Von der Theorie in die Praxis
Eine Ausstellung der Universitätsbibliothek zeigt den Einfluss des Mediums Buch bei der Verbreitung von Architekturstilen
Neben 80 attraktiv illustrierten Architekturtraktaten und Lehrbüchern von berühmten Schriftstellern und Architekten wie Vitruv, Andrea Palladio, Hans Vredemann de Vries, Claude Perrault und Francois Blondel, die vornehmlich aus den Beständen der Universitätsbibliothek stammen, zeigt die Ausstellung auch Leihgaben aus dem Bereich der Angewandten Kunst, etwa in Form von Möbelmodellen und Uhren, aber auch Arbeitsgeräte. Zu den Leihgebern gehören unter anderem das Kurpfälzische Museum Heidelberg, das Badische Landesmuseum Karlsruhe, das Württembergische Landesmuseum sowie die Skulpturhalle Basel.
Ziel ist es, den Einfluss des Mediums Buch bei der Verbreitung von Stilrezeptionen in der Architektur zu zeigen, die Motivation der Autoren offen zu legen sowie die intellektuelle „Übersetzungsleistung“ von der Architekturtheorie in die Berufspraxis zu würdigen. Handwerksmeister wie Hans Blum, Johann Indau, Marco Nonnenmacher oder Johann Senckeisen haben mit ihren Lehrbüchern im deutschsprachigen Raum Pionierarbeit geleistet und entscheidend zu einer Verbesserung der Qualität kunsthandwerklicher Produkte beigetragen. Mit der Verbreitung dieser Vorlagenwerke und Musterkataloge, die in hohem Maße geschmacksbildend auf die jeweilige Epoche gewirkt haben, begann die systematische und staatlich gelenkte Ausbildung von Architekten und Handwerkern, die nicht zuletzt auch zum heutigen dualen Ausbildungssystem führte.
Die Ausstellung wurde von zwanzig Studierenden der Kunstgeschichte erarbeitet
Die Ausstellung ist zudem das Ergebnis eines ungewöhnlichen studentischen Projekts: Innerhalb eines Jahres erarbeiteten zwanzig Studierende des Instituts für Europäische Kunstgeschichte (IEK) der Universität Heidelberg unter der Leitung von Dr. Elke Seibert und in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Michael Hesse die Konzeption der Ausstellung. Das Ergebnis ist nun in den Räumen der Universitätsbibliothek Heidelberg zu sehen. Ein Großteil der frühen Drucke und Quellenwerke stammt aus der Universitätsbibliothek selbst, die mit ihrem von der DFG geförderten Sondersammelgebiet Kunstgeschichte eine der weltweit größten Sammlungen kunsthistorischer Literatur unter ihrem Dach beherbergt. Im Zuge der Ausstellung wurden die gezeigten Werke in der Digitalisierungswerkstatt der Bibliothek zudem digitalisiert und unter der Adresse http://architectura.uni-hd.de über das Internet zur Verfügung gestellt.
|
Zu sehen ist die Ausstellung noch bis zum 22. April 2006 in der Universitätsbibliothek Heidelberg, Plöck 107-109. Öffnungszeiten: Montag bis Samstag, 10 bis 18 Uhr; an Sonn- und Feiertagen bleibt sie geschlossen. Der Eintritt ist frei. Führungen für Gruppen (30 Euro) und Schulklassen (20 Euro) können per E-Mail an architekturtraktate@gmx.de vereinbart werden. Zur Ausstellung ist auch ein Katalog mit zahlreichen Abbildungen erschienen