Forschung Erfolg für Sonderforschungsbereiche
Pressemitteilung Nr. 55/2019
23. Mai 2019
Geisteswissenschaftlicher SFB „Materiale Textkulturen“ erreicht dritte Förderperiode – Förderung für vier Verbünde in der Medizin – Weitere Heidelberger SFB/TRR-Beteiligung
Mit fünf Anträgen für die Förderung großer Forschungsverbünde und Fördermitteln in Höhe von insgesamt rund 66 Millionen Euro ist die Universität Heidelberg in der aktuellen Bewilligungsrunde der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erfolgreich. Ein neuer Sonderforschungsbereich (SFB) an der Medizinischen Fakultät Heidelberg befasst sich mit dem Glioblastom, einem bösartigen Hirntumor. Ebenfalls in der Heidelberger Medizin angesiedelt sind ein SFB zur Schmerzforschung und der Sonderforschungsbereich/Transregio (SFB/TRR) mit Partnern in Tübingen und Mainz, der dermatologische und immunologische Fragen verbindet. Beide Verbünde werden ihre Arbeit in einer zweiten Förderphase fortsetzen. Der geisteswissenschaftliche Sonderforschungsbereich „Materiale Textkulturen“ erreicht seine dritte Förderperiode von vier Jahren. Darüber hinaus sind Wissenschaftler des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim als Mitantragsteller maßgeblich beteiligt an einem neu eingerichteten SFB/TRR zur Erforschung des Kontrollverlusts und des kontrollierten Umgangs mit Suchtstoffen. Verlängert wird ein transregionaler Verbund zum Thema Wettervorhersage, ebenfalls mit Beteiligung der Ruperto Carola.
Im Mittelpunkt des Sonderforschungsbereichs „Materiale Textkulturen“ (SFB 933) stehen schrifttragende Artefakte aus Gesellschaften, in denen keine Verfahren der massenhaften Produktion von Geschriebenem verbreitet waren oder sind. Dazu gehören mit Tinte beschriftete Bambusspleiße aus dem alten China, Graffiti auf antiken Goldmünzen des Römischen Reiches oder gedruckte Stammbücher der Frühen Neuzeit, die für handschriftliche Einträge vorgesehen waren. Zu derartigen Schriftstücken einen neuen interpretativen Zugang zu entwickeln, ist Anliegen der am Verbund mitwirkenden Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen geisteswissenschaftlichen Disziplinen. Mit dem Versuch, den Raum- und Handlungszusammenhang der Artefakte zu rekonstruieren, sollen die Beziehungen von Material, Schrift und kulturellen Praktiken vormoderner Kulturen erforscht werden. SFB-Sprecher ist weiterhin der Mediävist Prof. Dr. Ludger Lieb vom Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg. Am SFB 933, der von der DFG mit rund 11,7 Millionen Euro gefördert wird, ist die Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg beteiligt. Der im Jahr 2011 eingerichtete Sonderforschungsbereich erreicht mit der dritten Förderperiode die maximale Förderdauer von zwölf Jahren.
Neu eingerichtet wird der Sonderforschungsbereich „Understanding and Targeting Resistance in Glioblastoma“ (SFB 1389), in dem Resistenzen beim Glioblastom – eine bei Kindern und Erwachsenen schwere und meist tödliche Erkrankung – verstanden und gezielt bekämpft werden sollen. Grundlegendes Ziel des in der Heidelberger Medizin angesiedelten Forschungsverbundes ist es, neuartige Therapien zu entwickeln. Allerdings sind für die meisten als Standardtherapien angesehenen Verfahren grundlegende molekulare Mechanismen der primären oder sekundären Resistenz vollständig oder zumindest teilweise noch nicht verstanden. Kernstück des SFB-Konzepts ist die „Core Sammlung“, für die einheitliche, integrierte Datensätze aus den verschiedenen Hochdurchsatzverfahren, präklinischen Modellen, der Bildgebung und klinischen Daten generiert werden. Sprecher des mit rund 12,4 Millionen Euro geförderten Sonderforschungsbereichs ist Prof. Dr. Wolfgang Wick, Geschäftsführender Direktor der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg und Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Neuroonkologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Projektpartner neben dem DKFZ ist die Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg.
Im Sonderforschungsbereich „Von der Nozizeption zum chronischen Schmerz: Struktur-Funktions-Merkmale neuraler Bahnen und deren Reorganisation“ (SFB 1158) untersuchen die Wissenschaftler, wie aus akuten Schmerzen chronische Schmerzen werden. In diesem Zusammenhang geht es insbesondere um die Frage, auf welche Weise sich dieser Übergang verhindern oder umkehren lässt. Im Mittelpunkt stehen dabei die Veränderungen der Nervenzellen und Nervenbahnen, wenn Schmerzen chronisch werden. Sprecherin des Sonderforschungsbereichs ist weiterhin Prof. Dr. Rohini Kuner, Geschäftsführende Direktorin des Pharmakologischen Instituts an der Medizinischen Fakultät Heidelberg. Partner sind das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg, die Universität Würzburg, die Universität des Saarlandes in Saarbrücken sowie das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Bonn. Die DFG fördert den Forschungsverbund mit rund 15,6 Millionen Euro.
Der Sonderforschungsbereich/Transregio „Die Haut als Koordinator lokaler und systemischer Immunität“ (SFB/TRR 156) befasst sich mit der Rolle der Haut bei der Abwehr von Krankheitserregern und der Verarbeitung von Umwelteinflüssen sowie der Steuerung systemischer Immunantworten über die Haut. Die Wissenschaftler gehen der Frage nach, wie Abwehrzellen der Haut sowohl miteinander als auch mit anderen Zelltypen der Haut und dem hauteigenen Mikrobiom interagieren. Die Forschungsarbeiten sollen zudem neue Einsichten bringen, auf welche Weise verschiedene Zelltypen der Haut weitere Immunzellen und damit die vielschichtige Krankheitsabwehr des Körpers beeinflussen. Das Ziel ist die Entwicklung neuer Therapieansätze für chronisch-entzündliche Erkrankungen wie die Schuppenflechte. Die Sprecherfunktion des SFB/TRR 156 übernimmt weiterhin Prof. Dr. Alexander Enk, Geschäftsführender Direktor der Universitäts-Hautklinik am Universitätsklinikum Heidelberg. An dem transregionalen Verbund, der mit rund 13,6 Millionen Euro gefördert wird, sind die Universitäten Tübingen und Mainz sowie das Deutsche Krebsforschungszentrum beteiligt.
Die Forschungsarbeiten des neuen Sonderforschungsbereichs/Transregio „Losing and Regaining Control over Drug Intake: From Trajectories to Mechanisms to Interventions“ (SFB/TRR 265) zielen auf ein besseres Verständnis der Mechanismen, die dafür verantwortlich sind, dass Menschen die Kontrolle über den Konsum von Drogen verlieren. Auf verhaltens-, kognitions- und neurowissenschaftlicher Ebene wollen die am SFB/TRR 265 beteiligten Forscherinnen und Forscher die Auslöser und beeinflussenden Faktoren identifizieren, die zu Kontrollverlust bei Drogenkonsum führen. Darauf aufbauend sollen Therapien entwickelt werden, die zur Wiedergewinnung eines kontrollierten Umgangs mit Suchtstoffen beitragen. Stellvertretende Sprecher des transregionalen Verbundes sind Prof. Dr. Falk Kiefer, Ärztlicher Direktor der Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI), und Prof. Dr. Dr. Heike Tost, Forschungsgruppenleiterin am ZI und wie Prof. Kiefer ebenfalls Inhaberin einer Professur an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg. Sprecherinstitution des mit rund 13,1 Millionen Euro geförderten SFB/TRR 265 ist die Charité – Universitätsmedizin Berlin, weiterer Partner die Technische Universität Dresden.
Der Sonderforschungsbereich/Transregio „Wellen, Wolken, Wetter“ (SFB/TRR 165) untersucht die Grenzen der Vorhersagbarkeit in der Wettervorhersage sowie die wissenschaftlichen Grundlagen, die für die nächste Generation von Vorhersagesystemen benötigt werden. Am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg widmet sich die Arbeitsgruppe „Visual Computing“ von Prof. Dr. Filip Sadlo in diesem Kontext der Erforschung neuer Visualisierungstechniken. Im Mittelpunkt stehen dabei Techniken zur effektiven Analyse der resultierenden Wettersimulationen sowie Techniken zum besseren Verständnis der eigentlichen Simulationsprozesse. Sprecherinstitution des von der DFG mit rund 13,3 Millionen geförderten SFB/TRR 165 ist die Ludwig-Maximilians-Universität München. Ebenfalls Antragsteller im transregionalen Verbund sind das Karlsruher Institut für Technologie und die Universität Mainz.