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Neue Lasertechnik enttarnt Krebszellen

Einzelne Moleküle sichtbar zu machen, ist eine ebenso wichtige wie schwierige Forschungsaufgabe. Um beispielsweise zu beobachten, wie Enzyme innerhalb der Zelle zusammenarbeiten, müssen die Wissenschaftler ausgefeilte Techniken entwickeln und zu so manchem Trick greifen. Einer dieser "Tricks" sind mit Farbstoffen beladene Sonden, die aufleuchten, sobald sie ihr Zielmolekül aufgespürt haben. Markus Sauer vom Physikalisch-Chemischen Institut schildert die Methoden und nennt viel versprechende Anwendungen – zum Beispiel ein neues Testsystem, um Brustkrebs in einem sehr frühen Stadium zu erkennen.

Die Möglichkeit, einzelne Moleküle in Lösung sichtbar zu machen, eröffnet der Biologie und Analytischen Chemie völlig neue Perspektiven. Individuelle Moleküle können entdeckt, identifiziert, gezählt, in manchen Fällen sogar ihre physikalischen, biologischen und chemischen Eigenschaften gemessen werden. Auch die Frage, ob sich alle Moleküle einer Sorte gleich verhalten oder jeweils charakteristische Eigenschaften aufweisen, ist zu beantworten, wenn es gelingt, das Verhalten einzelner Moleküle in Lösung genau zu beobachten. Doch die Moleküle machen es dem neugierigen Beobachter schwer. Um winzige Biomoleküle wie Enzyme, Antikörper oder Eiweiße in oder auf den Oberflächen von Zellen sichtbar zu machen, müssen ausgefeilte Techniken und raffinierte Tricks angewendet werden.

Die optische Auflösungsgrenze eines guten Mikroskops liegt bei etwa 500 Nanometer (500 Millionstel Millimeter). Ein einzelnes Molekül ist aber nur wenige Nanometer klein. Wie kann man eine solch winzige Struktur in einer Lösung sichtbar machen? Die Antwort ist relativ einfach: Man benutzt dazu ein anderes, ein "leuchtendes" Molekül. Das von ihm ausgesandte Licht kann von einem Detektor, beispielsweise unserem Auge, wahrgenommen werden.

Als leuchtende Moleküle dienen bestimmte Farbstoffe: Nachdem sie mit einer geeigneten Lichtquelle angeregt wurden, senden sie ihrerseits Licht aus, sie "fluoreszieren". Als so genannte Fluoreszenz-Marker werden diese Farbstoffe chemisch an ein interessierendes Biomolekül gekoppelt. Durch die Anregung mit einer Lichtquelle wird der Farbstoff in ein energiereicheres elektronisches Niveau gehoben (Absorption), worauf ihm verschiedene Wege zur Verfügung stehen, seine Energie wieder abzugeben. Gute Fluoreszenzfarbstoffe geben ihre Energie innerhalb von milliardstel Sekunden nahezu vollständig in Form von Licht (Emission) an die Umgebung ab. Das vom Farbstoff abgegebene Fluoreszenzlicht ist leicht rotverschoben, das heißt, es ist energieärmer und kann somit leicht vom energiereicheren, kurzwelligeren Anregungslicht unterschieden werden. Wird zur effizienten Fluoreszenzanregung von Farbstoffen ein Laser verwendet, spricht man von "Laser-Induzierter-Fluoreszenz" (LIF).

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Das Multiplexprinzip nutzt neben der spektralen Information (Farbe) auch die unterschiedlichen Abklingzeiten, um verschiedene Farbstoffe zu identifizieren.

Die erste erfolgreiche Fluoreszenzdetektion eines einzelnen Moleküls gelang Thomas Hirschfeld im Jahr 1976. Er fokussierte einen Laserstrahl in eine Lösung, die hochmarkierte Eiweiße (Proteine) – jedes Proteinmolekül war mit 80 bis 100 Fluoreszenzfarbstoffen markiert – enthielt. Wenn einzelne Proteine auf Grund ihrer "Brown'schen Molekularbewegung" (freie Diffusion) zufällig den Laserfokus durchwanderten, registrierte ein empfindlicher Detektor das Fluoreszenzlicht der Farbstoffe. Da die Proteine durch derart viele Farbstoffmoleküle in ihrer biologischen Aktivität beeinträchtigt werden, entwickelte man in den folgenden Jahren neue Verfahren zur Fluoreszenzdetektion einzelner Farbstoffmoleküle in Lösung. Es zeigte sich schnell, dass die Möglichkeit, ein einzelnes Farbstoffmolekül zu detektieren, weniger von der empfindlichen Detektion als von der effizienten Unterdrückung des Hintergrundsignals abhängig ist. Für diese Signale gibt es drei verschiedene Quellen:

  • elastisch gestreutes Laserlicht (Rayleigh-Streuung), das sehr gut durch entsprechende Filter abgetrennt werden kann;
  • unelastisch gestreutes Laserlicht (Raman-Streuung), das proportional zur Anzahl der bestrahlten Lösungsmittelmoleküle ist und nicht vollständig spektral abgetrennt werden kann;
  • Hintergrundfluoreszenz der Probe, die durch fluoreszierende Verunreinigungen oder Autofluoreszenz (Moleküle, die ohne Fluoreszenzmarker fluoreszieren) verursacht wird.
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Die Fluoreszenzsignale einzelner Fluoreszenz-Farbstoffe auf einer Glasfläche.

Es dauerte weitere 14 Jahre, bis es der Gruppe um den amerikanischen Wissenschafter Richard Keller in Los Alamos im Jahr 1990 gelang, die Fluoreszenz einzelner Farbstoffmoleküle beim Durchtritt durch den Laserfokus zu detektieren. Um das Signal-zu-Hintergrund-Verhältnis bei Einzelmolekülmessungen in Lösung zu steigern, hat sich in den letzten Jahren die "konfokale Fluoreszenzmikroskopie" als erfolgreich erwiesen. Bei diesem Verfahren wird ein Laserstrahl beugungsbegrenzt über ein Mikroskopobjektiv in die Probe fokussiert. Das resultierende Fluoreszenzlicht wird mit dem gleichen Objektiv gesammelt, räumlich mit Hilfe einer Lochblende gefiltert und auf einen hochempfindlichen Halbleiterdetektor abgebildet. Das resultierende Beobachtungssvolumen liegt im Bereich von einem Femtoliter (10-15 l entspricht einem Würfel mit der Kantenlänge von einem Tausendstel Millimeter). In einem Femtoliter befinden sich nur noch rund 1010 Lösungsmittelmoleküle. Der Beitrag der Raman-Streuung wird also gering gehalten. Dieses geringe Beobachtungsvolumen erlaubt die Detektion individueller Farbstoffmoleküle beim Arbeiten mit 10-9 bis 10-11 molaren Lösungen.

Wenn ein fluoreszierendes Molekül den fokussierten Laserstrahl auf Grund der Brownschen Molekularbewegung durchwandert, durchläuft es abhängig von der eingestrahlten Laserintensität eine bestimmte Anzahl von Anregungs- und Emissionszyklen zwischen dem elektronischen Grundzustand und dem ersten elektronisch angeregten Zustand. Die maximale Anzahl ausgesendeter (emittierter) Photonen wird von der Durchtrittszeit, der Fluoreszenzabklingdauer und der -quantenausbeute (Anzahl emittierter Photonen/Anzahl absorbierter Photonen) des Fluoreszenzfarbstoffes bestimmt. Mit einer typischen Verweildauer im Beobachtungsvolumen von etwa einer Millisekunde können von einem Farbstoffmolekül mit einer Detektionseffizienz von circa ein bis zwei Prozent wenige hundert Fluoreszenzphotonen als sogenannter "Photonenschauer" detektiert werden.

Die Identifizierung der Farbstoffe erfolgt entweder auf Grund ihrer unterschiedlichen Farbe (spektral) oder ihrer charakteristischen Fluoreszenzabklingdauer kombiniert mit der Technik des zeitkorrelierten Einzelphotonenzählens. Hierzu wird ein Laser als Anregungsquelle verwendet, dessen kurze Lichtpulse (Pikosekundenbereich: 10-12 s) die Fluoreszenzfarbstoffe mehrere tausend Mal pro Millisekunde anregen. Während des Experiments werden die zeitlichen Abstände zwischen Laserpuls und Detektion des emittierten Fluoreszenzphotons statistisch erfasst. Das Resultat ist eine Fluoreszenzabklingkurve im Nanosekundenbereich, die für jeden Farbstoff eine andere Form oder Steilheit besitzt. Mit Hilfe eines "Multiplexprinzips" – einer Kombination aus spektraler und zeitaufgelöster Information – können wir heute mehr als drei unterschiedliche Fluoreszenzfarbstoffe auf der Einzelmolekülebene identifizieren.

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Nur gebundene Farbstoffepitope werden auf Grund der negativen Ladung der Antikörper in den Fokus des Lasers gezogen.

Die Möglichkeit, einzelne Moleküle zu detektieren und zu charakterisieren, kann ebenso genutzt werden, um in verschiedene biologische Systeme hineinzublicken. Bei Enzymen beispielsweise können bestimmte Subpopulationen mit leicht veränderten Eigenschaften einen entscheidenden Reaktionsweg in Gang setzen. Das Studium einzelner Moleküle macht es genauso möglich, die Homogenität beziehungsweise Heterogenität einer Probe zu prüfen oder reaktionsentscheidende Konformationen zu identifizieren. Der Hinweis auf eine lebende Zelle, bei der viele Reaktionen auf der Ebene einzelner Moleküle ablaufen, macht deutlich, welche enorme Bedeutung diesem Forschungszweig zukommt. Welchen Abstand haben beispielsweise Substrat und Enzym oder zwei Enzyme bei einer gemeinsamen Reaktion? Arbeiten Enzyme prozessiv? Fluoreszenzbasierende Einzelmolekülstudien werden im Laufe der nächsten Jahre Antworten auf solche Fragen geben.

Unabhängig von der jeweiligen Fragestellung erschwert oder verhindert die störende Autofluoreszenz in biologisch relevanten Proben (beispielsweise Blutseren) eine sichere Einzelmoleküldetektion. Um dieses Problem zu umgehen, haben wir erstmals kleine gepulste Diodenlaser eingesetzt, die im roten Spektralbereich emittieren. Diodenlaser haben erhebliche Vorteile: Die Hintergrundfluoreszenz nimmt im roten Spektralbereich (größer 600 Nanometer) stark ab, da dort nur noch wenige Moleküle Licht absorbieren; die Abnahme der Rayleigh-Streuung wirkt sich ebenso positiv auf die Nachweisempfindlichkeit aus. Da gute Fluoreszenzfarbstoffe, die sich mit "rotem" Licht effizient anregen lassen, auf dem Markt kaum erhältlich sind, haben wir gemeinsam mit Professor Karl-Heinz Drexhage vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Siegen neue "rote" Fluoreszenzfarbstoffe entwickelt. Sie lassen sich ideal mit einem Diodenlaser bei 630 bis 650 Nanometer anregen.

Schließlich gelang es uns weltweit erstmals, einzelne farbstoffmarkierte Biomoleküle in unverdünnten Blutseren mit Hilfe eines kleinen Halbleiterlasers zu identifizieren. Die starke Autofluoreszenz einer unverdünnten Blutprobe, die verhindert, dass einzelne Farbstoffmoleküle im grünen Spektralbereich identifziert werden können, wird durch die Anregung mit Diodenlasern drastisch reduziert. Auch hochempfindliche Messungen zur Bindung, Aufnahme und Reaktionsweise verschiedener Signal- oder Wirkstoffe in-vivo (in der lebenden Zelle) werden dadurch auf der Einzelmolekülebene möglich. Durch die gezielte Markierung und Einschleusung verschiedener Proteine können Transportpfade und die dreidimensionale Architektur lebender Zellen entschlüsselt werden.

Eine bedeutende Anwendung der neuen Technik ist das möglichst rasche Erkennen einer Infektion mit einem Krankheitserreger oder die Früherkennung und Verlaufkontrolle eines Tumorleidens. Denn je früher eine Infektion oder eine Tumorerkrankung erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Im frühen Stadium einer Infektion mit dem aidserzeugenden HI-Virus sind beispielsweise kaum mehr als 1000 Viren pro Milliliter Blut vorhanden. Kommerziell eingesetzte Diagnoseverfahren versuchen, im Blutplasma bestimmte Abschnitte (Sequenzen) der viralen Erbsubstanz (Ribonukleinsäure, RNS) nachzuweisen. Hierbei nutzt man den Effekt, dass Nukleinsäurebausteine in einer bestimmten Weise aneinander binden: Von den vier Bausteinen, aus denen die Desxoyribonukleinsäure (DNS) und RNS aufgebaut sind, paaren sich stets die Bausteine Guanin und Cytosin sowie Adenin und Thymin (beziehungsweise Uracil). Mit diesem Erkennungsprinzip wird die genetische Information aller Lebensformen bei der Zellteilung weitergegeben. Um eine Probe zu untersuchen, wird ein kurzer, farbstoffmarkierter Nukleinsäure-Strang (ein Oligonukleotid) zugegeben, der sich an eine bestimmte Region der viralen RNS bindet. Mit Hilfe der so genannten Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie kann gezeigt werden, dass das farbstoffmarkierte Oligonukleotid bei der Bindung an die Zielsequenz schwerer wird. Mit dieser Gewichtszunahme ist eine langsamere Diffusion durch das Beobachtungsvolumen verbunden. Weil sich die Diffusionsgeschwindigkeit beim Hybridisieren an die Zielsequenz nur relativ gering ändert, können mit diesem Verfahren leider nur relativ hohe Konzentrationen an viraler RNS (rund 1012-1013 Kopien/ml) entdeckt werden.

Um die Empfindlichkeit, mit der die Bindung einer farbstoffmarkierten Sonde an ihr Zielmolekül in Lösung nachgewiesen werden kann, zu steigern, wurden in unserer Gruppe neue Verfahren erarbeitet. Sie erfassen auf Einzelmolekülebene alle zugänglichen Messparameter simultan:

  • die charakteristische Diffusionszeit (die mittlere Aufenthaltsdauer des Moleküls im Beobachtungsvolumen);
  • die Fluoreszenzintensität (die mittlere Anzahl detektierter Photonen pro Molekül) und
  • die charakteristische Fluoreszenzabklingdauer des Moleküls.

Jeder dieser Parameter kann sich bei positiver Bindung an das gesuchte Zielmolekül in einem homogenen Test ändern. Mit Hilfe der von uns entwickelten "intelligenten" Fluoreszenzsonden soll beispielhaft erklärt werden, wie ein homogener Test auf Einzelmolekülebene für bestimmte Nukleinsäuresequenzen entwickelt werden kann. Das beste Werkzeug, um ein Zielmolekül (Nukleinsäure oder Protein) aufzuspüren, wäre sicherlich eine mit einem Farbstoff markierte Sonde, die nur dann fluoresziert, wenn das Zielmolekül gegenwärtig ist. Man könnte diese Sonde in so hoher Konzentration verwenden, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sie ein in nur niedrigen Konzentrationen vorhandenes Zielmolekül in einer Lösung auffindet, drastisch steigt. Während unserer Suche nach einem geeigneten Verfahren, um eine solch "intelligente"Sonde zu konstruieren, die nur dann leuchtet, wenn sie an ihr Zielmolekül gebunden hat, machten wir eine erstaunliche Entdeckung: Beinahe alle bekannten Fluoreszenzfarbstoffe werden durch den DNS-Baustein Guanin sehr stark in ihrer Fluoreszenz gelöscht.

Unter Ausnutzung dieser Fluoreszenzlöschung können farbstoffmarkierte Oligonukleotide mit einer "Haarnadel"-Struktur hergestellt werden, die an einem Ende mehrere Guanin- und am anderen Ende mehrere Cytosin-Bausteine tragen. Zwischen den Cytosin- und Guaninbausteinen befindet sich der Nukleinsäureabschnitt, der an die Zielsequenz bindet. Auf Grund der komplementären Bausteine an den Enden des Oligonukleotids kommt es zur Ausbildung einer Schleifenstruktur: Die Guaninbausteine hybridisieren mit den Cytosinbausteinen, wodurch der endständig an den Cytosinbausteinen angebrachte Farbstoff in seiner Fluoreszenz gelöscht wird. Sind in der Lösung Nukleinsäuresequenzen, die komplementär zur Schleifensequenz sind, bindet das Oligonukleotid an die Zielsequenz, die Haarnadel-Struktur wird dabei aufgehoben. Der räumlich enge Kontakt und damit die Löschung zwischen Farbstoffmolekül und Guaninbausteinen geht verloren, der Farbstoff fluoresziert. Da diese farbstoffmarkierten Oligonukleotide ihre mikroskopische Umgebung selektiv erkennen, werden sie als "intelligente" Fluoreszenzsonden bezeichnet. Mit diesem schnellen und einfachen Verfahren gelang es uns, bestimmte Nukleinsäureabschnitte in wenigen Sekunden mit einer tausendfach gesteigerten Empfindlichkeit nachzuweisen.

Unabhängig von der Frage, ob ein bestimmtes Protein oder ein spezieller Nukleinsäureabschnitt schnell und sicher von einem empfindlichen Test nachgewiesen werden soll, tritt immer das Problem auf, wie freie, farbstoffmarkierte und gebundene Sonden unterschieden werden können. Nicht für alle Bindepartner gelingt es, eine markierte Sonde zu konstruieren, die nur dann leuchtet, wenn sie an das Zielmolekül bindet. Es können aber noch weitere Tricks eingesetzt werden, um die Nachweisempfindlichkeit in homogenen Tests zu erhöhen. So können gebundene Sonden eine andere Nettoladung als freie Sonden besitzen. Das macht es möglich, wenige gebundene Sonden auf Grund ihrer unterschiedlichen Ladung von einem großen Überschuss an freien Sonden in einem elektrischen Feld zu trennen.

Als Beispiel sei die Früherkennung eines Brusttumors und dessen Verlaufskontrolle mit Hilfe eines schnellen, hochempfindlichen und homogenen Tests beschrieben. In diesem Test gilt es, die Konzentration eines bestimmten menschlichen (humanen) Antikörpers ("Anti-MUC1"), der sich gegen ein tumorassoziiertes Protein (unterglykosiliertes MUC1) richtet, in Blutseren zu bestimmen. Tumorassoziierte Proteine sind Eiweiße, die vermehrt von Krebszellen produziert und in die Blutbahn abgegeben werden. Wegen der erhöhten Protein-Produktion gelingt es der Tumorzelle nicht mehr, alle Proteine "ordnungsgemäß" mit einer kompletten Kohlenhydrathülle auszustatten: Die Proteine sind "unterglykosiliert". Auf die nun frei liegenden Aminosäuren – die Bausteine der Proteine – reagiert das körpereigene Abwehrsystem mit der Produktion von Antikörpern; bei Brusttumoren werden Anti-MUC1- Antikörper gebildet. Da die Konzentration dieser Antikörper im Blutserun das Tumorstadium widerspiegelt, können die Anti-MUC1-Antikörper für ein Testsystem zur Früherkennung und Verlaufskontrolle der Tumorerkrankung genutzt werden.

Zu diesem Zweck stellen wir gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universitäts-Frauenklinik in Heidelberg kurze Peptide (Eiweiße, die aus fünf bis 20 Aminosäuren bestehen) her, die bei unterglykosilierten MUC1-Proteinen frei liegen. Diese "MUC1-Epitope" dienen als Erkennungszeichen für die Antikörper und werden mit einem Farbstoff und zusätzlichen Argininbausteinen markiert. Arginin ist eine basische Aminosäure, das heißt, Argininbausteine tragen bei neutralen pH-Werten eine positive Ladung. Hierdurch wird erreicht, dass im Gegensatz zu den meisten natürlichen Proteinen das farbstoffmarkierte Epitop in einem elektrischen Feld auf Grund seiner positiven Ladung bei neutralen pH-Werten zum Minus-Pol wandert.

Sind hingegen humane Anti-MUC1-Antikörper in der Probe vorhanden, binden die im starken Überschuss zugegebenen Epitope an den Bindungsstellen, wodurch die positive Ladung der Epitope durch den Überschuss an negativen Ladungen des natürlichen Antikörpers kompensiert wird. Die gezielte Handhabung einzelner Moleküle im elektrischen Feld macht es möglich, gebundene farbstoffmarkierte Epitope binnen Sekunden von den freien Epitopen zu trennen und am Plus-Pol zu detektieren. Erste Versuche zeigen eindeutig, dass verglichen mit herkömmlichen Tests mit diesem Verfahren eine etwa tausendfache Steigerung der Nachweisempfindlichkeit zu erreichen ist. Die neue Technik könnte es möglich machen, einen Brustkrebs bereits zu diagnostizieren, bevor die Mammographie Veränderungen im Brustgewebe erkennen lässt.

Eine der wichtigsten Anwendungen der Einzelmolekül-Detektionstechnik in Lösung ist die Sequenzierung (Bestimmung des Basenreihenfolge) eines einzelnen DNS-Stranges. Schon im Jahr 1989 wurde vorgeschlagen, einzelne farbstoffmarkierte DNS-Stränge (mit einer Länge von bis zu 100 000 DNS-Baussteinen) in einem Schritt und damit sehr viel schneller als bisher zu sequenzieren. Zur Realisierung dieser Idee müssen jedoch mehrere Hürden genommen werden:

  1. Von der zu sequenzierenden DNS muss mit Hilfe von farbstoffmarkierten DNS-Bausteinen und einer Polymerase ein farbstoffmarkierter Tochterstrang hergestellt werden. Hierbei muss jeder der vier unterschiedlichen DNS-Bausteine mit einem anderen Farbstoff markiert sein. Ein Enzym (Polymerase) muss die farbstoffmarkierten DNS-Bausteine komplementär zur Sequenz der Vorlage einbauen.
  2. Ein einzelner farbstoffmarkierter DNS-Strang muss selektiert und zur Detektionsapparatur überführt werden.
  3. Durch die Zugabe eines Enzyms (Exonuklease), soll der DNS-Strang Baustein für Baustein von einem Ende her abgebaut werden.
  4. Die abgebauten farbstoffmarkierten DNS-Bausteine müssen unter Wahrung der Reihenfolge zum Detektionsvolumen transportiert werden.
  5. Alle farbstoffmarkierten DNS-Bausteine müssen in der Reihenfolge, mit der sie abgespalten wurden, detektiert und der jeweilige Baustein auf Grund des Farbstoffsignals identifiziert werden. Damit entspricht die detektierte Reihenfolge genau der Sequenz des DNS-Strangs.
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Mit wenigen Farbstoffmolekülen markierte Tumorzellen : Durch die zeitaufgelöste Detektion der Signale wird eine bessere Unterscheidung vom Hintergrundsignal erreicht.

Obwohl der enzymatische Aufbau einer vollständig markierten DNS mit Hilfe einer Polymerase schwierig ist, scheint eine teilweise Markierung mit Farbstoffen (beispielsweise der Ersatz von zwei natürlichen durch zwei fluoreszenzmarkierte DNS-Bausteine) möglich. Die vollständige Abfolge der DNS-Bausteine kann dann durch mehrmaliges Sequenzieren der gleichen DNS mit unterschiedlichen Kombinationen von fluoreszenzmarkierten DNS-Bausteinen erreicht werden. Nach der Isolation einer einzelnen DNS mit Hilfe einer Faserspitze, muss der DNS-Strang in einen Detektionskanal überführt werden. Hierbei nutzt man eine in der Molekularbiologie häufig verwendete Technik: Die Faserspitze wird mit Proteinen (Streptavidin) belegt, die sehr stark Biotin binden, das an ein Ende der DNS gekoppelt wurde.

Doch wie erreicht man, dass alle DNS-Bausteine das Detektionsvolumen von einem Femtoliter durchwandern? Hierzu setzen wir eine Mikrokapillare ein, die am dünnen Ende einen Innendurchmesser von 500 Nanometer (das entspricht der Hälfte des Detektionsquerschnitts) besitzt. Wenn wir den Laser auf das dünne Ende der Kapillare fokussieren, muss jedes vorbeischwimmende Molekül detektiert werden. Nachdem ein Schneide-Enzym (eine Exonuklease) in die Mikrokapillare gegeben wurde, können die einzelnen abgespaltenen DNS-Bausteine auf Grund ihrer negativen Ladung und eines angelegten elektrischen Feldes nach außen zum Plus-Pol gezogen, im Beobachtungsvolumen detektiert und mit Hilfe der charakteristischen Fluoreszenz-Abklingdauer der angebrachten Farbstoffe identifiziert werden.

Neben der Bestimmung der Schneideraten verschiedener Exonukleasen konnten wir durch diese Experimente ebenso zeigen, dass die bisher verwendeten Schneide-Enzyme an farbstoffmarkierter DNS nicht prozessiv arbeiten – das Enzym macht vielmehr mehrere, verschieden lange Pausen.

Autor:
Dr. Markus Sauer
Physikalisch-Chemisches Institut der Universität Heidelberg, Biophysikalische Chemie,
Im Neuenheimer Feld 253, 69120 Heidelberg,
Telefon (0 62 21) 54 84 60, Fax (0 62 21) 54 42 55,
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