„Knab auf schnellem Roß“
Eine Ausstellung in der Universitätsbibliothek zur Heidelberger Romantik
Im Mittelpunkt steht jenes kostbare Wunderhorn-Material, das die Bibliothek 1929 von den Nachkommen Achim von Arnims erworben hatte – dazu zählen 246 Briefe sowie über 2000 Lieder und Sinnsprüche. Zu den attraktivsten Aufzeichnungen gehört zweifellos jenes Blatt, auf dem Arnim nicht nur das Gedicht „Ach in Trauren muß ich schlafen gehen“ notierte, sondern am linken Rand auch zwei Skizzen eines Reiters anfertigte, die einen Entwurf darstellten für die berühmte Titelvignette des ersten Wunderhorn-Bandes (siehe unsere Abbildung). Der Name der Sammlung geht nämlich zurück auf das in ihr an erster Stelle abgedruckte Lied „Ein Knab auf schnellem Roß“, das einen reitenden Boten besingt, der einer Kaiserin ein Horn mit wunderbaren Eigenschaften überreicht.
Abb.: Katalog |
Die „Heidelberger Romantik“ lässt sich natürlich nicht nur auf das „Wunderhorn“ reduzieren. Im Rahmen der ihr von den Literaturhistorikern im Nachhinein zugestandenen Rolle als Beschwörerin nationaler Volkskultur präsentiert die Ausstellung auch die anderen Projekte, die dieser Bezogenheit entsprangen – so beispielsweise Görres’ vielfältige Beschäftigungen mit altdeutscher Literatur. Die beiden Universitätsdozenten Joseph Görres und Friedrich Creuzer gehörten zur Clique um Arnim und Brentano. Ihren Gegenspieler hatten sie in Johann Heinrich Voß, dem berühmten Homer-Übersetzer und erklärten Romantik-Feind: „In den neu erschienenen Bänden wird aus dem Knaben-Wunderhorn, als Mittel der Verjüngung zum Knabenalter, ein heilloser Mischmasch von allerlei buzigen, truzigen, schmuzigen und nichtsnuzigen Gassenhauern, samt einigen abgestandenen Kirchenhauern, uns vorgeschüttet“, schrieb dieser in einer Rezension. Es kam zu teilweise heftigen Auseinandersetzungen. Zu den Voß-Attacken der Brentano-Leute gehörte neben der Philistersatire über den Uhrmacher Bogs (1807) auch eine Karikatur. Sie zeigt Voß ebenfalls als Philister, der mit Pfeil und Bogen auf die als Putto dargestellte Poesie zielt. Der Pfeil traf insofern, als Brentano und Arnim die Stadt wenig später tatsächlich verließen – das Ende des literaturgeschichtlichen Kapitels „Heidelberger Romantik“.
Die Ausstellung „Ein Knab auf schnellem Roß – Die Romantik in Heidelberg“, zu der ein reich illustrierter Katalog erschienen ist, ist noch bis zum 31. März 2007 in der Universitätsbibliothek zu sehen.