Siegel der Universität Heidelberg
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Editorial

Nun sitzen wir also vor 190 Seiten Koalitionsvertrag und wissen nicht recht, wohin der Zug für die Universitäten – und für die Republik – geht. Also glauben wir den großen Parteien erst einmal, was sie zu Papier gebracht haben. Auffälliger noch als das etwas zu sanfte Bekenntnis zu Forschung und Hochschule: die Koalitionäre verpflichten sich, den Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf mindestens 3% des Bruttoinlandsproduktes zu steigern – das wäre eine gewaltige Milliardenspritze. „Wir werden gemeinsam mit Wissenschaft und Wirtschaft Innovationsstrategien für Spitzentechnologien entwickeln, um Technologie- und Marktführerschaften für Deutschland auszubauen oder zu erobern“, schreibt Schwarz-Rot.

Genannt werden die üblich in Frage kommenden Felder, von der Bio- und Gentechnologie bis hin zur Raumfahrttechnik. Sicherstellen will die Koalition, dass Deutschland die Chancen neuer Durchbrüche, etwa in den Lebenswissen-schaften, nutzt. „Wir werden deshalb die Klinische Forschung in Deutschland stärken.“ Eine Universität wie Heidelberg hört das gern. Dann das überraschende Bekenntnis für den Edelstein im Profil der ältesten Universität Deutschlands. „Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften sind in einer Welt des beschleunigten sozialen und technischen Wandels von hoher Bedeutung.“ Auf der Zunge zergeht der folgende Satz: „Sie arbeiten an der Reflexion von Veränderung, an der Vergewisserung von Tradition und kulturellem Gedächtnis“ – hier könnte der Heidelberger Ägyptologe Jan Assmann die Feder geführt haben. Sie leisten, so heißt es weiter, einen entscheidenden Beitrag zu einem kritischen Selbstverständnis der Gegenwart und unserer zukünftigen Handlungsmöglichkeiten. „Deshalb werden wir sie stärken.“ Es fällt schwer sich vorzustellen, dass zusätzliche Milliarden in die Geisteswissenschaften fließen werden. Aber ich will der Koalition nicht Unrecht tun, diese Aussagen nur als Lyrik zu werten. Immerhin sind sie fundamental und richtig.

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