Profil geschärft
Die Geowissenschaften werden neu ausgerichtet
Beschränkte Ressourcen und Mittelkürzungen zwingen die Universitäten momentan dazu, die Aufstellung und Auslastung ihrer Fachbereiche kritisch zu überprüfen und dementsprechend zu handeln – Vorhaben Nr. 16 des Strategiepapiers zeugt davon. Keine Frage, nicht selten ziehen solche Evaluationen Einschnitte nach sich, gleichzeitig besteht aber auch die Chance einer attraktiven Neu-Positionierung. Jüngstes Beispiel dafür an der Ruperto Carola: die Geowissenschaften.
Deren aktuelles Problem ist kein spezifisches Heidelberger Problem, sondern bundesweit zu beobachten: Im Gegensatz zur Geographie gibt es im Bereich der "harten" Geowissenschaften nämlich mittlerweile zu wenig Studierende – in Relation jedenfalls zur relativ großzügigen Ausstattung der Institute. Das ist auch an der Ruperto Carola so. Dies hat zu einer starken Forschungsorientierung geführt, die Heidelberg in diesem Gebiet gut sichtbar macht, so Prorektor Professor Peter Comba, und damit die Geowissenschaften "quasi wie ein Max-Planck-Institut innerhalb der Universität" positioniert. Das aber, so Comba weiter, könne sich die Universität nicht leisten. Also habe das Rektorat beschlossen, dass die Ausstattung an die Auslastung angepasst werden müsse, verbunden mit dem Auftrag, einen attraktiven reformierten Studiengang auszuarbeiten und diesen Fachbereich mit neuen Perspektiven zu versehen, um die Geowissenschaften am Neckar auch langfristig zu erhalten. Woanders hat das Land immerhin schon erhebliche Reduktionen in diesem Bereich vorgenommen.
Auf Grundlage dieser Idee wurde daher im vergangenen Jahr eine international besetzte Evaluierungskommission eingesetzt. Auf deren Gutachten folgte ein in Abstimmung mit dem Rektorat erarbeitetes Konzept der Heidelberger Geowissenschaftler, das Mitte Februar dieses Jahres vorgelegt wurde und nun verwirklicht werden soll. Es sieht zum einen eine Reduktion auf personeller Ebene vor – die Anzahl von derzeit neun Professuren beispielsweise soll auf sechs verringert werden, Kürzungen wird es auch im Mittelbau geben. Zugleich will man aber durch eine Neuausrichtung der Stellen das Profil der Geowissenschaften in Heidelberg deutlich schärfen.
Dazu gehört der Zusammenschluss der drei bisherigen Institute – Geologie-Paläontologie, Mineralogie und Umweltgeochemie – zu einer gemeinsamen Einheit auf Basis einer Department-Struktur. Dazu gehört aber vor allem auch eine Kooperation mit Karlsruhe, die in einem "Geoverbund Heidelberg – Karlsruhe" ihren Ausdruck findet. Denn durch die Zusammenarbeit mit der dortigen Universität besteht die Möglichkeit, Schwerpunkte in Forschung und Lehre noch besser zu gewichten, und zwar im Sinne des Verteilungsprinzips: Karlsruhe wird sich zukünftig auf anwendungsbezogene Themen konzentrieren, in Heidelberg soll dagegen eine stark naturwissenschaftlich ausgerichtete Geowissenschaft mit starken Vernetzungen in die Umweltphysik, Geographie, Lebens- und Altertumswissenschaften betrieben werden. Dafür notwendig ist unter anderem ein Tausch von Professorenstellen, der zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieser Ausgabe allerdings noch nicht erfolgt war und mit den Beteiligten im Detail noch geklärt werden muss. Auch wenn der Gang durch die Gremien noch bevorsteht, liegt zudem ein fertig ausgestalteter Bachelor-Studiengang vor (sowohl für Karlsruhe wie für Heidelberg), der zum kommenden Wintersemester starten soll und der inhaltlich dem Strukturwandel Rechnung trägt. Zwei Master-Studiengänge befinden sich außerdem noch in der Planungsphase.
"Abgesehen von ganz kleinen Nebengeräuschen", zeigt sich Prorektor Peter Comba zufrieden, sei dieser Umstrukturierungsprozess bislang doch in sehr konstruktiver Zusammenarbeit mit den Beteiligten und in "sehr guter Atmosphäre" erfolgt. Das ist nicht selbstverständlich, denn immerhin geht es hier ja auch um Kürzungen. Comba berichtet, dass die betroffenen Wissenschaftler mit "großem Ernst" und hohem Zeitaufwand sowie Zeitdruck ganz hervorragende Arbeit geleistet haben. Nun hofft er, dass die Heidelberger Geologen die Neuausrichtung ihres Fachs auch als Chance begreifen und hoffentlich mit Freude sich wieder ganz auf ihre Forschung und Lehre konzentrieren können.