Meinungen
Im Nerv getroffen: die Folgen der Föderalismusreform
Die lang andauernde Föderalismusdiskussion ist in der allgemeinen Wahrnehmung vor allem als politisches Spektakel wahrgenommen worden. Über ihr Ergebnis – eine weitgehende Aufgabe der Rahmenkompetenz des Bundes und damit eine grundlegende Umschichtung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten vom Bund auf die Länder – hört man wenig.
Dabei ist der Hochschulbereich durch die Föderalismusreform in seinem Nerv getroffen:
- Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau,
- Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes,
- Abschaffung der Rahmengesetzgebung des Bundes zum Beamtenrecht.
Die „Abschaffung“ der bisherigen Regelungen erfolgt natürlich nicht ersatzlos. Nun werden Länderregelungen folgen. Aber wie sehen diese aus?
Der Bund hat in der Vergangenheit stets vor den „verheerenden Nebenwirkungen“ für den Hochschulbereich gewarnt. Schieflagen zwischen ärmeren und reicheren Bundesländern seien unvermeidbar. In der Tat wird die finanzielle Leistungsfähigkeit des jeweiligen Landes künftig eine größere Rolle spielen können. So zählt Baden-Württemberg zu den „reicheren“ Bundesländern – aber wird die Finanzkraft des Landes wirklich eingesetzt, um die Hochschulen zu stärken? Not tun hochschulfreundlichere Regelungen durch die Länder. Und damit stellen wir die Frage an unser Land, wie dieses die Kompetenz im Land, insbesondere in den Hochschulen, einbinden will.
Wie ist der Sachstand? Im Hochschulbau zeigen sich erste Konturen, die wenig fröhlich stimmen. Bestimmte Bereiche, beispielsweise Lehre oder Krankenversorgung, sind aus der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau herausgefallen und in die Zuständigkeit des Landes übergegangen. Doch wird das Geld reichen? Wie wird sich die Förderung von Forschungsbauten und -geräten gestalten? Wie ist das Auskommen mit der erhöhten Wertgrenze für Forschungsgeräte (Verdopplung auf 250 000 Euro)? Hier mag trösten, dass die Universität ohnehin schon den Landesanteil vieler Geräte finanziert hat.
Nach wie vor unklar sind die Kriterien für die Förderung von Forschungsbauten. Nach Art. 91b GG müssen diese von „nationaler Bedeutung“ sein. Was dies sein mag, konnte auch ein erster Erlass des Ministeriums nicht erklären.
Ein wenig klarer ist der Komplex „Hochschulrahmengesetz“ (HRG). Als Gesetzeswerk des Bundes verschwindet das HRG zwar, zeigt aber im wichtigen Teilbereich des Hochschularbeitsrechts Folgewirkungen: Das Arbeitsrecht ist von der Föderalismusreform nicht betroffen, es bleibt bei der Rahmenkompetenz des Bundes (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG). Deshalb befindet sich bereits ein „Wissenschaftszeitvertragsgesetz“ in der Anhörung – das Hochschulbefristungsrecht gilt also weiter, wenngleich es interessante Erweiterungen für Drittmittelbeschäftigte gibt. Weggefallen sind die Sperrregelungen des Bundes, die Personaltypen betreffen (§§ 42 HRG).
Auch unser Ministerium arbeitet derzeit an einer landesrechtlichen Regelung, die den neu geschaffenen Spielraum ausfüllen soll. Einzelheiten sind noch nicht bekannt; wir gehen aber davon aus, dass die Vorschläge unserer Universität zur Flexibilisierung der Personalstrukturen (insbesondere für Professuren und den Mittelbau) eingehen werden. Und wir hoffen, dass der neue Spielraum des Landes nicht zu einem neuen Korsett mutiert.
Gespannt kann man auf die in die Hand der Länder gegebenen Regelungsverantwortungen für das Dienstrecht der Beamten sein. Werden nun die misslungenen bundesrechtlichen Vorschriften zur W-Besoldung fallen? Für 2007 steht ohnehin eine Evaluierung an (vgl. § 34 Abs. 5 BBesG) – der Zufriedenheitsgrad der Länder mit diesen bundesrechtlichen Regelungen könnte ähnlich sein wie der der Hochschulen. Die Universität geht davon aus, dass sie ihre Erfahrungen in die Novellierung einbringen kann, denn diese sind auf der strategischen und operativen Ebene allein in den Hochschulen vorhanden.
Damit nicht genug. Beamten der Universität (akademischen Räte, Verwaltungsbeamten) steht eine Reform der bisherigen A-Besoldung bevor – ob und inwieweit die Länder hier auf die vom Bund entwickelten Materialien für die so genannte F-Besoldung („F“ = Funktionsbesoldung) zurückgreifen werden? Der Bund hat in seinem Gesetzeswerk Parallelen zu den Leistungsprinzipien des TVöD gerühmt, was allerdings schon allein deshalb widersprüchlich ist, weil der TVöD gar keine funktionsbezogene Bezahlung vornimmt. Eine Leistungskomponente von einem Prozent ist für den Hochschulbereich zudem wenig adäquat. Dies ist unseren Ministerien im Land zweifelsohne präsenter als den Machern im Bund.
Es gibt bezüglich der künftigen Regelungskomplexe viele Fragen – aber auch viele Chancen für das Land Baden-Württemberg und seine Universitäten. Wir erwarten, dass die größere Sachnähe unseres eigenen Ministeriums zu besseren Regelungen führt. Wir erwarten außerdem, dass aufgrund der hervorragenden Performance – auch unserer Universität – finanziellen Regelungen Rechnung getragen wird, die dem hohen Qualitätsstandard entsprechen. Die größere Autonomie des Landes sollte zudem so weit wie möglich an die Universitäten weitergegeben werden.
Auch bei diesen Regelungen sollte man nach vorn blicken – und die hervorragende Positionierung der baden-württembergischen Universitäten durch eine visionäre Hochschulgesetzgebung stützen.