Pro Ägyptologie
Dietrich Goetze und die Athenaeum-Stiftung
In Zeiten leerer Kassen und voller Streichlisten leiden gerade die kleineren geisteswissenschaftlichen Fächer unter den allgegenwärtigen Kürzungen. Eine großzügige Spende oder gar eine gestiftete Forschungsstätte – wie sie kürzlich der Heidelberger Ägyptologie zuteil wurde – kann hier wie ein kleines Wunder wirken.
Groß war das öffentliche Interesse, als im Sommer eine Meldung über die neue Ägyptologische Forschungsstätte für Kulturwissenschaft (ÄFKW) die Runde machte. Ermöglicht wurde diese durch die Heidelberger Athenaeum-Stiftung für Kultur und Wissenschaft, die für zunächst einmal fünf Jahre den Unterhalt sichert. Sie steht zwar in enger Verbindung zum Ägyptologischen Seminar, ist in personeller Hinsicht jedoch von diesem getrennt. Gleichwohl erfährt auch das Seminar, seit kurzem von Professor Joachim Quack geleitet, ab Januar finanzielle Unterstützung durch die Stiftung.
Das alte Ägypten im Fokus: Amun verleiht dem König Lebensatem, symbolisiert durch das Anch-Zeichen. Amuntempel Karnak, 18. Dynastie. Foto : privat |
Wichtigstes Ziel der ÄFKW ist es, "die ägyptologische Forschung mit spezifisch kulturwissenschaftlicher Ausrichtung langfristig in der Universität zu verankern und fortzuführen", wie es der Stiftungsvertrag formuliert. Damit spricht sich auch die Ruperto Carola eindeutig für den dauerhaften Fortbestand des Seminars aus – sowie für die Fortsetzung der wissenschaftlichen Arbeit von Professor Jan Assmann, der das Ägyptologische Seminar von 1976 bis 2003 leitete, und maßgeblich für das gute Renommee auf den Forschungsgebieten der Literatur, der Geschichte und nicht zuletzt der Religion verantwortlich war.
Nicht möglich gewesen wäre all das ohne die Bemühungen von Professor Dietrich Goetze. Er hat sich als Begründer der Athenaeum-Stiftung drei zentralen Förderzielen verschrieben: Neben der Unterstützung der Naturwissenschaften – Goetze habilitierte sich 1975 in München auf dem Fachgebiet Immunologie und Genetik und war bis 1981 stellvertretender Direktor des Tübinger Max-Planck-Instituts für Immunogenetik – liegen dem ehemaligen Geschäftsführer des wissenschaftlichen Springer-Verlags und stellvertretenden Kuratoriumsvorsitzenden der Stiftung Universität Heidelberg gerade auch die Geisteswissenschaften am Herzen. Wegen seiner Verdienste um die Altertumswissenschaften wurde ihm jüngst die Ehrenbürgerwürde der Ruperto Carola verliehen.
Vor allem die Ägyptologie hat es ihm angetan: "Die ägyptische Kultur ist in meinen Augen etwas wirklich Einmaliges. Alleine die Tatsache, dass ein Kulturreich über die unglaubliche Zeitspanne von fast 3000 Jahren bestehen konnte, macht einen sprachlos. Dies noch umso mehr, wenn man sich vergegenwärtigt, wie viele Reiche und Kulturen zeitlich parallel entstanden und vergingen. Das Ägyptische Reich hat zwar durch seine geographische Lage – im Osten und Westen lagen Wüsten, im Süden unwegbares Gebiet und im Norden das Mittelmeer – einen Sonderstatus, das allein kann aber noch keine ausreichende Erklärung sein. Was macht also den Unterschied? Das hat mich schon immer fasziniert", betont der gebürtige Berliner, der bereits durch sein Elternhaus in Kontakt mit der ägyptischen Kultur kam. "Mein Vater war Kunsthistoriker und Archäologe, bevor er 1949 in das Verlagswesen wechselte. Doch galt sein privates Interesse weiterhin den Kulturwissenschaften. Eine frühe Prägung kann ich folglich nicht bestreiten", erklärt der pensionierte Verleger schmunzelnd.
Dass diese Prägung heute der Heidelberger Ägyptologie zu Gute kommt, freut wiederum Dr. Hubert Roeder, den Leiter der ÄFKW. "Die langfristige Förderung durch die Athenaeum-Stiftung ist natürlich ein absoluter Glücksfall. Und das nicht nur, weil wir eine so großzügige finanzielle Unterstützung erfahren, sondern vor allem, weil uns eine private Stiftung Projekte ermöglicht, die wir sonst nie hätten realisieren können", betont Roeder, der die Forschungsstätte seit Sommer diesen Jahres gemeinsam mit zwei Stipendiaten und mehreren Hilfswissenschaftlern mit Leben füllt. "Natürlich ist die Ägyptologie unser Beschäftigungsfeld. Allerdings geht es uns hierbei nicht nur um die reine Quellenarbeit an überlieferten Texten, sondern um die Gesamtheit der ägyptischen Kultur", erklärt er. Vor allem kulturwissenschaftliche Themen stehen auf dem Programm, fährt Roeder fort. 2007 sollen gezielt die anderen Mittelmeerkulturen ins Visier genommen werden – was eine weitreichende Vernetzung innerhalb der Altertumswissenschaften der Ruperto Carola nach sich ziehen wird. "Solche und ähnliche Projekte – ich denke hier vor allem auch an unser Vorhaben, ein mehrteiliges Handbuch zu altägyptischen Ritualen herauszugeben – wären natürlich ohne die Athenaeum-Stiftung undenkbar. Nun jedoch können wir auf Jahre hinaus langfristig planen und forschen – eine solch faszinierende, einzigartige Chance kann man sich als Wissenschaftler nur wünschen".