Neue Brücken ins Reich der Mitte
Besuch einer Delegation der Tsingua University in Heidelberg – Lehrexport und gemeinsame Studiengänge beschlossen
Prorektor Professor Angelos Chaniotis (links) und Vizepräsident Professor Gong Ke unterzeichnen das Memorandum of Understanding.
Foto: Rothe |
Das Abkommen ist ein weiterer Baustein auf dem Weg hin zu einer international ausgerichteten Spitzenuniversität, wie er im jüngst vorgestellten Strategiepapier beschrieben wird (siehe Unispiegel 1/2005). Dabei setzt man unter anderem auf eine weitere Intensivierung der internationalen Beziehungen mit den USA und eben mit China. Denn immerhin boomt das Riesenreich seit einigen Jahren – und ist deshalb auch stark an wissenschaftlichem Transfer interessiert.
Konkret wird derzeit über eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Medizin, der Sinologie und den Rechtswissenschaften gesprochen. Im Bereich Jura beispielsweise besteht Interesse an einem gemeinsamen englischsprachigen LL.M.-Programm (Legum Magister). Hinter der Abkürzung versteckt sich ein Programm zur Pflege der internationalen Zusammenarbeit im Hochschulbereich, zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und zur Verbreitung der Kenntnisse des deutschen Rechts im Ausland.
Hierbei wird Studenten aus dem Ausland der akademische Grad eines Legum Magister verliehen. Der kann indes auch Deutschen verliehen werden, die ein rechtswissenschaftliches Studium an einer ausländischen Hochschule erfolgreich abgeschlossen haben. Zudem soll die Möglichkeit der Einrichtung eines Konfuzius-Instituts in Heidelberg beraten werden, das man mit einem deutschen Goethe-Institut im Ausland vergleichen könnte. Pläne und Überlegungen in dieser Richtung existierten schon seit einiger Zeit. Doch wurde das Vorhaben durch die Reise des Rektors beschleunigt, so dass eine beachtliche Dynamik entstand. Zu Gast war die mehrköpfige chinesische Delegation jetzt beispielsweise in der Medizinischen Fakultät sowie der Juristischen Fakultät und dem Germanistischen Seminar. Unterzeichnet wurde ein „Memorandum of Understanding“, mit dem die Partnerschaft zwischen den beiden Universitäten in ihrem weiteren Ausbau schriftlich fixiert wird.
„Gerne haben wir beim Besuch in China die Wünsche unserer Partner aufgenommen“ und das Programm so gestaltet, dass die Delegation der Tsinghua Universität ihre Wunschpartner kennen lernt, sagte Rektor Prof. Hommelhoff bei der Unterzeichnung des Memorandums durch Vizepräsidenten Prof. Gong Ke und den Heidelberger Prorektor für Internationale Beziehungen, Prof. Dr. Angelos Chaniotis. Auch die Ruperto Carola habe einen Wunsch, so Hommelhoff weiter: nämlich dass die Erfahrungen der Juristischen Fakultät beim Lehrexport auch bei der Tsinghua Universität zum Tragen kämen. Vizepräsident Prof. Gong bei der Unterzeichnung: „Ich sehe eine sehr große Zukunft für unsere Kooperation.“
Im Rahmen des Besuches der Delegation in Deutschland wurde auch der Kooperationsvertrag mit den Unternehmen Freudenberg & Co., Weinheim, Klüber Lubrication, München, und Pepperl & Fuchs, Mannheim, mit der Universität Tsinghua verlängert. Die Unternehmen unterstützen bereits seit 1993 den deutschen Sprachunterricht an der Tsinghua Universität durch die Finanzierung von Lehrern, Sachmitteln und eines Sprachlabors. Auf diese Weise ist es gelungen, Deutsch zur zweitwichtigsten Fremdsprache nach Englisch an der Tsinghua Universität zu machen. Im vergangenen Jahr lernten mehr als 300 Studenten, Doktoranden und Professoren Deutsch an der Pekinger Eliteuniversität.
„Dass der Besuch der Delegation gemeinsam mit Wirtschaftsunternehmen gestaltet wurde, ist ein wichtiger Punkt“, meint Dr. Walter Kühme, Leiter der Stabsstelle Strategie der Universität Heidelberg. „Immerhin sind wir damit schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Zusammenarbeit über den engeren Kreis universitärer Kooperation hinausgetreten. Das Projekt zieht noch vor dem eigentlichen Start beachtliche Kreise, was nicht nur von chinesischer, sondern auch von der deutschen Seite begrüßt wird. Durch eine Kooperation mit der Wirtschaft gewinnt die Partnerschaft zusätzliche Stärke“, ist sich Kühme sicher.
Vorteilhaft für den geplanten Lehrexport im Rahmen der Zusammenarbeit ist auch die Tatsache, dass die Ruperto Carola auf teilweise langjährige Erfahrungen zurückblicken kann, dienen doch das Postgraduierten- und Weiterbildungszentrum der Universität Heidelberg in Santiago de Chile, die „Schule des deutschen Rechts“ in Krakau und die Beteiligung an Programmen der Andrássy Universität in Budapest schon jetzt dem Lehrexport. Von dem mit diesen Projekten gewonnenen Know-how wird nun auch die Kooperation mit China profitieren.