Google allein reicht nicht
Schlüsselqualifikation Informationskompetenz
Nie zuvor war die Suche nach Informationen scheinbar so einfach wie heute im Zeitalter des Internet.
Doch wer sich nur auf einfache Recherche-Instrumente wie zum Beispiel
Google verlässt, dem entgeht Wesentliches. Deshalb sieht der
Wissenschaftsrat in der Informationskompetenz eine
Schlüsselqualifikation, deren Erwerb von Bibliotheken und
Wissenschaftsdisziplinen gemeinsam geleistet werden muss.
Informationskompetenz – oder auch Information Literacy – ist die
Fähigkeit zur effizienten Informationsbeschaffung, -bewertung und -nutzung.
Aus diesem Grund organisierte der Regionalverband Südwest des Vereins Deutscher Bibliothekare (VDB) im November des vergangenen Jahres an der Universität Heidelberg die Veranstaltung „Vermittlung von Informationskompetenz an Hochschulbibliotheken im Südwesten“. Allein, dass die Initiative zu diesem Treffen aus den Bibliotheken kam, zeigt, dass diese das Thema als wichtig erkannt haben und zu ihren neuen Aufgaben innerhalb der Hochschulen zählen. Ebenso bedeutend ist jedoch die enge Verzahnung zwischen den „Informationsspezialisten“ in den Universitätsbibliotheken und den Fachwissenschaftlern in den Fakultäten. Die Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit Informationen aus unterschiedlichen Medien, Quellen und deren Beurteilung wird um so mehr Studierende erreichen, je mehr diese Angebote in die universitären Lehrpläne integriert werden. So nahmen an der Veranstaltung nicht nur Vertreter der Bibliotheken teil, sondern auch von Seiten der Heidelberger Lehre und Forschung Prodekan Prof. Dr. Paul Schnierer vom Anglistischen Seminar und der Geschäftsführende Direktor des Psychologischen Instituts Prof. Dr. Joachim Funke. Beide zeigten die zunehmenden Defizite der Studierenden im Bereich der Informationskompetenz an konkreten Beispielen auf und betonten die Notwendigkeit einer systematischen Vermittlung von Informationskompetenz, wobei sie die Bibliothek mit ihren Fachreferenten in engem Konnex zu den Fächern als prädestiniert für die diese Aufgabe sehen.
Viele Möglichkeiten noch ungenutzt
Wie ist die Ausgangslage an der Universität Heidelberg? Im Sommer 2003 befragte die UB in einer umfangreichen Studie ihre studentischen Benutzer nach deren Beurteilungen der Dienstleistungen und Angebote der Bibliothek. Das Ergebnis zeigte, dass 90 Prozent der Studierenden „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“ waren. Gleichzeitig wies die Untersuchung jedoch auch deutliche Defizite bei der Kenntnis fachspezifischer Datenbanken und wichtiger elektronischer Recherche-Instrumente nach. Oder anders gesagt, wenn die Nutzer die Angebote kennen, beurteilen sie diese als sehr nützlich, aber ein großer Teil der Studierenden besitzt von diesen Möglichkeiten keine Kenntnis. Die Ergebnisse aus Heidelberg decken sich mit denen der repräsentativen und bundesweiten so genannten SteFi-Studie. Nach dieser Studie empfinden die Studierenden das Angebot elektronischer Informationen als unübersichtlich und sehen sich außerstande, die Qualität der Ergebnisse zu bewerten (www.stefi.de). Um diese Lücke zu schließen, ist es nötig, ein Bewusstsein für die Defizite und die Bereitschaft zu deren Beseitigung zu entwickeln. Je höher schließlich die Informationskompetenz ist, desto bessere Leistungen können im Studium erbracht werden. Informationskompetenz ist daher eine Schlüsselqualifikation für Studium und Lehre, wie auch für die spätere erfolgreiche Berufstätigkeit. Sie trägt letztlich ebenso zur Exzellenz einer Universität bei.
Wie kann diese Informationskompetenz nun vermittelt werden? Der bisher gängige Weg ist die Vermittlung über Schulungen, welche die Universitätsbibliotheken anbieten. So können etwa in der UB Heidelberg Grund- und Aufbaukurse zu fachspezifischen wie allgemeinen Übungen im Umgang mit Katalogen, Datenbanken oder Internetquellen besucht werden (www.ub.uni-heidelberg.de/schulung). Die Praxis zeigt jedoch, dass die Angebote immer noch zu wenig wahrgenommen werden. Die Mehrheit hat entweder keine Kenntnis von den Kursen oder meint (fälschlicherweise), schon „alles zu wissen“. Daher ist es erfolgversprechender, Schulungen fest und auf Dauer in die Lehre einzubauen.
Unterstützung und Entlastung der Lehre
Einige baden-württembergische Hochschulbibliotheken, insbesondere die UB Heidelberg, sind auf diesem Feld bereits seit Jahren aktiv. Auf der Veranstaltung im November wurden dazu verschiedene Praxisbeispiele u.a. aus Konstanz, Freiburg, Mannheim und Heidelberg vorgestellt. Sowohl in Freiburg als auch in Konstanz wurde inzwischen in einigen Fächern die Vermittlung von Informationskompetenz curricular. Eine vergleichbare curriculare Verankerung wurde in der medizinischen Fakultät am Klinikum Mannheim für die klinischen Semester realisiert. Erste Ansätze und Erfahrungen in der Nutzung des Internet bei der Vermittlung von Informationskompetenz liegen inzwischen an der Universität Heidelberg und seit neuestem auch an der Universität Mannheim vor. In Heidelberg wurden während der letzten Jahre zwischen einzelnen Instituten und der UB auf der Ebene von Einzelveranstaltungen informelle Ansätze zur Zusammenarbeit entwickelt wie z. B. im Rahmen von Einführungsveranstaltungen (Psychologie, Klassische Archäologie), Proseminaren (Soziologie, Politikwissenschaften) und Tutorien (Kunstgeschichte, Pädagogik). Eine besondere Gelegenheit zur curricularen Verankerung bietet die Einführung der neuen B.A.-Studiengänge, bei denen der Erwerb von Schlüsselqualifikationen neben der Aneignung fachspezifischen Wissens eine signifikante Rolle spielt. Die UB kann hier die Lehre unterstützen und entlasten.
Entsprechend dem ebenfalls in der Veranstaltung vorgestellten Kooperationskonzept in Nordrhein-Westfalen wurde eine engere systematische Zusammenarbeit aller wissenschaftlichen Bibliotheken angeregt. Erste Schritte zur Realisierung wurden in Baden-Württemberg inzwischen schon mit der Gründung einer landesweiten bibliothekarischen Arbeitsgruppe Informationskompetenz der Universitätsbibliotheken vollzogen.
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