Dass Strahlen und andere so genannte mutagene Agentien Krebs erzeugen können, weil sie das Erbgut der Zellen verändern, ist schon lange bekannt. Ab welcher Dosis aber wird es gefährlich? Wie verändern sie das Erbgut? Welche Veränderungen bleiben folgenlos, und welche wandeln eine gesunde Zelle sehr wahrscheinlich in eine Krebszelle um? Gregor Kreth und Christoph Cremer vom Kirchhoff-Institut für Physik schildern die ausgeklügelten Computermodelle, die auf der Basis neuer zellbiologischer Erkenntnisse erarbeitet worden sind und dabei helfen sollen, mögliche Strahlenschäden präzise vorherzusagen. Wichtig ist dies beispielsweise für die Strahlentherapie von Tumoren: Das Risiko, einen Sekundärtumor zu entwickeln, der nach der erfolgreichen Bestrahlung eines erst aufgetretenen Tumors entstehen kann, wäre besser abschätzbar.
Vor 110 Jahren, im November 1895, entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen in Würzburg eine neue Art von Strahlen mit höchst merkwürdigen Eigenschaften. Diese Strahlen konnten zum Beispiel mühelos menschliche Gewebe durchdringen und so zum ersten Mal in der Geschichte der Medizin das Skelett im lebenden Menschen sichtbar machen. Bereits wenige Jahre später wurde eine weitere Entdeckung gemacht, die die Medizin revolutionieren sollte: Die Röntgenstrahlen wurden zur Therapie von Tumoren genutzt. Dass Röntgenstrahlen Krebs nicht nur besiegen, sondern auch erzeugen können, stellte sich erst später heraus. Ähnliche Eigenschaften wurden auch für eine andere Art energiereicher ("ionisierender") Strahlung festgestellt, die der französische Naturforscher Antoine Henri Becquerel (1852-1908) nur wenige Wochen nach Röntgen an Uranpräparaten entdeckte.
Während der letzten hundert Jahre wurde immer deutlicher, wie bedeutend ionisierende Strahlung für unser Leben und unsere Gesundheit ist – vor allem durch katastrophale Ereignisse wie den Einsatz von Atomwaffen, Kernkraftwerkunfälle, aber auch Versagen im medizinischen Bereich. Der Schutz vor ionisierender Strahlung wurde deshalb sogar in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen (GG Artikel 74).
Umfangreiche Untersuchungen ganzer Forschergenerationen haben Licht in die komplexen Vorgänge gebracht, wie Röntgenstrahlen und andere ionisierende Strahlen, aber auch viele Chemikalien Krebs auslösen und die menschliche Gesundheit gefährden. Sogar ultraviolette Sonnenstrahlen können in ähnlicher Weise wirken. Hauptangriffspunkt ist stets die Erbinformation (Desoxyribonukleinsäure, DNS), die in den Chromosomen in Form langer Molekülketten enthalten ist. Sie kann durch Strahlung und Chemikalien – durch so genannte mutagene Agentien – in vielfacher Weise verändert werden.
Solche Agentien können beispielsweise bewirken, dass ein oder mehrere Ketten der DNS brechen. Solche "DNS-Brüche", wissenschaftlich exakt "DNS-Doppelstrangbrüche" genannt, werden von der Zelle so rasch wie möglich repariert. Dazu eilen enzymatische Reparaturteams an die Schadstellen, die von kompliziert gebauten "Biomolekularen Maschinen" (siehe Ruperto Carola, 1/2002) zusammengestellt werden. Die Reparaturkomplexe lagern sich an die schadhafte Stelle an und fügen einen auseinander gebrochenen DNS-Strang wieder in gleicher Weise wie zuvor zusammen. Damit ist das Problem behoben.
Leider kann es aber vorkommen, dass fälschlicherweise zwei DNS-Stränge, die von verschiedenen Chromosomen stammen, miteinander verbunden werden. Die mögliche Folge ist, dass zwei neue Chromosomen entstehen: Das erste Chromosom hat ein Stück an das zweite Chromosom verloren und dafür ein Stück von dem zweiten Chromosom erhalten. Genetische Information wurde also zwischen zwei Chromosomen ausgetauscht – ein Austausch, der viele Gene umfassen kann.
Unter Umständen können bei einer solchen "Translokation" (Umlagerung, Austausch) Gene, also zusammengehörende "Sinneinheiten", auseinander gerissen und neu zusammengesetzt werden. In den meisten Fällen wird dies keine schlimmen Auswirkungen haben, da die davon betroffenen Gene in der Zelle nicht aktiv sind. In einigen Fällen kann die Zelle ihre Funktion einbüßen: Da der menschliche Körper aus rund 10 000 Milliarden Zellen besteht, ist die Funktionsuntüchtigkeit einer einzelnen Zelle nicht von entscheidender Bedeutung. In seltenen Fällen aber kann aus einer Translokation ein "Fusionsgen" hervorgehen, ein neues Gen, das die Information zur Bildung von Proteinen enthält, die für den Organismus verheerende Folgen haben.
Ein Beispiel ist die chronisch myeloische Leukämie, eine häufig tödlich endende Krebserkrankung des blutbildenden Systems. Am Anfang stehen DNS-Brüche, die sich in den Chromosomen Nummer 9 und 22 der entsprechenden Stammzellen des Knochenmarks ereignen. Der Schaden wird zwar repariert, allerdings fehlerhaft: Aus den nicht zusammengehörenden Teilen entsteht ein Fusionsgen, dessen Genprodukte (Proteine) die Zelle dazu antreiben, sich unkontrolliert und auf Kosten gesunder Zellen zu teilen.
Bislang war kaum vorherzusagen, wie Strahlen oder andere Umweltfaktoren, die auf eine Zelle schädigend einwirken, die Erbinformation verändern und in welchem Schweregrad sie das tun. Dies hängt von vielen Faktoren ab, etwa von der Art der Zellen: Verschiedene Organe haben verschiedene Strahlenempfindlichkeiten. Untersuchungen an Tieren sind sehr wichtig, lassen sich aber leider nur begrenzt auf den Menschen übertragen. Eine Hilfe bieten hier unterstützende Biocomputing-Verfahren. Am Lehrstuhl für Angewandte Optik und Informationsverarbeitung des Heidelberger Kirchhoff-Instituts für Physik entwickeln wir im Rahmen eines von der Europäischen Union geförderten Projekts derartige Computermodelle zur Risikoabschätzung von Strahlung. Die Verfahren beruhen auf neuen experimentellen Erkenntnissen über die Struktur der Erbinformation im Zellkern.
Früher dachte man, der Zellkern sei so eine Art Wollkorb, in der ein irgendwie zusammengeknautschtes "Wollknäuel", die Erbinformation DNS, aufbewahrt ist. Heute wissen wir, dass der Zellkern eine komplexe Geometrie besitzt – und dass genau diese Geometrie mit darüber entscheidet, ob sich nach der Einwirkung mutagener Agentien eine chromosomale Veränderung ereignet, die aus einer gesunden Zelle eine Krebszelle machen kann.
Der Zellkern ist hierarchisch in aufeinander abgestimmte Ebenen strukturiert. Die erste Ordnungsebene ist die lineare Abfolge der rund sechs Milliarden Basenpaare der Erbinformation. Dies entspricht der Abfolge von Buchstaben in einem Sammelwerk von mehreren tausend Bänden. Die Abfolge der Basen ist für alle Zellen eines bestimmten Organismus gleich. Die zweite Organisationsebene hat mit den Wechselwirkungen der DNS mit anderen Molekülen im Zellkern zu tun. Bei den wechselwirkenden Molekülen handelt es sich vor allem um Proteine und Proteinkomplexe. Aufgrund ihrer molekularen Struktur können sie sich an bestimmte Stellen der DNS anlagern und auf diese Weise Gene an- oder abschalten. Verändert eine Translokation die Sequenz, also die Abfolge der Basen in einem Gen, so ändert sich auch die im Gen gespeicherte Information – und hat womöglich die am Beispiel der chronisch myeloischen Leukämie geschilderten Folgen.
Die dritte Ebene der Organisation des Zellkerns ist die dreidimensionale Geometrie der Erbinformation. Das Erbmolekül ist rund zwei Meter lang und muss so gepackt werden, dass es in den nur 1/100 bis 1/200 Millimeter kleinen Zellkern passt. Dieses Problem hat die Natur durch eine umfangreiche "Kompartimentbildung" gelöst: Die Erbinformation ist in menschlichen Zellkernen in 46 großen "Bücherregalen", den Chromosomenterritorien, zusammengefasst. Anscheinend stehen diese "Chromosomen-Bücherregale" nicht wahllos im Zellkern herum: Einige Regale, die nur wenig gelesene "Bücher" enthalten, sind am Rand des Zellkerns aufgestellt; andere Regale mit viel gelesenen Büchern befinden sich in der Mitte. Diese Anordnung entspricht übrigens derjenigen, die in alten Klosterbibliotheken anzutreffen ist.
Nun wird verständlich, warum zwischen Chromosomen, die weit voneinander entfernt sind, auch dann keine Translokationen stattfinden, wenn die Zelle hohen Strahlungsdosen ausgesetzt ist. Von weit voneinander entfernt liegenden Chromosomen gehen demnach auch keine krebsrelevanten Wirkungen aus, die auf solchen Austauschen beruhen. "Weit" entfernt bedeutet im Zellkern: einige tausendstel Millimeter.
Der Zellkern ist jedoch kein starres Gebilde. Wie alles Lebendige besitzen auch die in ihm aufbewahrten Chromosomen eine erhebliche, im Einzelnen noch unbekannte Dynamik. Das hochkomplexe Zusammenwirken von Strahlen und anderen DNS schädigenden Einflüssen, den sich anschließenden Reparaturprozessen, der dynamisch räumlichen Verteilung der 46 Chromosomen und der auf ihnen aufgereihten rund 2 ? 30 000 bis 2 ? 40 000 einzelnen Gene kann nicht mit der erforderlichen Genauigkeit in "mathematischen Formeln" dargestellt werden. Dazu benötigt man Biocomputing- Methoden: Sie beschreiben diese Vorgänge mit bestimmten quantitativen Modellen und berechnen die Konsequenzen dieser Modelle mit Computerprogrammen.
Das Modell, das wir benutzen, um strahlenbiologische Risikovorhersagen machen zu können, geht von folgenden Voraussetzungen aus:
Jedes Chromosomenterritorium besteht aus einzelnen "Gendomänen" mit jeweils etwa einer Million Basenpaaren, also insgesamt rund 6000 Gendomänen in einem Zellkern. Um die Rechungen zu vereinfachen, die auch mit leistungsfähigen Computern außerordentlich aufwändig sind, nähern wir diese durch kleine Kugeln mit einem Durchmesser von einem halben tausendstel Millimeter an. Die wirkliche Struktur ist natürlich sehr viel komplexer.
Die Chromosomenterritorien werden im virtuellen Zellkern, der einen Durchmesser von etwa zehn tausendstel Millimeter hat, in bestimmter Weise angeordnet. Etwa in einer "statistischen" oder einer "deterministischen" Anordnung oder in einer Anordnung, die davon abhängt, wie sich die Gene entlang der DNS verteilen. Für unsere Strahlensimulationsrechnungen verwenden wir Chromosomenverteilungen, die den experimentell beobachteten Verteilungen möglichst nahe kommen.
Jede der Gendomänen eines bestimmten Chromosomenterritoriums ist mit ihren Nachbarn gleichsam über Federn elastisch verbunden: Wird der Abstand größer, so steigt die anziehende Kraft zwischen ihnen an.
Kommen sich nicht direkt benachbarte Gendomänen zu nahe, tritt eine abstoßende Kraft auf – ähnlich derjenigen, die zwischen den Nordpolen zweier sich annähernder Magnete auftritt.
Strahlung einer bestimmten Dosis bewirkt eine zufällige Verteilung von DNS-Doppelstrangbrüchen in den einzelnen Gendomänen. Eine für Menschen bereits sehr hohe Dosis von einem Gray führt beispielsweise zu rund 50 Doppelstrangbrüchen in einem Zellkern, das heißt, auf eine Domäne mit einem Doppelstrangbruch kommen 119 andere, die keinen Schaden erleiden.
Das Programm identifiziert daraufhin diejenigen Domänen, die einen Doppelstrangbruch enthalten. Es kann auch die Elimination solcher Brüche durch Reparatur berücksichtigen.
Liegen zwei Domänen mit Doppelstrangbrüchen dicht zusammen, so wird mit geeigneten Zufallszahlen festgelegt, ob diese zu einer neuen stabilen Verbindung führen. Handelt es sich um Domänen verschiedener Chromosomen, wird eine entsprechende Translokation festgestellt.
Das Verfahren wird für Hunderte verschiedener Anordnungen der Chromosomenterritorien und Tausende verschiedener zufällig verteilter Doppelstrangbrüche wiederholt.
Zum Schluss stellt der Computer fest, mit welcher Häufigkeit bei einer bestimmten Dosis Translokationen zwischen bestimmten Chromosomen oder zwischen bestimmten Domänen solcher Chromosomenterritorien aufgetreten sind.
Die Abbildung auf Seite 32 stellt dar, wie häufig bestimmte Chromosomen eine Translokation zeigten. Die von uns errechneten Werte haben wir mit Beobachtungen verglichen, die an Blutzellen (Lymphozyten) von Überlebenden des Atombombenabwurfs in Hiroshima gemacht wurden. Unter Einbeziehung von Strukturdaten des Zellkerns wurde speziell für das inaktive X-Chromosom der weiblichen Zelle eine sehr gute Übereinstimmung gefunden. Unser Modell kann also die Risikoverteilung für Chromosomenaustausche bereits recht gut beschreiben.
Um ein Krebsrisiko abschätzen zu können, ist es jedoch viel wichtiger, bestimmte Translokationen vorherzusagen, beispielsweise der Austausch spezifischer Genregionen von Chromosom 9 und 22 oder von Chromosom 8 und 14. Dazu haben wir mit unserem Modell berechnet, wie häufig ein Austausch zwischen zwei bestimmten Chromosomen auftritt. Die dabei von uns angenommene Strahlendosis lag im Bereich von drei Gray. Das ist eine recht hohe, bei Ganzkörperbestrahlung häufig tödliche Dosis. Das von solch hohen Dosen ausgehende Strahlenrisiko zu berechnen, ist dennoch wichtig: Es ist besser zu verstehen, warum derart hohe Dosen – sie können beispielsweise bei Strahlenunfällen frei werden – derart gefährlich sind, und man kann aus diesem Wissen Anhaltspunkte für die Auswirkungen niedrigerer Dosen gewinnen. Hohe Dosen werden außerdem zur lokalen Strahlentherapie von Krebserkrankungen eingesetzt. Eine präzise Berechnung der Häufigkeit von Translokationen, die durch Strahlen ausgelöst werden, könnte helfen, das Risiko für Sekundärtumoren abzuschätzen. Sekundärtumoren sind Tumoren, die Jahre nach der Strahlenbehandlung der zuerst aufgetretenen Krebsgeschwulst auftreten können.
Für unsere Berechnungen verwendeten wir insgesamt 50 000 Zellkerne/Bruchverteilungen und bestimmten die Austauschhäufigkeit zwischen den Chromosomen 18 und 19. Dabei gingen wir von einer statistischen Verteilung der Chromosomenterritorien im Zellkern oder von einer "Gendichte-korrelierten" Verteilung aus. Im Gegensatz zur ersten war es mit der zweiten Annahme möglich, die experimentell in diesem Zellkerntyp beobachtete räumliche Verteilung der Chromosomenterritorien 18 und 19 richtig zu simulieren. Im zweiten Fall wurde für die absolute Häufigkeit von Translokationen zwischen den beiden Chromosomen und bei einer Strahlendosis von drei Gray ein Wert von 0,07 Prozent vorausgesagt, während bei der statistischen Verteilung ein Wert von 0,16 Prozent berechnet wurde. Diese vorausgesagten Werte wurden dann mit denjenigen verglichen, die in strahlenbiologischen Untersuchungen an menschlichen Lymphozyten beobachtet worden waren.
Der Wert, der aufgrund der tatsächlichen ("Gendichte-korrelierten") Verteilung der beiden Chromosomen im Zellkern vorausgesagt wurde (0,07 Prozent), stimmte gut mit dem Wert (0, 06 Prozent) überein, der in Lymphozyten experimentell beobachtet worden war. Das heißt, in sechs von zehntausend bestrahlten Zellen wurde diese Translokation gefunden. Dies zeigt, dass die Struktur des Zellkerns wesentlich bestimmt, welche Chromosomenaustausche mit welcher Häufigkeit vorkommen, – trotz der erheblichen Variabilität der Chromosomenanordnung von Zelle zu Zelle. Unter sonst gleichen Bedingungen würde die Verdoppelung einer krebsrelevanten Translokation mit einer Vervierfachung der Krebsrate einhergehen.
Die gleichen Biocomputing-Rechnungen erfolgten auch für Austausche zwischen den Chromosomen 9 und 22. Auch hier stimmte der berechnete Wert von 0,25 Prozent mit dem experimentell beobachteten Wert von 0,28 Prozent gut überein. Für die simulierte statistische Verteilung betrug der Wert hierbei nur 0,15 Prozent.
Nach diesen ersten ermutigenden Ergebnissen haben wir damit begonnen, die Häufigkeit spezifischer krebsrelevanter Translokationen zu berechnen, etwa den Austausch zwischen Chromosom 9 und Chromosom 22, der das gefährliche Fusionsgen bei der chronisch myeloischen Leukämie entstehen lässt. Die Abbildung auf Seite 30 zeigt zwei extreme "Anfangskonfigurationen" für die dabei verwendeten Modellkerne. Dabei mussten wir allerdings feststellen, dass die spezifische Translokation in den getesteten 50 000 Zellkern/Doppelstrangbruch-Konfigurationen bislang kein einziges Mal zu finden war. Dies zeigt, dass solche spezifischen Austausche ganz bestimmter Gendomänen auch bei hohen Strahlendosen außerordentlich selten sind. Um sie dennoch zu erfassen, müssen wir sehr viel größere Ereigniszahlen ("Zellen") simulieren – vielleicht eine Million, oder gar zehn Millionen?
Grundsätzlich wäre dies kein Problem: Statt unseres kleinen Computerclusters am Kirchhoff-Institut müssten wir in einem "Grid Computing" viele einzelne Computerknoten parallel zu einander beschäftigen. Biocomputing-Rechnungen sind nicht weniger aufwändig als Rechnungen zur Simulation von Sternen oder von Wetterverhältnissen. Es wäre deshalb sinnvoll, zusätzlich zum "Grid Computing" eigene leistungsfähige Großrechner im Biocomputingbereich zu etablieren. Dadurch würde es möglich, die Strahlenrisiken erheblich feiner abzuschätzen – die derzeitigen Modelle sind zwangsläufig noch recht "grob". Es könnten beispielsweise Daten zur Nanostruktur der Chromosomenterritorien einbezogen werden, ebenso Daten über die Mobilität von Chromosomenterritorien, einzelnen Domänen, Reparaturkomplexen und vieles mehr.
Kürzlich haben wir damit begonnen, die Bildung von Translokationen zwischen den krebsspezifisch relevanten Domänen der menschlichen Chromosomen 9 und 22 in einem "Brownian Motion"-Modell anzugehen. Dabei unterstützen uns die Mitarbeiter des "Interdisziplinären Zentrums für Wissenschaftliches Rechnen" der Universität Heidelberg. Seit kurzem ist ein Großrechner der Universität von Maine hinzu gekommen. Nun hoffen wir, weitere Interessenten zu gewinnen, um Biocomputingmethoden noch wirksamer zur Risikoabschätzung einsetzen zu können.
Da der Mensch – und daher auch der "Biocomputeur" – irrt, solang er strebt, müssen solche Modellvoraussagen experimentell getestet, aber auch durch verbesserte experimentelle Kenntnisse über die Zellkernstruktur unterstützt werden.
Autoren:
Dr. Gregor Kreth und Prof. Dr. Christoph Cremer
Angewandte Optik und Informationsverarbeitung
Kirchhoff-Institut für Physik
Im Neuenheimer Feld 227, 69120 Heidelberg
Telefon (06221) 54 92 52 oder 54 92 71,
e-mail: christoph.cremer@kip.uni-heidelberg.de