Das Portrait
Blick in die Tiefen des Weltraums
Zentrum für Astronomie: Andreas Quirrenbach ist neuer Leiter der Landessternwarte
Einer der schönsten Arbeitsplätze. Die Landessternwarte, die seit April von Andreas Quirrenbach geleitet wird, ist inzwischen Teil des größten astronomischen Zentrums in Deutschland – des ZAH. Foto : Krug |
Heidelberg steht in einer Reihe mit anderen klangvollen Orten, an denen Quirrenbach bislang tätig war. Seine Universitätslaufbahn hat der Astronom mit dem Studium der angewandten Physik begründet, zuerst in Bonn, das Hauptstudium dann in Heidelberg, wo auch seine Diplomarbeit über numerische Plasmaphysik entstand. Der Weg zur Astronomie war also nicht von vornherein geplant – das Interesse aber geweckt. Wieder zurück in Bonn machte er sich an seine Doktorarbeit am Max-Planck-Institut für Radioastronomie.
Nach der Dissertation 1990 ergab sich für ihn zum ersten Mal die Gelegenheit, in den USA seine Forschungen voranzutreiben. Ermöglicht durch ein Feodor-Lynen-Stipendium der Humboldt-Stiftung konnte er drei Jahre lang am US Naval Observatory arbeiten. Von dort kehrte der Astronom 1993 nach Deutschland zurück, um in Garching am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik bei der Entwicklung der erst 1992 durch das amerikanische Militär freigegebenen „adaptiven Optik“ mitzuwirken. „Hierbei werden die Turbulenzen, die die Erdatmosphäre verursacht und die die Beobachtung der Sterne von der Erde beeinträchtigen, mit Hilfe eines künstlichen „Sterns“, der in 90 km Höhe mit einem Laser erzeugt wird, herauskorrigiert,“ erklärt der Professor. Mit dieser Methode seien ähnlich gute Beobachtungsergebnisse zu erzielen, wie sie Raumsonden liefern.
Während der Zeit in Garching, so Quirrenbach weiter, begannen auch die Überlegungen, sich zu habilitieren; diese wurden jedoch hinfällig, als er 1997 einen Ruf nach San Diego an die University of California erhielt. Ein ganz neues Gebiet tat sich während dieses Aufenthaltes in Kalifornien auf, mit dem sich der Wissenschaftler noch immer beschäftigt: die Suche nach Planeten, die um andere Sterne als die Sonne kreisen. „Das ist äußerst schwierig, da Sterne eine vielfach höhere Leuchtkraft haben als die sie umkreisenden Planeten, weshalb derzeit nur indirekte Nachweise möglich sind. Für die indirekten Nachweise untersuchen wir die Bewegung der Sterne, die durch die Planeten beeinflusst werden“, führt der Professor aus. Zwar spricht man gewöhnlich davon, dass Planeten ihre Muttersterne umkreisen, aber umgekehrt vollführen die Sterne eine Bahnbewegung um den gemeinsamen Schwerpunkt, die nur entsprechend dem Verhältnis der Massen kleiner ist. Diese Beobachtungen erlauben dann wiederum Rückschlüsse auf die Entstehung unseres eigenen Sonnensystems. Andreas Quirrenbach geht davon aus, dass es in zwanzig Jahren möglich sein wird, erdähnliche Planeten, die um andere Sterne kreisen, zu entdecken und ihre Eigenschaften zu bestimmen.
Hier stößt er an eine der schon seit Beginn der Astronomie gestellten Grundfragen: Ist die Erde, sind wir Menschen etwas Einmaliges oder gibt es vergleichbare Lebenssituationen im Universum? Die heutige Generation von Astronomen wird wohl die erste sein, die das wissenschaftlich nachweisen könnte.
Von seinem letzten Standort, der Universität Leiden, wo Quirrenbach seit 2002 tätig war und an der Planung einer neuen Generation von Teleskopen beteiligt war, hat er einige Mitarbeiter mit nach Heidelberg gebracht. Denn die Landesternwarte hat eine lange Tradition und einen sehr guten Ruf bei der Entwicklung neuer astronomischer Instrumente. So hatte sie daran teil, eines der ersten Instrumente für die neuen Teleskope zu konstruieren; dazu gehört das „Large Binocular Telescpoe“, das in Arizona steht. Es besitzt zwei Spiegel mit jeweils über acht Metern Durchmesser und ermöglicht mit zwanzig Metern Gesamtgröße eine noch größere Messgenauigkeit als bislang.
Die Wichtigkeit der Grundlagenforschung, die in der Astronomie betrieben wird, hebt Quirrenbach besonders hervor. Denn so seien einige technische Neuerungen entstanden, die auch im täglichen Leben mittlerweile Einzug gehalten haben. Als Beispiele nennt der Professor das Navigationssystem GPS oder die Sensoren, die sich in Digitalkameras befinden – beides Produkte, die ursprünglich zu astronomischen Forschungszwecken entwickelt worden sind. Solche Grundlagenforschung zu stärken, ist schließlich auch die Zielrichtung des Zentrums für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH), das direkt dem Rektorat unterstellt ist. Anfang 2005 ist es aus dem Zusammenschluss des Astronomischen Recheninstituts, der Landessternwarte und des Instituts für Theoretische Astrophysik entstanden – damit das größte astronomische Zentrum an einer deutschen Universität. So engagiert sich das Zentrum unter anderem bei der 2011 startenden Mission „Gaia“ der ESA (European Space Agency), bei der es darum geht, die Entstehung der Milchstraße besser zu verstehen. „Im ZAH sind Institutionen vereint, die traditionell recht unterschiedliche Gebiete abdecken, sich aber gut ergänzen und in denen noch sehr viel Potential liegt, um weitere große Projekte zu verwirklichen“, erklärt Andreas Quirrenbach. Und keine Frage, der neue Leiter der Landessternwarte wird seinen Teil dazu beitragen.