Siegel der Universität Heidelberg
Bild / picture

Neuer Sonderforschungsbereich in der Chemie

Ein von langer Hand vorbereitetes Forschungsprogramm der Chemie der Universität Heidelberg startet jetzt: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft beschloss die Einrichtung eines neuen Sonderforschungsbereichs (SFB) an der Ruprecht-Karls-Universität, der die Aktivitäten auf einem der Hauptarbeitsgebiete der Fakultät für Chemie stärken und bündeln wird. Der neue SFB 623 "Molekulare Katalysatoren: Struktur und Funktionsdesign" ist mit 4,2 Millionen Euro Fördersumme ausgestattet und wird innovative, umweltschonende Syntheseverfahren der Chemie erforschen. Alles dreht sich um maßgeschneiderte Katalysator-Moleküle, die chemische Reaktionen steuern und beschleunigen.

Neuer SFB in der Chemie

"Der neue SFB wird breit und interdisziplinär angelegte Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Katalyse betreiben und dazu beitragen, die Spitzenposition der Universität Heidelberg in der Forschung auszubauen", kommentiert Rektor Prof. Dr. Peter Hommelhoff. 21 Wissenschaftler mit ihren Arbeitsgruppen werden in 18 Projekten zusammenarbeiten. Prof. Dr. Peter Hofmann, Geschäftsführender Direktor des Organisch-Chemischen Instituts, ist Initiator und Sprecher des neuen Sonderforschungsbereichs. "Wir freuen uns außerordentlich über die Entscheidung der DFG, die uns durch ihre hohen Mittelzuwendungen erlauben wird, mit über zwei Dutzend zusätzlichen Wissenschaftlerstellen und modernster Geräteausstattung international konkurrenzfähige Katalyseforschung zu betreiben", sagt Hofmann.

"Die bewilligten Mittel erkennen die hervorragende Stellung Heidelbergs im nationalen und internationalen Wettbewerb an und werden Heidelberg für Lehrende und Studierende noch attraktiver machen", hebt der Wissenschaftler hervor. Zusätzliche Fördermittel erhält der Sonderforschungsbereich aus Forschungskooperationen mit der BASF, die unter anderem die Finanzierung des am 27. Juni 2003 wieder stattfindenden internationalen Symposiums "Heidelberg Forum of Molecular Catalysis" übernimmt.

Polyethylen-Katalyse
Viele Kunststoffe wie zum Beispiel Polyethylen werden heute mittels maßgeschneiderter Katalysatoren hergestellt. Die einzelnen Moleküle des Gases Ethylen (Bild oben, rot codiert, rechts) werden nacheinander an einem Katalysatormolekül gebunden und zu langen Ketten von Polyethylen, die sich dann ablösen, zusammengefügt. Das Insert zeigt ein so erzeugtes Granulat, das als Rohstoff für Kunststoffprodukte eingesetzt wird. Im Sonderforschungsbereich 623 werden neuartige Katalysatoren nicht nur für Polymerisationsprozesse, sondern auch für andere, technikrelevante Syntheseverfahren erforscht.
Bild unten: Die meisten Medikamente bestehen aus Molekülen, die als Bild und Spiegelbild existieren können, wobei jedoch oft nur eine Form wirksam ist. Hier spielt die Katalyse, speziell die so genannte asymmetrische Katalyse, mit der gezielt nur Bild oder Spiegelbild hergestellt werden kann, eine bedeutende Rolle. Die Verleihung der Chemie-Nobelpreise 2001 an R. Noyori (Wittig-Lecturer der Heidelberger Chemie 1999), K.B. Sharpless und W.S. Knowles hat Entdeckungen genau auf diesem Gebiet gewürdigt. Im wesentlichen Schritt einer Technischen Synthese des Parkinson-Medikaments L-DOPA wird die Anlagerung von Wasserstoff an ein Vorläufer-Molekül von einem Rhodium-Katalysator so bewerkstelligt, dass nur die gewünschte Strktur entsteht. Mehrere Projekte im SFB 623 befassen sich intensiv mit der asymmetrischen – oder allgemein der stereoselektiven – Katalyse.
L-DOPA-Synthese

Die Entwicklung von Katalysatoren gehört zu den entscheidenden Zukunftstechnologien des 21. Jahrhunderts. Katalysatoren sind Substanzen, die – ohne selbst verbraucht zu werden – chemische Reaktionen gezielt beschleunigen, den Energieverbrauch minimieren, unerwünschte Neben- und Abfallprodukte verhindern (siehe "Autoabgas-Kat") und so eine ressourcenschonende, umweltfreundliche, ökonomisch wie ökologisch optimierte Synthesechemie ermöglichen.

Molekulare Katalysatoren kann man sich vereinfacht als Moleküle mit "maßgeschneiderten" Werkzeugeigenschaften vorstellen. Gute Katalysatoren vermitteln in Sekundenschnelle durch ein einziges Katalysatormolekül die Entstehung von vielen Tausenden von Molekülen eines gewünschtes Produktes. Im lebenden Organismus sind es die Enzyme, die auf diese Weise biochemische Umwandlungen rasch, effizient und mit hoher Selektivität schon bei Körpertemperatur bewirken.

Der neue Sonderforschungsbereich bindet Arbeitsgruppen aus dem Anorganisch-, Organisch- und Physikalisch-Chemischen Institut, aus der Theoretischen Chemie, aus der Pharmazie, der Technischen Chemie und aus dem Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR) in seine Aktivitäten ein. Durch die enge Verzahnung experimenteller und theoretischer Expertise aller Beteiligten soll vor allem ein tiefgreifendes Grundlagenverständnis von Katalyseprozessen auf molekularer und atomarer Ebene erreicht werden. Die im SFB 623 bearbeiteten Themen erstrecken sich von Fragestellungen zu katalytischen Vorgängen in der lebenden Zelle (Biokatalyse) bis hin zu Design und Optimierung der Molekülstrukturen von großtechnisch wichtigen Katalysatoren. Sie umfassen Forschung über innovative katalytische Verfahren zur Herstellung von Medikamenten und Wirkstoffen ebenso wie die Entwicklung neuartiger Lasermethoden zur Untersuchung der Arbeitsweise von Katalysatoren oder den Einsatz von Computern zur Vorhersage und Planung der optimalen Struktur von Katalysatoren.

Michael Schwarz
Seitenbearbeiter: Email
zum Seitenanfang