„An diesem Institut hätte ich früher auch gerne studiert“
Die Heidelberger Wirtschaftswissenschaften im Umbruch: Das Konzept der Evaluierungskommission wird gerade umgesetzt Wie steht es eigentlich um die Wirtschaftswissenschaften in Heidelberg? Im vergangenen Winter haben wir im "Unispiegel" (5/2005, S. 4) über das Ergebnis einer international besetzten Expertenkommission berichtet, die sich für eine Neuausrichtung ausgesprochen hatte. Inzwischen ist man am Alfred-Weber-Institut (AWI) mit der Umsetzung dieses Konzepts beschäftigt.Zur Erinnerung: Das Gutachten der Kommission hatte vorgeschlagen, dass der interdisziplinären Vernetzung und der theoriegeleiteten Empirie der Heidelberger Wirtschaftswissenschaften noch stärkeres Gewicht zukommen solle. Unter der Überschrift "Politische Ökonomik" werden Aktivitäten in den vier Themenschwerpunkten Umwelt und Ressourcen, Arbeit und Humankapital, Entwicklung und Transformation sowie Economics of Governance zusammengefasst. Bei der wissenschaftlichen Bearbeitung dieser Schwerpunkte sollten die theoretisch-methodischen Perspektiven der Institutionenökonomik und der Behavioral Economics im Vordergrund stehen.
Die Neupositionierung der Heidelberger Wirtschaftswissenschaften ist ein Kernanliegen der strategischen Neuausrichtung der Universität zur Schärfung ihres wissenschaftlichen Wettbewerbsprofils. Am AWI ist man von dem neuen Konzept angetan. Foto: Universität |
Prof. Dr. Jörg Oechssler, Geschäftsführender Direktor am AWI, erläutert, dass das der "Startpunkt" für den aktuellen Prozess war. Er selbst sei von dem Gutachten "positiv überrascht" worden. Die Ausrichtung in Richtung Behavioral Economics und Institutionenökonomik hält er für äußerst sinnvoll: "Das ist eine starke Fixierung auf zwei zukunftsträchtige Teilgebiete der Ökonomik, die es uns – einem eher kleinen Fachbereich – erlaubt, in diesen Gebieten hervorragend besetzt zu sein." Bis 2010 wird es aufgrund von Emeritierungen, Versetzungen und Berufungen zu mehreren Neubesetzungen kommen, die dann natürlich im Einklang mit der Neu-Ausrichtung erfolgen sollen – zehn Stellen sind insgesamt vorgesehen, zwei davon werden im Südasien-Institut verankert sein, wie es auch heute bereits der Fall ist. Oechssler ist außerdem ein Verfechter des Modells Juniorprofessur. In deren Vertretern sieht er die Leistungsträger unter den Nachwuchswissenschaftlern. Insofern setzt er sich für eine Umwandlung möglichst vieler Assistentenstellen in Juniorprofessuren ein und wirbt dafür auch bei seinen Kollegen. Schon bald, so hofft er, können entsprechende Ausschreibungen vorgenommen werden.
Und die Lehre? Bereits fertig ausgearbeitet (wenn auch noch nicht offiziell vom Ministerium abgesegnet) ist ein entsprechender Bachelor-Studiengang mit dem Titel "Politische Ökonomik" – er soll im Wintersemester starten. Um einen starken ökonomischen Kernbereich herum werden vielfältige interdisziplinäre Möglichkeiten der Schwerpunktsetzung geboten – etwa im sozialwissenschaftlichen Bereich, aber auch Module anderer Fakultäten sollen kombinierbar sein. Etwas weniger betont werden dagegen betriebswirtschaftliche Aspekte. Gerade dadurch unterscheidet man sich von anderen Studiengängen in Deutschland, ganz speziell auch von Mannheim, das in dieser Richtung, die eher auf eine Orientierung am Unternehmen zielt, stark vertreten ist. Heidelberger Absolventen sollen dagegen eher für eine Tätigkeit in internationalen Organisationen oder in Feldern wirtschaftspolitischer Beratung vorbereitet werden. Gerade da macht die bessere Vernetzung mit anderen Fächern Sinn. Ein beziehungsweise zwei Masterstudiengänge sind noch in der Planungsphase, insbesondere im Hinblick auf ein Doktorandenprogramm wird es zu einer engen Zusammenarbeit mit der Universität Mannheim kommen. Und für Jörg Oechssler steht schon eines fest: "Hier an diesem Institut mit dieser Ausrichtung hätte ich früher auch gerne studiert".