Großer Schritt hin zu einer besseren Kinderbetreuung
Das jetzt eröffnete Kinderhaus im Neuenheimer Feld soll insbesondere junge Wissenschaftler-Eltern entlasten
Vor allem junge Eltern, die an der Universität forschen und arbeiten, profitieren von dieser speziellen Betreuungseinrichtung, die beispielsweise mit flexiblen Öffnungszeiten auf die Bedürfnisse von Akademikerinnen und Akademikern mit Elternpflichten eingeht. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Tätigkeitsfeldern ist Teilzeitarbeit im wissenschaftlichen Alltag mit all seinen Labortätigkeiten, Teamsitzungen oder Forschungsreisen kaum möglich.
Damit auch für die ganz Kleinen gesorgt ist, wenn Mami (oder Papi) mal wieder im Labor unabkömmlich ist oder eine Forschungsreise ansteht. Vor allem die Betreuung von Kleinkindern unter drei Jahren stellt viele Eltern vor erhebliche Probleme. Hier soll das neue Kinderhaus für Entlastung sorgen.
Fotos: Rothe |
Das Hauptproblem ist also vor allem die zeitliche Flexibilität, zumal gerade von Nachwuchswissenschaftlerinnen eine hohe Bereitschaft erwartet wird, auch abends oder am Wochenende zu arbeiten – von regelmäßig zu besuchenden Kongressen und Tagungen ganz abgesehen. Deshalb scheiden „normale“ Betreuungsangebote, die beispielsweise nur am Vormittag zur Verfügung stehen, von vorneherein aus. Vor allem die Betreuung von Kleinkindern unter drei Jahren stellt die jungen Mütter vor erhebliche Probleme, sind doch private Krippen – falls man überhaupt einen freien Platz findet – mitunter kaum finanzierbar.
Diese Situation soll sich nun durch das neue Kinderhaus entspannen, das sich nicht als elitärer „Betriebskindergarten“ versteht, sondern als Einrichtung für die breite Öffentlichkeit, was wiederum der gesamten Stadt zu Gute kommt. Möglich wurde das dringend benötigte Kinderhaus durch die gemeinsame Anstrengung privater sowie öffentlicher Partner, wie Prorektor Professor Jochen Tröger erklärt: „Die Hochschule, das private Sponsoring der Tschira Stiftung, die großzügige Spende der Heidelberger Volksbank-Stiftung und die öffentlichen Zuschüsse der Stadt Heidelberg gingen hier Hand in Hand.“ Beinahe jedoch wäre das gesamte Projekt an einer Bauvorschrift gescheitert, die aus Sicherheitsgründen sowie aus der Notwendigkeit barrierefreien Bauens die Installation eines Fahrstuhl ins bereits bestehende Haus verlangte. „Der jedoch hätte das Kinderhaus beinahe gekippt – und zwar wegen der immensen Mehrkosten“, erinnert sich Jochen Tröger an die Probleme. „Zum Glück jedoch hat der Landtag kurz zuvor eine gesetzliche Ausnahme zum ‚barrierefreien Bauen‘ zugelassen. Diese Regelung besagt, dass man auf Alternativen zurückgreifen kann, wenn ein spezieller Umbau – wie beispielsweise ein Fahrstuhl – die Kosten für das Gesamtprojekt erheblich steigen lassen würde. Da dies nun der Fall gewesen wäre – und zudem im Erdgeschoss bereits barrierefrei zugängliche Kinderbetreuungsplätze vorhanden sind, machte die Bauaufsicht eine Ausnahme“, freut er sich. Als Alternative zum Fahrstuhl wurde nun eine Notfallrutsche eingebaut – ein sehr passendes Detail für ein Kinderhaus, wie der Prorektor findet.
Warum ein solches Kinderhaus eminent wichtig ist, macht Tröger auch klar: „Wir verlieren jedes Jahr hervorragende Wissenschaftlerinnen, die möglicherweise noch ihre Promotion beenden, dann aber eine Auszeit nehmen, in der sie sich ihren Kindern widmen können. Da man jedoch gerade in den naturwissenschaftlichen Fächern schon nach wenigen Monaten den sprichwörtlichen Faden verliert, werden immer wieder junge Frauen mit hoffnungsvollen Karrierechancen durch Schwangerschaft oder Erziehungszeit aus der wissenschaftlichen Laufbahn hinausgestoßen“. So überrascht es nicht, dass die Schaffung solcher Betreuungseinheiten auch im Strategiepapier der Universität expliziert gefordert wird.
Natürlich kann dieses eine Projekt Kinderhaus – trotz der guten Ansätze – nicht alle Probleme auf einmal lösen. Aber es kann ein deutlich sichtbares Zeichen dafür sein, dass sich die Universitätsstadt Heidelberg um bessere Rahmenbedingungen für Familien mit Kindern bemüht – und auch weiter bemühen wird. „Wir sehen das Kinderhaus deshalb als einen wichtigen Schritt – aber eben nur als einen Schritt von vielen an. Wir wollen nämlich künftig auch eine Kinderbetreuung beispielsweise für Kongressbesucherinnen anbieten, um so den Standort Heidelberg noch weiter zu stärken“, blickt Jochen Tröger bereits in die Zukunft. Ideen gibt es also noch viele – während das neue Kinderhaus den Mut verdeutlicht, sie auch umzusetzen.