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Wenn der Schmerz nicht mehr weh tut

Was ereignet sich im Körper, wenn Menschen selbst schwerste Verletzungen nicht spüren?
von Iris Klossika, Christian Schmahl und Martin Bohus

 

Es gibt Menschen, die auf äußere Reize krankhaft überempfindlich reagieren. Es gibt aber auch Menschen, die selbst dann keinen Schmerz empfinden, wenn sie sich mit Rasierklingen tief in die Haut schneiden. Dieses selbstverletzende Verhalten ist typisch für die "Borderline-Störung", eine schwere psychische Erkrankung. Sowohl bei der Schmerzüber- als auch bei der Schmerzunempfindlichkeit stellt sich eine grundlegende Frage: Was genau ist an der Schmerz-verarbeitung im Körper der Betroffenen so stark verändert, dass die normalen Mechanismen der Schmerzwahrnehmung außer Kraft gesetzt sind? Eine Antwort auf diese Frage lässt nicht nur die Borderline-Störung, sondern auch den Schmerz besser verstehen.

Haben Sie schon einmal die Erfahrung gemacht, dass eine Zahnarztbehandlung noch schmerzhafter wird, wenn man Angst davor hat? Oder haben Sie schon einmal beobachtet, wie ein Fußballspieler unmittelbar nach einem rüden Foul weiterspielt, als wäre nichts geschehen? Beinahe jedem von uns dürfte aus der alltäglichen Erfahrung bekannt sein, dass empfundene Schmerzen nicht nur von der Schwere einer Verletzung abhängen. In der Tat beeinflussen Gedanken, Gefühle und Faktoren wie Aufmerksamkeit und Stress das Empfinden von Schmerz mindestens ebenso stark wie der objektive Schmerzreiz, also die Information über die Verletzung, die über schmerzspezifische Rezeptoren – so genannte Nozizeptoren – aufgenommen wird.

Ähnlich wie für andere Sinneswahrnehmungen existiert für die Wahrnehmung von Schmerzen ein eigenes Sinnessystem spezifischer Rezeptoren, Nervenbahnen und vernetzter Hirnzentren: das "nozizeptive System". Der Begriff Nozizeption für Schmerzverarbeitung geht auf das lateinische Wort "Noxa" zurück, was "Schaden" bedeutet; einen schädigenden Reiz bezeichnet man fachsprachlich als Noxe. Nozizeptoren sind insofern spezifisch, als sie ausschließlich auf potenziell schädigende Reize ansprechen; verschiedene Typen von Nozizeptoren reagieren auf mechanische und/oder thermische, andere auf chemische Reize. Die Wahrnehmung von Schmerz kann auf fast allen Stationen des nozizeptiven Systems beeinflusst werden.

An sich ist die Tatsache, dass sich die Schmerzwahrnehmung abhängig vom Kontext verändern kann, ein normales und biologisch sinnvolles Phänomen. Problematisch wird es allerdings, wenn sich das Schmerzempfinden eines Menschen dauerhaft verändert. Das kann bei verschiedenen Krankheiten der Fall sein. Ein Beispiel für eine krankhafte Überempfindlichkeit gegenüber Schmerzen ist das Fibromyalgie-Syndrom; bei dieser Schmerzstörung hat die überhöhte Sensibilität wohl hauptsächlich organische Ursachen, ist aber im Wesentlichen noch ungeklärt. Im Gegensatz dazu gibt es Menschen, die selbst dann keinen Schmerz empfinden, wenn sie sich selbst blutende Schnitte mit einer Rasierklinge zufügen. Besonders häufig tritt dieses Phänomen im Zusammenhang mit der so genannten Borderline-Persönlichkeitsstörung auf. In beiden Fällen stellt sich die Frage: Was genau hat sich im nozizeptiven System so stark verändert, dass die normalen Mechanismen der Schmerzwahrnehmung nicht mehr funktionieren?

Die Borderline-Störung ist in diesem Zusammenhang vor allem deshalb interessant, weil es sich um eine psychische Störung handelt. Um zu verstehen, wie es bei einer solchen Störung zu einem veränderten Schmerzempfinden kommen kann – soweit sich das nach dem heutigen Stand der Forschung überhaupt erklären lässt – muss man zunächst einiges über die Grundlagen der Schmerzwahrnehmung wissen.
Wie das Gehirn Schmerz verarbeitet

Es gibt kein spezifisches "Schmerzzentrum" im Gehirn. Die Verarbeitung verschiedener Aspekte der schmerzhaften Information – beispielsweise der Art der Stimulation, der Intensität des Reizes, der gefühlsmäßigen Reaktion und der gedanklichen Bewertung – findet in einem Netzwerk von Hirnzentren statt, auch wenn diese so stark interagieren, dass es schwierig ist, Schmerzaspekte klar voneinander abzugrenzen.

Die erste Station der meisten schmerzleitenden Nervenbahnen, die aus der Peripherie des Körpers – etwa der Haut oder den Eingeweiden – ins Gehirn führen, ist der Thalamus. Diese Struktur des Mittelhirns gilt als "Tor des Bewusstseins", weil dort fast alle Sinneseindrücke verschaltet und in andere Hirnregionen weitergeleitet werden. Bereits hier trennt sich die Verarbeitung der so genannten somatosensorischen Aspekte der Schmerzempfindung – gewissermaßen der "objektiven" Informationen wie der Lokalisation und der physikalischen Eigenschaften des noxischen Reizes – und der affektiven, also gefühlsmäßigen Auswirkungen des Schmerzes. Die somatosensorischen Schmerzaspekte werden in lateralen (äußeren) Thalamuskernen verschaltet und in den primären und sekundären somatosensorischen Kortex (SI und SII) weiter geleitet. Der Verarbeitungsweg der affektiven Schmerzinformation verläuft über mediale (mittig liegende) Thalamuskerne in den anterioren cingulären Kortex (ACC), den insulären Kortex und die Amygdala. Ein dritter Aspekt, der den anderen beiden nachgeschaltet ist und auf die affektive Schmerzverarbeitung zurückwirkt, beinhaltet die kognitive (gedankliche) Bewertung des schmerzhaften Reizes. An der Verarbeitung dieser kognitiven Schmerzkomponente sind vermutlich ebenfalls Bereiche des anterioren Cingulum beteiligt, ebenso wie präfrontale Bereiche, hier vor allem der dorsolaterale präfrontale Kortex (DLPFC). Am Ende dieser komplexen Verarbeitungskette einschließlich der Interaktionen zwischen den Hirnzentren, die die verschiedenen Schmerzaspekte verarbeiten, steht die bewusste Gesamtempfindung des Schmerzes.
Selbstverletzendes Verhalten

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist eine schwere psychische Erkrankung. Die Betroffenen fallen durch ein extrem labiles Gefühlsleben und unkontrollierbares impulsives Verhalten auf. Viele von ihren fügen sich selbst Verletzungen zu; am weitesten verbreitet ist das Aufschneiden der Haut mit Rasierklingen oder anderen scharfen Gegenständen. Auch Selbstmorddrohungen und -versuche kommen häufig vor; die Suizidrate bei Borderline-Patienten liegt bei etwa neun Prozent, in der Allgemeinbevölkerung dagegen nur bei etwa 0,015 Prozent.

Ungefähr ein Prozent der Bevölkerung ist von dieser Erkrankung betroffen. Die Diagnose einer Borderline-Persönlichkeitsstörung wird nach der aktuellen Version des "Diagnostischen und Statistischen Manuals für Psychische Störungen" (DSM-IV-TR) gestellt, wenn mindestens fünf der folgenden Kriterien erfüllt sind:
  • ein verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu verhindern;
  • sehr intensive, aber instabile zwischenmenschliche Beziehungen, in denen es oft zu einem raschen Wechsel zwischen Idealisierung und Verachtung der Bezugsperson kommt;
  • Identitätsstörungen (starke Schwankungen bezüglich Selbstbild oder -wahrnehmung): die betroffenen Patienten sind sich oft nicht sicher, wer sie eigentlich sind oder was sie charakterisiert;
  • wiederkehrende Impulshandlungen mit selbstschädigendem Charakter, beispielsweise Rasen auf der Autobahn oder sexuell ausschweifendes Verhalten;
  • Selbstmordversuche oder -drohungen oder selbstverletzendes Verhalten;
  • ausgeprägte Gefühlsschwankungen;
  • ein chronisches Gefühl von Leere;
  • die Schwierigkeit, Wut und Ärger zu kontrollieren;
  • vorübergehende, durch Belastung ausgelöste paranoide Wahnzustände oder schwere dissoziative Symptome ("weggetreten sein", Unfähigkeit, den eigenen Körper zu spüren).
Im Wesentlichen handelt es sich um eine tief greifende Störung der Affektregulation, verbunden mit einer durchgängig hohen Anspannung, die von den meisten Betroffenen als sehr belastend erlebt wird. Man vermutet heute, dass chronischer Stress eine entscheidende Rolle beim Entstehen dieses Syndroms spielt. Grund dafür sind die auffallenden  Zusammenhänge mit traumatischen Erfahrungen in der Vorgeschichte der Patienten; Erfahrungen von schwerem körperlichem oder sexuellem Missbrauch sind eher die Regel als eine Ausnahme. Viele Betroffene leiden gleichzeitig unter einer  posttraumatischen Belastungsstörung.

Der offensichtlichste Hinweis, dass mit der Schmerzwahrnehmung von Borderline-Patienten etwas nicht stimmt, ist das bei etwa 70 bis 80 Prozent aller Borderline-Patienten zu beobachtende selbstverletzende Verhalten. Während dieser Episoden der Selbstverletzung berichten viele Patienten, dass sie die mit den Verletzungen verbundenen Schmerzen gar nicht oder nur in abgeschwächter Form wahrnehmen. An irgendeiner Stelle im nozizeptiven System muss hier also die normale Verarbeitung von Schmerz gestört sein.

Veränderte Schmerzwahrnehmung

Die Forschung ist sich zurzeit einig darin, dass Borderline-Patienten Schmerzen in der Regel weniger intensiv wahrnehmen als gesunde Personen. Nicht nur während der oft tranceartigen Zustände, in denen Selbstverletzungen ausgeführt werden, ist die Schmerzempfindlichkeit dieser Patienten reduziert; auch experimentelle Schmerzreize, beispielsweise von Forschern applizierte Hitze- oder Druckreize, erzielen eine vergleichsweise geringe Wirkung. Im Zustand hoher Anspannung, den Borderline-Patienten häufig und als äußerst unangenehm erleben, reduziert sich die Schmerzempfindlichkeit noch mehr. Möglicherweise ist dies eine Erklärung für selbstverletzende Verhaltensweisen: Zumindest ein Teil der Patienten versucht damit offenbar, diesen unangenehmen Zustand der Anspannung und die Unfähigkeit zur Wahrnehmung von Schmerz zu beenden, um "sich selbst wieder zu spüren". Diese Vermutung wird auch dadurch unterstützt, dass man einen deutlichen Zusammenhang zwischen Schmerzwahrnehmung und subjektiver Anspannung auf der einen und dissoziativen Zuständen auf der anderen Seite nachweisen konnte: Je stärker diese – für das Borderline-Syndrom typischen – Zustände ausgeprägt waren, desto unempfindlicher waren die Patienten gegenüber der schmerzhaften Reizung. 

Man kommt der Sache näher, wenn man mithilfe bildgebender Studien die Gehirnaktivität von Borderline-Patienten untersucht, während diese Schmerz empfinden. Verschiedene Studien arbeiten hier mit der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) und Elektroenzephalographie (EEG). Durch verschiedene Methoden kann man die unterschiedlichen Komponenten – sensorisch, affektiv und kognitiv – der Schmerzwahrnehmung gezielt beeinflussen und damit trennen. Erstaunlicherweise scheint die sensorische Schmerzkomponente bei Borderline-Patienten völlig normal verarbeitet zu werden. Bei einer EEG-Untersuchung, in der die elektrische Reaktion der Großhirnrinde auf schmerzhafte Laserreize untersucht wurde  (Laserevozierte Potentiale, LEP’s), konnte gezeigt werden, dass trotz deutlich reduzierter subjektiver Schmerzempfindung die Reaktion der Hirnregionen, die sensorische Schmerzaspekte verarbeiten (SI und SII), mindestens ebenso stark ist wie bei gesunden Probanden. Weder eine Rechenaufgabe, die den Einfluss von Aufmerksamkeit prüfen sollte, noch eine räumliche Diskriminationsaufgabe hatten einen Einfluss auf das Ergebnis. Die reduzierte Schmerzwahrnehmung dieser Patienten hängt also vermutlich nicht mit einer reduzierten schmerzbezogenen Aufmerksamkeit zusammen. Wahrscheinlicher ist eine veränderte Verarbeitung der affektiven und/oder kognitiven Aspekte des Schmerzes.

In diesem Sinne lassen sich auch Ergebnisse interpretieren, die mit fMRT gewonnen wurden. Offenbar gibt es bei Borderline-Patienten ein charakteristisches Muster an Hirnaktivität bei schmerzhafter Reizung, das bei gesunden Probanden nicht zu finden ist. Das betrifft besonders eine starke Aktivierung des dorsolateralen präfrontalen Cortex in Verbindung mit einer Deaktivierung des perigenualen ACC und der Amygdala. Dieser Befund könnte die hirnorganische Entsprechung eines kogniti-ven Hemm-Mechanismus sein, der die affektiven Schmerzanteile, die in ACC und Amygdala verarbeitet werden, reduziert.

Möglicherweise nehmen also Borderline-Patienten Schmerzen nicht so intensiv wahr, weil ihre gefühlsmäßige Reaktion auf Schmerz durch wie auch immer geartete gedankliche Kontrolle gebremst wird. Aber um das mit Sicherheit sagen zu können, bräuchte man experimentelle Untersuchungen, die dieser Fragestellung gezielt nachgehen.

Lässt sich das Empfinden von Schmerzen gezielt beeinflussen?

Auch wenn man vermuten kann, dass die reduzierte Schmerzwahrnehmung bei Borderlinern mit kognitiven und affektiven Faktoren zusammenhängt, ist das doch noch nicht zweifelsfrei geklärt. Interessant wäre es daher, die Gedanken und Gefühle, die die Patienten hinsichtlich des Schmerzes haben, gezielt zu beeinflussen. Dies könnte andere Auswirkungen haben als bei gesunden Personen. Man könnte zum Beispiel annehmen, dass negative Stimmung auf Borderline-Patienten anders wirkt als auf gesunde Probanden. Gesunde Personen werden normalerweise bei moderater negativer Stimmung empfindlicher gegen-über Schmerzreizen; erst bei massiven negativen Emotionen und hoher Anspannung tritt ein Zustand der so genannten "stressinduzierten Analgesie" auf. Dieses Phänomen einer durch Stress ausgelösten Schmerzunempfindlichkeit ist erstmals durch anekdotische Berichte von Soldaten bekannt geworden, die häufig angeben, schwere Verwundungen "im Eifer des Gefechtes" als längst nicht so gravierend erkannt zu haben. Eine solche Reaktion ist biologisch sinnvoll, weil sie auch bei hohem Stress – also potenziell in großer Gefahr – gewährleistet, dass die Handlungs-fähigkeit erhalten bleibt. 

Was passiert aber, wenn jemand schon ohne äußere Einwirkungen eine erhöhte Anspannung erlebt, wie es bei Borderline-Patienten der Fall ist? Möglicherweise sinkt die Schmerzempfindlichkeit in diesem Fall ab, wenn sich die Stimmung verschlechtert, anstatt wie bei Gesunden anzusteigen. Falls das zutreffen sollte, müsste man gleichzeitig Auffälligkeiten im Schmerz-Netzwerk im Gehirn beobachten können.

Interessant ist auch die Frage, ob es eine Rolle spielt, wenn jemand zusätzlich zu einer Borderline-Persönlichkeitsstörung auch unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Eine Amygdala-Deaktivierung bei gleichzeitiger reduzierter Schmerzempfindlichkeit wurde auch schon bei Patienten mit einer posttraumatischen Belastungsstörung gefunden; bei vielen Betroffenen liegen beide Erkrankungen vor. Sind die entsprechenden Befunde bei Border-line-Patienten möglicherweise nur auf diese zweite Störung zurückzuführen? Weitere offene Fragen betreffen unter anderem den Einfluss des Schweregrades der Borderline-Störung und des Umstandes, ob sich die Patienten aktuell selbst verletzen oder nicht.

Eine Frage allerdings, der sich klinische Forschung grundsätzlich stellen muss, ist die Frage der Relevanz. Borderline-Patienten haben vorwiegend Probleme mit ihrem instabilen Gefühlsleben, ihren oft gefährlichen Impulshandlungen, ihren suizidalen Tendenzen. Ist es wirklich so entscheidend, ob sie bei ihren so oder so problematischen Selbstverletzungen Schmerz empfinden oder nicht? Welche Bedeutung hat dieses Detail für das Gesamtbild dieser Erkrankung, vielleicht sogar für die Therapie?

Zunächst einmal ist dieses Thema wichtig für die Grundlagen der Schmerzwahrnehmung. Indem man Abweichungen von der normalen Schmerzverarbeitung untersucht – das gilt auch für übersteigerte Schmerzempfindlichkeit wie bei der Fibromyalgie –, kann man wichtige Erkenntnisse über den normalen Ablauf gewinnen. Ein Beispiel dafür ist die Suche nach genetischen Einflüssen auf die Schmerzwahrnehmung. In diesem Zusammenhang ist zum Beispiel die genetische Enkodierung des Enzyms Catechyl-O-Methyl-Transferase (COMT) interessant: Die genetisch bedingte Variation einer einzigen Aminosäure innerhalb dieses Enzyms führt zu erheblichen Unterschieden in dessen Aktivität. Das wiederum hat einen messbaren Einfluss auf die Schmerzverarbeitung der betreffenden Person, und zwar sowohl auf die subjektive Schmerzwahrnehmung als auch auf zugrunde liegende neurobiologische Prozesse. Gibt es Zusammenhänge zwischen solchen genetischen Faktoren und Veränderungen der Schmerzwahrnehmung, wie man sie zum Beispiel bei Borderline-Patienten findet? 

Eine direkte Relevanz für die Borderline-Forschung hat die Frage, ob die mangelnde Schmerz-empfindlichkeit bei Borderline-Patienten mehr oder weniger direkt mit der Symptomatik zusammenhängt. Möglicherweise reduziert sich das selbstverletzende Verhalten, wenn während der Selbstverletzung Schmerz empfunden wird, denn zumindest bei einigen Patienten dient die Selbstverletzung ja der Beendigung eines unangenehmen analgetischen Zustandes. Interessant wäre in diesem Zusammenhang die Frage, welche Auswirkung eine pharmakologische Behandlung der reduzierten Schmerzwahrnehmung auf die Symptomatik hat. Umgekehrt kann man sich fragen, ob sich bei einer Verbesserung der Symptomatik, zum Beispiel durch Psychotherapie, auch die auffällige Schmerzwahrnehmung normalisiert.

An aktuellen Fragen, die das Thema "Schmerz-wahrnehmung bei Borderline" zurzeit stellt, mangelt es nicht. Es handelt sich um einen Forschungsbereich, der viele Möglichkeiten bietet und neben der Erforschung einer schweren Erkrankung auch einen Beitrag zur Grundlagenforschung leistet.
Priv.-Doz. Dr. Christian Schmahl (links), Dr. Iris Klossika und Prof. Martin Bohus  
Foto: privat
Dr. Iris Klossika ist Psychologin und seit Januar 2006 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim. Sie beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit der Frage, worauf eine veränderte Schmerzwahrnehmung beruht.
Priv.-Doz. Dr. Christian Schmahl (links) ist Leitender Oberarzt und Forschungskoordinator derselben Klinik. Von 2000 bis 2001 befand er sich zu einem Forschungsaufenthalt an der Yale University. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Schmerz und Emotionsregulation.
Prof. Martin Bohus (rechts) folgte 2003 dem Ruf auf den Lehrstuhl für Psychosomatische Medizin der Medizinischen Fakultät Mannheim und leitet die Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie am ZI Mannheim. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit experimenteller Psychotherapie.
Kontakt: christian.schmahl@zi-mannheim.de
Seitenbearbeiter: Email
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