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Im vierten Jahr auf Erfolgskurs: Das Heidelberg Center in Santiago de Chile wächst weiter

Vieles hat sich getan, seitdem im April 2002 das Heidelberg Center Lateinamerika seine Tore in Santiago de Chile öffnete. Denn längst wurde aus dem „interessanten Experiment“ – so hatte sich noch im vergangenen Jahr der Vizepräsident des Deutschen Bundestages Hans-Otto Solms ausgedrückt – ein „nachahmenswertes Erfolgsmodell“, wie kürzlich der baden-württembergische Wirtschaftsminister Dr. Mehrländer befand. Immerhin gelang es dem Heidelberg Center Lateinamerika (HCLA) binnen kürzester Zeit, den Export exzellenter Lehrinhalte und -methoden der Universität Heidelberg nach Lateinamerika massiv zu steigern.


Santiago de Chile


„Das Heidelberg Center wurde als eine Drehscheibe des wissenschaftlichen Dialogs mit den Universitäten Lateinamerikas konzipiert und ist deshalb stark auf Kooperationen ausgerichtet“, erklärt Dr. Walter Eckel, Direktor des HCLA. „Unsere wichtigsten Partner sind dabei jedoch nicht irgendwelche unbekannten Institutionen, sondern die zwei bedeutendsten chilenischen Universitäten – die Universidad Católica und die Universidad de Chile.“ Mit beiden Hochschulen wurden bereits Aufbaustudiengänge und Weiterbildungsseminare entwickelt und durchgeführt. Dass diese Angebote gebührenpflichtig sind, lässt sich indes nicht umgehen – obgleich das Heidelberg Center nicht nur von der Ruperto Carola finanzielle Unterstützung erfährt, sondern auch vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg sowie dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD).

DAAD-Auszeichnung für zwei Projekte

Avenida Los Leones 1035 – so lautet die Adresse des

Avenida Los Leones 1035 – so lautet die Adresse des "Heidelberg Center Para America Latina" in Santiago de Chile. Das Graduierten- und Weiterbildungszentrum der Ruprecht-Karls-Universität öffnete im April 2002 seine Tore zum ersten Mal. Aus dem Experiment ist längst ein nachahmenswertes Erfolgsmodell geworden. Das angemietete Gebäude, wo ein kleiner Campus entstand, stößt mit seinem breiten Lehrangebot allerdings allmählich an seine räumlichen Grenzen. Foto : HCLA


In diesem Zusammenhang freute man sich jüngst über zwei vom DAAD ausgezeichnete Projekte. So konnten sich sowohl der Studiengang „International Law, Investments and Trade“ wie auch die „Summer School in Medical Radiation Physics“ in den Wettbewerben des DAAD gegen starke Konkurrenten durchsetzen. „In dem von der Juristischen Fakultät in Heidelberg sowie der Unversidad de Chile angebotenen einjährigen Magisterstudiengang International Law, Investments and Trade haben sich 15 Studierende eingeschrieben, von denen nur acht aus Chile stammen, während die anderen Teilnehmer argentinische, brasilianische, ecuadorianische, puertoricanische oder neuseeländische Pässe haben. Alleine diese Internationalität macht deutlich, wie sehr das HCLA längst auch über die Grenzen Chiles hinaus wahrgenommen wird“, freut sich Walter Eckel.

Der Studiengang selbst, der durch das Heidelberger Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht sowie durch das Institut für Internationale Studien der Universidad de Chile wissenschaftlich unterstützt wird, wurde von einer hochkarätig besetzten DAAD-Kommission ausgewählt und erhält in den Jahren zwischen 2004 und 2007 eine substanzielle Anschubfinanzierung. „Damit ist es möglich, Studierenden aus der Region eine attraktive Alternative zum Studium an einer US-amerikanischen Universität zu bieten und zugleich die europäisch-lateinamerikanische Sichtweise des internationalen Rechts zu vermitteln, die mit der US-amerikanischen nicht immer deckungsgleich ist.“

Den zweiten Erfolg konnte die „Summer School“ zur Strahlentherapie für sich verbuchen, was auch in Chile sehr aufmerksam verfolgt wurde. Immerhin ist ionisierende Strahlung in der Medizin seit langem unentbehrlich – sei es in der Röntgendiagnostik, der Röntgencomputer-Tomographie oder der Strahlentherapie. Nun unterliegt der Einsatz ionisierender Strahlung am Menschen in Deutschland jedoch den strengen Richtlinien der Röntgen- oder der Strahlenschutzverordnung, während in Chile und anderen Ländern Lateinamerikas solche Regelungen bislang weitestgehend fehlen. Zudem werden hier die Arbeiten mit strahlendem Material meist von Ärzten oder technischen Assistenten übernommen – die nicht selten von der immer komplexeren Technik überfordert sind. Eine sichere, nebenwirkungsfreie Anwendung ist deshalb oftmals nicht gegeben, was unmittelbare Gefahren für den Patienten zur Folge haben kann. Außerdem fehlt es an Forschungsvorhaben und Entwicklungen in der Medizinischen Physik, wie sie in Westeuropa seit langem üblich sind. Mit dem Kurs des HCLA soll dieser Mangel künftig behoben werden. In ihm werden die Grundlagen der Strahlenphysik, des Strahlenschutzes und der Medizinischen Physik vermittelt. Darüber hinaus wird der Stand der Wissenschaft und Technik auf aktuellen Forschungsgebieten der Medizinischen Strahlenphysik gelehrt. Angelehnt wurde der durch Prof. Dr. Wolfgang Schlegel vom Deutschen Krebsforschungszentrum entwickelte Kurs an die Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Physik für die Ausbildung zum Medizin-Physik-Experten.

Über den Export von Lehrangeboten hinaus

Jedoch wäre es sträflich, in diesem Zusammenhang alleine von einem Wissensexport zu reden. Immerhin verknüpft man von deutscher Seite mit dem Kurs durchaus auch die Hoffnung, besonders begabte lateinamerikanische Physiker für eine Promotion auf dem Gebiet der Medizinischen Physik zu gewinnen und für eine wissenschaftliche Tätigkeit in Deutschland zu interessieren. Und Walter Eckel denkt sogar noch weiter: „Mittelfristig bemühen wir uns nach Kräften, einen vollwertigen Masterstudiengang in der Medizinischen Physik in Chile zu etablieren. Das würde dann nämlich nicht nur eine wertvolle Ergänzung des bereits bestehenden Lehrangebots darstellen, sondern auch eine schmerzliche Lücke im Gesundheitswesen Lateinamerikas schließen.“

Die Qualität der Lehre am HCLA wird indes nicht nur durch die beiden gewonnenen DAAD-Wettbewerbe unter Beweis gestellt, sondern auch durch weitere Projekte wie den von der Fachhochschule Offenburg und der Technischen Universität Federico Santa Maria entwickelten „Master of Business Administration“ im Fach „Energy Economics“, der mit Unterstützung des Heidelberg Centers im August 2005 beginnt. „Wir sind uns sicher, dass dieser MBA-Kurs gut angenommen wird – und das kommt natürlich auch der FH Offenburg zu Gute, der wir somit ein Standbein, man könnte auch von einer Plattform reden, in Lateinamerika bieten können – was natürlich ganz generell für die baden-württembergischen Hochschulen gilt.“

Auch andere Veranstaltungen, wie der sechsmonatige Zertifikatskurs zum Thema „Rechtsstaat und Justizreformen“ stießen bereits auf große Resonanz, während drei internationale und interdisziplinäre Symposien hervorragend besucht waren: sensomotorische Entwicklung des Neugeborenen, zehn Jahre Bioethikdebatte, Kirche und Zivilgesellschaft. Die Deutschkurse erfreuen sich eines großen Zuspruchs. Das HCLA bereitet pro Trimester über hundert Studierende und Wissenschaftler auf Studien- und Forschungsaufenthalte an der Universität Heidelberg oder an anderen deutschen Hochschulen vor. „Alles in allem sind wir mit der Entwicklung in den letzten beiden Jahren sehr zufrieden“, freut sich Walter Eckel. „Wir sind nach wie vor das einzige Graduiertenzentrum einer deutschen Universität in Lateinamerika – und als solches ein ideales Aushängeschild des Heidelberger Geisteslebens. Die Zusammenarbeit mit Partnern wie dem DKFZ und dem Karlsruher Forschungszentrum ist auf bestem Wege. Und wenn alles klappt wie geplant, stehen bis 2007 insgesamt fünf Aufbaustudiengänge im Angebot – was jedoch nicht nur Vorteile mit sich bringt. Denn zusammen mit den geplanten Promotionsprogrammen oder Internationalen Graduiertenkollegs Klinische Pharmakologie und Psychotherapie wären die räumlichen Gegebenheiten erschöpft.“

Bereits jetzt ist das angemietete Gebäude in der Avenida Los Leones 1035 – wo ein kleiner Campus entstand – eigentlich schon zu eng für das breite Angebot des HCLA. „Um das Heidelberg Center auf Dauer in Lateinamerika etablieren zu können, muss deshalb in absehbarer Zeit in ein größeres Gebäude investiert werden“, ist sich Walter Eckel sicher.

Der Preis des Erfolges ist eben mitunter hoch. Und es hat sich ja auch eine Menge getan, seit das Heidelberg Center Lateinamerika im April 2002 seine Tore in Santiago de Chile öffnete.
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