Siegel der Universität Heidelberg
Bild / picture

Kurzberichte junger Forscher

Den Teufelskreis durchbrechen  

Neue Wege der Malariabekämpfung zeigt Ann-Kristin Müller vom Heidelberger Hygiene-Institut auf. Die Nachwuchsforscherin erhielt für ihre Dissertation kürzlich den Karl-Freudenberg-Preis 2006. Er wird jährlich von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften für herausragende Forschungsleistungen vergeben und ist mit 6000 Euro dotiert.

Weltweit sterben jährlich zwischen 1,5 und 2,7 Millionen Menschen an Malaria, auf rund 500 Millionen wird die Zahl der Neuerkrankungen veranschlagt. Vor allem Afrika ist von der Krankheit betroffen, hier leben gegenwärtig neun von zehn Malariakranken, die Hälfte aller Sterbefälle sind Kinder unter fünf Jahren. Nach wie vor gibt es keine Schutzimpfung; alle Versuche, den Überträger der Krankheit, die Anopheles-Mücke, auszurotten, erwiesen sich als erfolglos. Auch dem Erreger selbst, einem einzelligen Parasiten der Gattung Plasmodium, konnte die Wissenschaft bislang nicht zu Leibe rücken.

Beim Stich durch eine infektiöse Mücke gelangen Plasmodium-Sporozoiten aus den Speicheldrüsen zunächst in die Zellschichten unter der Haut. Von hier aus erreichen sie die Blutgefäße und innerhalb weniger Minuten die Leber, wo sie sich festsetzen und in den Leberzellen, den Hepatozyten, weiterentwickeln. In der Leber teilen und vermehren sich die Plasmodien. Nach wenigen Tagen entstehen auf diese Weise bis zu dreißigtausend infektiöse Merozoiten. Jeder von ihnen ist in der Lage, eine Malaria-Infektion im Blut hervorzurufen. Plasmodium-Sporozoiten und Leberstadien sind ideale Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Medikamenten- und Impfstoff-Entwicklung, da sie vor den pathogenen Blutstadien auftreten. Gelänge es, diesen Teufelskreis der parasitären Entwicklung im menschlichen Körper gezielt zu unterbrechen, würde dies Millionen Menschen vor Neuinfektion und einer oft tödlichen Erkrankung bewahren.

Erste Experimente haben bereits vor über 30 Jahren gezeigt, dass radioaktiv bestrahlte und damit abgeschwächte Malaria-Sporozoiten einen Impfschutz gegen Malaria vermitteln. Ein gravierendes Problem der bestrahlten Erreger konnte jedoch bislang nicht gelöst werden: Die Bestrahlung ist nur schlecht dosierbar. Infolgedessen werden Erreger schnell entweder zu wenig oder zu stark abgeschwächt. Sind sie zu stark abgeschwächt, rufen sie keine Immunreaktion und damit keinen Impfschutz hervor. Sind sie jedoch zu schwach bestrahlt, wird der Patient bereits bei der Impfung mit aktiven Malaria-Parasiten infiziert – ein nicht akzeptables Risiko. Könnten jedoch sterilisierende Immunreaktionen hervorgerufen werden, wäre die Infektionskette an einem für den Parasit empfindlichen Punkt seiner Entwicklung unterbrochen.

Der Schwerpunkt unserer wissenschaftlichen Arbeit liegt auf zwei Genen der Malaria-Parasiten, UIS3 und UIS4. Mit Hilfe der reversen Genetik wurden die UIS-Gene gezielt im Genom von Plasmodium ausgeschaltet und die Phänotypen der veränderten Parasiten untersucht.

Parasiten, denen eines dieser Gene fehlt, durchlaufen den Malaria-Lebenszyklus nur bis zur frühen Reifung in Leberzellen. In diesem Entwicklungsstadium verharren die Parasiten und sind nicht mehr in der Lage, pathogene Merozoiten zu bilden. Diese genetisch unschädlich gemachten Parasitenstämme konnten für experimentelle Immunisierungen im Nagetier-Modell bereits eingesetzt werden. Es zeigte sich, dass diese Stämme einen kompletten Schutz vor nachfolgenden Infektionen mit natürlichen Sporozoiten vermitteln. Die UIS3(-) und UIS4(-) Stämme sind die ersten standardisierten, genetisch attenuierten Plasmodium-Parasiten, die auf diese Weise als Lebendimpfstoff gegen Malaria verwendet werden konnten. Die Isolierung weiterer genetisch veränderter Plasmodium-Stämme kann die Suche nach schützenden Antigenen in Zukunft erleichtern.

Die Herausforderung für die Zukunft besteht nun darin, das Impfmodell vom Tier auf den Menschen zu übertragen und gentechnisch abgeschwächte Erreger der menschlichen Malaria zu erzeugen. Bis zur Entwicklung eines fertigen und gründlich getesteten Malaria-Impfstoffes für Menschen ist es also noch ein weiter Weg – aber die bisherigen Ergebnisse geben der Forschung eine Erfolg versprechende Richtung vor.

Autorin:
Dr. Ann-Kristin Müller,
Hygiene-Institut, Abteilung Parasitologie,
Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg,
Telefon (0 62 21) 56 50 10

Seitenbearbeiter: Email
zum Seitenanfang