Junge Wissenschaftler
Heidelberger Graduiertenakademie
Mit ihrem Aufbau schafft sich die Ruprecht-Karls-Universität ein "übergreifendes Dach" für Promotionsprogramme
Spätestens mit der Promotionsphase, dem ersten Abschnitt eigenständiger Forschung, beginnt die Karriere des jungen Wissenschaftlers, werden für ihn oder sie entscheidende Weichen gestellt. Nach der Zahl erfolgreich abgeschlossener Promotionen zählt die Universität Heidelberg heute bereits zu den größten Doktorschmieden der Republik. Profilieren möchte sich die Ruperto Carola jetzt aber mit einer ganz besonderen Institution – nämlich einer Graduiertenakademie. Sie steht kurz vor ihrer Eröffnung.
Die Vorgeschichte dazu, erzählt Dr. Joachim Gerke, Leiter des Dezernats für Internationale Angelegenheiten, führt zurück in die Zeit erster Planungen des Bundes für eine Exzellenzinitiative. Bei einem Brainstorming wurde damals nicht zuletzt über eine Neustrukturierung des Graduiertenbereichs nachgedacht. Bei Tagungen der Coimbra Group sei Gerke dann klar geworden, dass in Europa der Trend eindeutig in Richtung strukturierter Promotionsprogramme und Graduiertenschulen geht. Also regte er entsprechende Maßnahmen auch in Heidelberg an und schrieb ein erstes Konzept. Es floss direkt ein in die Arbeit einer Senatskommission zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Ein entsprechendes Papier ist mittlerweile beschlossen worden, es stellt gewissermaßen eine Vertiefung jener Überlegungen dar, die bereits im Strategiepapier zur Förderung junger Wissenschaftler festgehalten sind.
Ein zentraler Punkt in diesem Nachwuchspapier ist das Nebeneinander von Habilitation, Juniorprofessur und Nachwuchsgruppenleitung. Darüber hinaus geht es natürlich um die Promotion. Und die Zielsetzungen in diesem Bereich werden klar formuliert: Die Dauer der Promotionszeit soll verkürzt werden; "hervorragende Rahmenbedingungen und effiziente Auswahlverfahren" sollen geschaffen werden, um die besten Nachwuchswissenschaftler zu gewinnen, vor allem auch ausländische; die Betreuung soll intensiviert und auf mehrere Schultern verlagert werden; den Doktoranden soll eine konzentrierte Arbeit ohne Ablenkung ermöglicht werden; Schlüsselqualifikationen sollen vermittelt und Auslandsaufenthalte gefördert werden. Außerdem möchte man die "internationale Wahrnehmbarkeit der Forschungsergebnisse" deutlich verbessern.
Gute Vorsätze, doch wie kann man sie umsetzen? Auch hier formuliert das Papier Vorschläge – einer "Graduiertenakademie Heidelberg" als "übergreifendes Dach" wird dabei eine Schlüsselrolle zugestanden. Und deren Aufgaben sind vielfältig. Eine solche Institution soll beispielsweise die Einführung der universitätsweiten Rahmenbedingungen für Promotionen fördern und gemeinsame, fächerübergreifende Aktivitäten initiieren. Gleichzeitig spielen Zusatzqualifizierungsangebote eine große Rolle. In entsprechenden Kursen geht es vor allem um Schlüssel- und Berufsqualifikationen, dazu gehören unter anderem Themen wie Projektmanagement, Präsentationstechniken, Personalführung oder Sprachkurse. Wie Dr. Katharina Fuchs-Bodde, zuständige Koordinatorin für den Aufbau der Graduiertenakademie, erläutert, geht es aber nicht nur um berufsrelevante Qualifikationen: "Gedacht ist auch an Angebote, die motivationale Fragen klären. Das spielt ja bei einer Dissertation eine große Rolle. Wie ordnet man seine eigene Rolle im Universitätssystem ein und arbeitet zielgerichtet an der Dissertation. Die Doktoranden sollen die Möglichkeit erhalten, sich auch damit auseinanderzusetzen, um Lösungsstrategien zu ermitteln für eventuelle Problemsituationen."
Das klingt nach Service- und Beratungsangebot und ist auch so gedacht. Zugute kommt es insbesondere den Fächern, die dadurch entlastet werden. "Das Know How ist vorhanden, notwendig ist jetzt vor allem die Bündelung vorhandener Kompetenzen", sagt Frau Fuchs-Bodde und Joachim Gerke ergänzt: "Das Rad muss ja nicht immer neu erfunden werden. Ich denke da vor allem an ein zentrales Marketing, an eine professionelle Außendarstellung aller Promotionsprogramme. Zentrale Hilfe kann auch bei ganz alltäglichen Problemen, etwa bei ausländischen Nachwuchswissenschaftlern, erfolgen."
Ein Haus baut auf einem Fundament, erst am Schluss wird ihm ein Dach aufgesetzt. Mit der gerade entstehenden Graduiertenakademie ist es eher umgekehrt. Das Dach besitzt schon deutliche Formen, an der Basis ist dagegen noch etwas zu tun. Der Aufbau von strukturierten Promotionsprogrammen und insbesondere von Graduiertenschulen gewinnt nämlich erst jetzt zunehmend an Dynamik, insbesondere in den Geisteswissenschaften herrscht hier noch Nachholbedarf. Zwar bleibt die Einzelpromotion auch weiterhin ein wichtige Alternative für bestimmte wissenschaftliche Projekte, aber die flächendeckende Einführung von Promotionsprogrammen wird kommen. Die Graduiertenakademie als gemeinsames Dach für diese Programme wird in Heidelberg jetzt aufgebaut, noch im Frühjahr soll Richtfest gefeiert werden. Dann muss nur noch das Fundament ausgebaut werden.
Die zuständige Koordinatorin für die Graduiertenakademie ist Dr. Katharina Fuchs-Bodde – weitere Infos unter: www.graduateacademy.uni-heidelberg.de, dort findet man auch das im Text erwähnte Nachwuchspapier.