „international herausragenden Wissenschaftler“ würdigt Manfred Lautenschläger den diesjährigen Preisträger Karlheinz Meier, der wenige Tage nach Bekanntgabe der Auszeichnung verstorben ist. „Seine Begeisterung für die Experimentalphysik, seine Neugier für fundamentale physikalische Fragen und sein Mut, neue technologische Wege auszuloten, waren die treibenden Kräfte für sein außerordentliches Wissenschaftlerleben“, so der Preisstifter. „Mit den Fragestellungen, die den Ausnahmephysiker faszinierten, bewegte er sich stets an den Grenzen des bis dahin Bekannten und für technisch machbar Gehaltenen. Dabei scheute er nie das Risiko, mit seinen Ideen anzuecken.“ Der zum ersten Mal verliehene Lautenschläger-Forschungspreis für den wissenschaftlichen Nachwuchs gilt einer „exzellenten jungen Forscherin, deren Arbeit sich durch besonders innovative Ansätze ausweist“, wie Manfred Lautenschläger betont.
Karlheinz Meier wurde 1992 auf eine Professur für Experimentalphysik an die Universität Heidelberg berufen, an der er im Jahr 1999 das Kirchhoff-Institut für Physik gründete. Zuvor hatte er auf dem Gebiet der Elementarteilchenphysik am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg und am europäischen Forschungszentrum CERN in Genf gearbeitet. In Heidelberg wandte sich der Physiker vor rund 15 Jahren einem neuen Arbeitsgebiet zu – den Prinzipien der Informationsverarbeitung des Gehirns und der Frage, wie diese auf neuartige Computerarchitekturen übertragen werden können. Dafür entwickelte er mit BrainScaleS ein fundamental neues Computersystem. Der neuromorphe BrainScaleS-Chip stellt ein physikalisches Abbild seines biologischen Vorbilds, des Gehirns, dar und realisiert dessen Zellen, Verbindungen und Kommunikation durch analoge und digitale Schaltungen unter Verwendung moderner Mikroelektronik. Aufgebaut und in Betrieb genommen wurde das System im Rahmen des Human Brain Project. Prof. Meier war Mitbegründer dieses von der Europäischen Union geförderten Flaggschiff-Projekts.
Claudia Backes arbeitet seit 2015 an der Universität Heidelberg und leitet am Physikalisch-Chemischen Institut eine Nachwuchsforschergruppe, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Emmy Noether-Programms gefördert wird. Mit der Erforschung von Nanomaterialien widmet sie sich einem hochaktuellen Arbeitsgebiet. Mithilfe spezieller Verfahren blättert die Wissenschaftlerin aus Schichtkristallen verschiedener chemischer Zusammensetzungen dünne Lagenpakete ab, um so neue ultradünne Nanomaterialien zu erzeugen. Die neugewonnenen zweidimensionalen Materialien untersucht sie mit Methoden der Spektroskopie und der Mikroskopie, um ihre spezifischen Eigenschaften im Hinblick auf elektrische, optische und elektrochemische Einsatzmöglichkeiten zu optimieren. Dr. Backes wurde 2017 als hervorragende Nachwuchswissenschaftlerin an der Universität Heidelberg mit dem Klaus-Georg und Sigrid Hengstberger-Preis ausgezeichnet.
Der Lautenschläger-Forschungspreis wird alle zwei Jahre für besondere Leistungen in der Spitzenforschung vergeben. Die Auszeichnung wendet sich an Wissenschaftler der Universität Heidelberg sowie an Forscher aus dem In- und Ausland, die der Ruperto Carola durch Wissenschaftskooperationen in besonderer Weise verbunden sind. Der Unternehmer Manfred Lautenschläger hat den Preis 2001 ins Leben gerufen, um herausragende, im Erkenntnisprozess aktive Forscherinnen und Forscher zu fördern. 2018 wird erstmals auch der Preis für den wissenschaftlichen Nachwuchs verliehen, um exzellente junge Forscher in ihrer persönlichen wissenschaftlichen Entwicklung und ihrer Forschungstätigkeit zu unterstützen. Ein interdisziplinär zusammengesetztes Kuratorium weltweit vernetzter Wissenschaftler entscheidet über die Auswahl der Preisträger, die aus allen Disziplinen für den Lautenschläger-Forschungspreis nominiert werden können.
Die Festveranstaltung anlässlich der Preisverleihung eröffnet der Rektor der Universität Heidelberg, Prof. Dr. Bernhard Eitel. Den Festvortrag hält der Indologe Prof. Dr. Axel Michaels, der 2015 mit dem Lautenschläger-Forschungspreis ausgezeichnet wurde. Die erste Trägerin dieses Preises, die Physikerin Prof. Dr. Johanna Stachel, wird in ihrer Laudatio das wissenschaftliche Werk und Wirken von Karlheinz Meier würdigen. Die preiswürdige Arbeit von Dr. Backes stellt die Geschäftsführende Direktorin des Centre for Advanced Materials, Prof. Dr. Jana Zaumseil, vor. Der Preisstifter Manfred Lautenschläger überreicht die Auszeichnung an Claudia Backes und wendet sich mit einer Ansprache an die Gäste der Veranstaltung.