Siegel der Universität Heidelberg
Bild / picture

DAS INTERVIEW

Vom Studierendenservice bis zur Forschungsevaluation
Prorektor Peter Comba und Kanzlerin Marina Frost über Erfolge und Probleme bei der Umsetzung von Strategieprojekten

Als „Regierungsprogramm“ für die zweite Hälfte des Rektorats Hommelhoff kann das Strategiepapier der Universität Heidelberg verstanden werden. Der „Unispiegel“ führt zu dessen Umsetzung Hintergrundgespräche mit den verantwortlichen Mitgliedern des Rektorats. In dieser Ausgabe lesen Sie ein Interview mit der Kanzlerin Dr. Marina Frost, zuständig vor allem für die Bereiche Personal sowie Finanzen, und Professor Peter Comba, Prorektor für Entscheidungssysteme.
Professor Peter Comba, Prorektor für Entscheidungssysteme
Foto : Katinka Krug

Das Strategiepapier enthält eine Vielzahl von Vorhaben und Einzelprojekten. Gibt es, Frau Kanzlerin, darunter ein Projekt, das Sie für besonders wichtig halten?

Frost: Natürlich sind alle Punkte, die im Strategiepapier stehen, sehr wichtig. Mir persönlich am Herzen liegen zum einen die Angelegenheiten, die die Studierenden betreffen. Was beispielsweise RES STUD, also die Reorganisation des Studierenden-Services, angeht, so hoffen wir nach dem Telefon- und dem E-Mail-Portal, die beide gut funktionieren, bald auch die entscheidenden Schritte zum persönlichen Portal zu schaffen. Alle Weichen sind gestellt. Und ich würde mich freuen, wenn die Zeit der langen Schlangen bald der Vergangenheit angehören würde. Denn das passt einfach nicht zu uns als Visitenkarte. Zum anderen halte ich alle Projekte für wichtig, die sich mit unserem Personal beschäftigen.

Dazu zählt etwa das Ideenmanagement. Könnte man das eigentlich als eine Art Reform "von unten" charakterisieren, während das Strategiepapier ja doch vor allem eine Reform "von oben" formuliert?

Frost: Man kann es durchaus so nennen. Für mich ist es eine Maßnahme der Personalentwicklung. Ich halte es für ganz wichtig, dass die Mitarbeiter merken, dass das, was sie uns sagen, auch ernst genommen wird. Ich bin schon bass erstaunt, in welcher Weise sie sich im Zuge des Ideenmanagements engagieren. Nur ein kleines Problem habe ich: Wir haben uns das Verfahren als sehr schnell und schlank vorgestellt und merken jetzt, dass angesichts der Fülle an Verbesserungsvorschlägen die Analysen und Diskussionen mehr Zeit erfordert als wir uns es gedacht haben. Aber das kriegen wir auch noch in den Griff.

Kanzlerin Dr. Marina Frost  
Foto: Katinka Krug

Ein Blick auf das wissenschaftliche Personal. Welche Vorteile hat ein fleißiger und ehrgeiziger Wissenschaftler von der neu eingeführten Professorenbesoldung? Manche behaupten ja, das sei unter dem Strich eine Gehaltskürzung.

Frost: Nein, das würde ich so nicht sagen. Ein ehrgeiziger, leidenschaftlicher Wissenschaftler, der zu Recht nach Heidelberg gekommen ist, kann eine ganze Menge von Vorteilen haben. Zum einen bekommt er, wie ich denke, ein sehr faires Einstiegsgehalt. Und dann gibt es Perspektiven, dieses weiter zu verbessern – sowohl durch Leistungen in der Forschung wie auch, darauf haben wir besonderen Wert gelegt, durch Leistungen in der Lehre. Was wir außerdem als kleines Schmankerl, wenn ich das so nennen darf, vorgesehen haben, sind die Prämien. Das sind Einmalzahlungen aufgrund von besonderen Leistungen, etwa aufgrund einer erhaltenen Auszeichnung, beispielsweise eines Forschungspreises. Und eine gesetzliche "Zusatzgabe" ist schließlich noch die Drittmittelzulage. Das ist schon attraktiv. Ich glaube auch, dass die Bedenken gegen die W-Besoldung in absehbarer Zeit schwinden werden.

Attraktiv sollte eine Universität heutzutage eigentlich auch für so genannte Doppelkarriere-Paare sein. In Deutschland verfügt noch kaum eine Universität über eine offizielle Politik für die Stellensuche der Partner von berufenen Professorinnen oder Professoren. Wie sieht die Situation in Heidelberg aus?

Frost: Die Modelle, die man eigentlich fahren muss, um einen echten Dual-Career-Service zu haben, sind vorhanden, aber leider nicht bei uns. Sondern vor allem in den USA oder in Zürich an der ETH. Was wir im Moment bieten können, sind Starthilfen. Das ist nicht viel, aber vielleicht mehr, als andere anbieten können. Im Prinzip müssten wir aber Positionen haben, die es dem Partner ermöglichen, für eine gewisse Zeit auch an der Universität zu arbeiten. So weit sind wir noch nicht, aber hoffentlich klappt das demnächst.

Comba: Auch arbeiten wir in diesem Bereich bereits mit außeruniversitären Instituten vor Ort zusammen, die ja vor demselben Problem stehen. Da können wir uns gegenseitig helfen. Und erste Erfolge gibt es schon zu verzeichnen.

Der im Strategiepapier geforderten Profilierung der Universität dient unter anderem der Fächertausch mit der Universität Mannheim. Vor kurzem wurde bekannt gegeben, dass deren Technische Informatik nun an die Ruperto Carola kommt. In welchem Bereich kann Heidelberg diese Disziplin gut gebrauchen?

Comba: Nun, dieses Fach ist ja nicht ganz neu an unserer Universität. Wir haben bereits zwei Professuren für Technische Informatik in der Physik. Und die Projekte, in die die Technische Informatik bislang eingebunden war, gerade auch die Kollegen aus Mannheim, zeigen, wie wichtig diese Disziplin für uns ist. Beispielsweise beim Aufbau von Bioquant, wo es um die Quantifizierung von biologischen Prozessen geht, ebenso bei dem bewilligten Exzellenzcluster "Cellular Networks" oder bei der Medizininformatik, an der die Medizinische Fakultät Mannheim ein großes Interesse hat. Die Kollegen von der Technischen Informatik sind schließlich auch bei der beantragten "Heidelberg Graduate School of Mathematical and Computational Methods for the Sciences" im Rahmen des Exzellenzwettbewerbs mit von der Partie. Insofern stellt die Übernahme der Technischen Informatik von der Mannheimer Universität im Bereich der Forschung, aber auch im Bereich der Lehre zweifellos eine Bereicherung dar.

Frost: Der Vorgang ist im Übrigen auch ein Beispiel für gelebte Universitätsautonomie. Und im Grunde ist das schon der zweite Akt, nachdem wir bereits vor einem Jahr im Bereich der Geowissenschaften mit der Universität Karlsruhe ein ähnliches Strukturproblem ohne Anstoß durch die Politik lösen konnten. Autonomie wird ja zurzeit großgeschrieben. Gerade mit diesen beiden Projekten haben wir gezeigt, dass wir sie auch praktizieren können.

Ihr wichtigstes Projekt, Herr Prorektor, ist die Budgetierung der Institute. Was hat sich gegenüber früher geändert?

Comba: Zum einen, dass wir jetzt eine klarere, transparente Budgetierung haben: Am 1. Januar wissen die Institute, wie viel Geld ihnen zur Verfügung steht. Zum anderen: Wenn wir Zielvereinbarungen mit den Kollegen ausmachen, dann wird das vorher ausdiskutiert. Wichtig ist, dass die Kollegen spüren, dass sie sich einbringen können.

Hier geht es vor allem um die Qualitätsmessung, die Einfluss auf die Verteilung der Gelder hat?

Comba: Genau. Und das ist natürlich ein sehr heikles Thema. Der Vorwurf, der uns dabei immer gemacht wurde, war, dass Drittmitteleinwerbung der einzige Indikator war. Und tatsächlich kann es ja nicht immer nur darum gehen, wie viele Gelder man für seine Projekte einwirbt. Wichtig ist auch der Forschungsoutput. Vonnöten ist also ein Qualitätsmanagement, das differenzierter arbeitet. Entwickelt haben wir nun eine Stärken-Schwächen-Analyse. Das Problem bei der Budgetierung ist ja, dass Biologen mit Theologen verglichen werden müssen. Wir sind jetzt dazu übergegangen, dass wir die Heidelberger Biologen mit anderen Biologen in Deutschland, in Europa und weltweit vergleichen. Und das haben wir mit allen Instituten gemacht. Heraus kommen dann "Noten", die wir miteinander vergleichen. Und was mich optimistisch stimmt, ist, dass mein subjektiver Eindruck, den ich vorher hatte, sich ziemlich exakt mit unserer Messung deckt. Auch Experten von der Universität Leiden kamen mit ihrer professionellen bibliometrischen Analyse, die wir in Auftrag gegeben haben, zum gleichen Ergebnis wie wir mit unserem handgestrickten Modell. Natürlich ist auch das kein perfektes System – Qualität von Forschung, Kreativität kann man nur schwer quantifizieren. Das heißt aber nicht, dass man es gar nicht machen darf und sollte. Denn ein gewisser Trend, ein Annäherungswert ist damit schon zu ermitteln.

Frost: Ein Fachmann, mit dem ich einmal sprach, der sagte: Qualität findet immer auch einen Niederschlag in Quantität.

Mit dem Rektoratswechsel im Herbst endet die Laufzeit des Strategiepapiers. Alle darin verzeichneten Projekte werden dann aber noch nicht umgesetzt sein. Wie geht es damit dann eigentlich weiter?

Frost: Ich denke mir, dass das neue Rektorat natürlich auch eine Strategie entwickeln wird und vielleicht entsprechend so etwas wie ein Strategiepapier II verabschieden wird. Und dabei wird man die aktuellen Projekte, die bislang nicht oder nicht vollständig umgesetzt wurden, sicherlich in irgendeiner Form mit einbeziehen. Eine richtige Fehlentwicklung kann ich jedenfalls an keiner Stelle sehen, so dass eine Beschäftigung mit diesen Punkten auch weiterhin Sinn macht.

Comba: Das sehe ich genauso. Im Übrigen ist es gut, dass ein neues Rektorat kommt, das die Ruperto Carola vielleicht ein bisschen anders sieht und neue Ideen entwickelt. Kontinuität und Wandel hat die Entwicklung der Universitäten schließlich schon immer ausgezeichnet.

Die Fragen stellte Oliver Fink
Seitenbearbeiter: Email
zum Seitenanfang